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Unruhen im Nilimandscharo-Gebiet.
Ueber das bereits telegraphisch gemeldete
unglückliche Gefecht der Expedition des Freiherrn
v. Bülow liegen noch keine ausführlichen
Nachrichten vor, auch über die Veranlassung
des Vorgehens gegen Meli, den jugendlichen
Sohn des verstorbenen Häuptlings Mandara,
ist Näheres nicht bekannt. Nur so viel
sicht leider sest, daß die erste Kompagnie
der Schutztruppe unter Führung des Frei-
herrn v. Bülow am 10. Juni bei Moschi
zurückgeschlagen worden ist, und daß dabei
v. Bülow, Lientenant Wolfrum und
20 Sundanesen gefallen sind. Zwei Unter-
offiziere und 64 Mann haben die Kiliman-
dscharo-Station zunächst besetzt gehalten. Der
Kompagnieführer Johannes ist mit Ersatz-
mannschaften nach dem Innern aufgebrochen,
wo er sich mit der Besatzung der Kiliman-
dscharo- Station in Ihungu vereinigen soll.
Der Oberführer der Kaiserlichen Schutztruppe,
Freiherr v. Manteuffel, mit dem Rest der
Verstärkung folgt nach.
Der Verlust, den die Koiserliche Schutz-
truppe und der Kolonialdicust durch den
Tod der beiden heldenmüthigen Offiziere
erlitten hat, ist schmerzlich. Albrecht
Freiherr v. Bülow, im Jahre 1864 ge-
boren, war seit nahezu sieben Jahren fast
ununterbrochen in Ostafrika thätig. Früher
dem Königin Augusta Garde-Grenadier Negi-
ment angehörend, schied er im Jahre 1885
aus, um zunächst bei der Deutsch-Ostafrikani-
schen Gesellschaft einzutreten. Während des
Aufstandes in Ostafrila im Jahre 1888 war
er Stationschef in Mikindani und wurde ein
Jahr später als Chef in die Wissmann-
Truppe eingestellt. In mehreren Gesechten
hatte er Gelegenheit, seine eiserne Energie und
seine außergewöhnliche Tapferkeit zu bethätigen.
In dem Gefecht bei Mlembule am 28. De-
zember 1889 gegen Bana Heri trug er den
gefallenen Sergeankten Ludwig auf seinen
Schultern aus dem Handgemenge und rettete
so die Leiche vor Schändung. Für die hierbei
bewiesene Unerschrockenheit wurde er durch die
Verleihung des Kronen Ordens 4. Klasse mit
Schwertern ausgezeichnet. Als Stationschef
von Mpnapua begleitete er Emin Pascha
auf dessen Expedition bis zur Grenze seines
Stationsbezirks. Unterwegs erkrankte er schwer
und wurde von Emin bis Tabora mitgenommen.
Nach langwieriger Krankheit kehrle er im
März 1891 zur Küste zurück und wurde als
Kompagnieführer in die Kaiserliche Schutztruppe
übernommen. Zuletzt sungirte er gleichzeitig als
Siellvertreter des Reichskommissars Dr. Peters
im Kilimandscharo-Gebiet.
Lieutenant Wilhelm Wolfrum, aus dem
1. Bayerischen Fuß-Artilleric-Regiment hervor-
gegangen, hat in dem blühenden Alter von
26 Jahren den Heldentod gefunden. Unter
Major v. Wissmann machte er im Jahre 1890
die Unterwerfung des Südens mit und zeich-
nete sich bei der Einnahme von Kilwa und
Lindi aus. Nach Ucbertritt in die Kaiserliche
Schutztruppe war er zunächst eine Zeit lang
stellvertretender Bezirkshauptmann in Lindi und
wurde dann als Lientenant der ersten Kom-
pagnie auf dem Kilimandscharo zugetheilt.
Den beiden tapseren, der Kolonialsache mit
ganzer Seele ergebenen Männern ist ein dauern-
des ehrenvolles Andenken gesichert. .
Einem Berichte Dr. Stuhlmanns an Srei-
berrn v. Soden aus Rarümo, Asindia, vom
j0. März 1892
entnehmen wir Folgendes:
Der Marsch von Bukoba nach Karümo
verlief ohne jede weitere Störung, abgesehen
von dem widrigen Regenwetter der jetzt cin-
getretenen nassen Jahreszeit und der starken
Versumpfung der Wege.
Die Station Bukoba hat sich in einer
erstaunlichen Weise entwickelt, und zeugen ganz
besonders die Banulichkeiten von dem Fleiße
und der Sachkenntniß, die darauf verwendet
wurden. Genügend vertheidigt. dürfte das
starke Bollwerk uneinnehmbar sein. Aus dem
freundlichen Empfang, der mir überall in den
reich bevölkerten und kultivirten Basiva-Staaten
zu Theil wurde, konnte man das gute Ver-
häliniß zur Station ersehen; nur Mokotani
selbst verhielt sich mir gegenüber merkwürdig
ablehnend. Karagwe dürfte aber vielleicht noch
einmal ein unruhiges Gebiet werden, beson-
ders der westliche fast unabhängige Theil, der
dem Chef Kakikondjo gehört. Derselbe hat
im letzten Jahr sehr viele Gewehre aufgekauft.
Kadjuma, der Chef von Kimoani, war
nicht zum Kommen zu bewegen, doch waren
seine Leute freundlich. Sein Land gehört schon
zu Usindja, Ruomas eigentlichem Reich, doch
scheint er sich an Ussüm anzulehnen. Kimoani,
besonders der südliche, niedere Theil, ist schon
weniger fruchtbar und theils mit Buschwald
beslanden. Noch mehr ist dies der Fall in dem
am Südwest-Golf des Nyanza gelegenen
Buköome (Chef Nkäámi). Lehterer ist ein freund-
licher, noch sehr junger Mensch, der cinen von
mir im Oltober 1890 ausgestellten Schupbrief
vorzeigte. Der nächste Chef, Manüngua von
Utündue, war mit seinem östlichen Nachbar