Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

herumgehen, wie sie geschaffen sind. Die 
Balingamänner machen eine Ausnahme. Sie 
tragen Lendentücher aus Baumrinde. Balinga 
selbst ist immer verhältuißmäßig nobel, nach 
Ngilaart bekleidet. Er ist ein großer, schlanker, 
etwa 40 Jahre alter Mann mit sehr ener- 
gischen Bewegungen. Gewöhrlich sitzt er vom 
Morgen bis zum Abend auf einer Bank in 
der in der Mitte des Dorfes stehenden Ver- 
sammlungshalle und ist stets, auch auf dem 
Marsche, von einigen seiner Frauen umgeben. 
In dem großen, aus 35 Hütten bestehenden 
Dorse wohnen nur seine Frauen, von denen 
immer eine, sozusagen, den Tagesdienst hat. 
Derselbe besteht darin, daß sie ihm Morgens 
das Frühstück bringt und ihn daun roth an- 
malt. Die Farbe wird aus Rothholz gemacht, 
das, da es in Balinga nicht wächst, auch ein 
beliebter Handelsartikel ist. Es wird gestampft, 
gerieben und, wenn es ganz fein ist, mit Wasser 
angerührt. Der Anstrich muß, wenn er 
gleichmäßig sein soll, mehrere Male wiederholt 
werden, und dieser Prozedur unterzieht er sich 
jeden Morgen ohne seine Stellung zu ver- 
ändern oder seine augenblickliche Beschäftigung 
zu unterbrechen. Die zweite Aufgabe der „Frau 
vom Dienst“, die immer neben ihm auf der 
Bank sitzt, ist die Besorgung der Pfeife. Sie 
muß dieselbe stopfen und anbrennen. 
Balinga hat seine Leute gut im Zuge, und 
sie thun Alles, was er befiehlt, ohne Weiteres. 
Jedenfalls ist der Verkehr und Umgang mit 
ihm leicht, und man kann, so lange man 
gut mit ihm steht, Alles von ihm erreichen. 
Daß Balinga unter allen den Häuptlingen, 
die uns alle lieber gehen als kommen sehen, 
der einzige ist, der die Weißen zu Freunden 
haben will, ist nur Berechnung. Die Vortheile, 
dic er durch die Anlage einer Station gewinnt, 
kennt er ganz genau und richtet danach sein 
Benehmen der Station gegenüber ein. Es zeugt 
sicher von seinem Einfluß, daß es ihm gelungen 
ist, alle seine Leute und seinen Freund Wettina 
von seinen Anschauungen zu überzeugen, und 
daß auch nicht die geringste Opposition von 
Seiten der Balinga gegen die Anlage der 
Station vorhanden war. Die Leute benehmen 
sich im Allgemeinen vorzüglich. Sie halfen 
beim Bau, besorgten andere Dienste und, was 
mir besonders gefiel, sie bektelten nicht so wie 
andere Neger hier. Nach meiner Ansicht ist 
die Station Balinga, so lange das freund- 
schaftliche Verhältniß aufrecht erhalten wird, 
absolut sicher, und die Weißen leben dort unter 
den Balingas ebenso sicher, wie in Kamernn. 
Nach meiner Ueberzeugung ist es bei dem Cha- 
rakter Balinga's für den Stationschef ein Leich- 
tes, allmählich einen großen Einfluß auf ihn 
  
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zu gewinnen und ihn nach den Wünschen der 
Station zu lenken. Vor Allem kann der 
Stationschef durch ihn Verbindungen anknüpfen 
mit den entfernter wohnenden, großen Häupt- 
lingen, mit denen Balinga als kluger Geschäfts- 
mann freundschaftliche Beziehungen unterhält. 
Am 9. Mai marschirte ich mit D#r. Richter, 
38 alten Expeditionsleuten, 38 Akkraleuten 
(rößtentheils abgelöste Jaundeleute), einigen 
Weibern, Jaundeleuten, 59 Balingaleuten, 
12 Sribssinene zusammen mit 212 Personen, 
einigen Jungen und der Familie des schwarzen 
Expeditionsmeisters Cornelius, die ich von 
Jaunde mitgebracht hatte, von Balinga ab und 
bin nach elf Gewaltmärschen in Edea ange- 
kommen. 
Die Wintschobaleute hatten während meiner 
Abwesenheit in Jaunde drei Gewehre, den 
Koffer des Dr. Richter, einen Kasten mit 
Verbandstossen und einige Ausrüstungsgegen- 
stände der ermordeten Leute an Lieutenant 
v. Volckamer ausgeliefert und einen großen 
Elsenbeinzahn überbracht. Da sie nun aber 
glaubten, daß ich mit der Hauptmacht in 
Jaunde bleiben würde, lieferten sie die anderen 
Sachen, die sie noch hatten — ein Gewehr, 
Patronentaschen mit Patronen u. s. w. — nicht 
aus, bedrohten die Jambassaleute, sperrten 
die Straße wieder und ließen die Lente, 
die vom Südufer des Sannaga mit Salz nach 
Balinga gehen wollten, nicht passiren. 
Bei meinem Abmarsch begleitete mich da- 
her wieder Lieutenant v. Volckamer mit einem 
Theil seiner Stationsbesatzung und etwa 
600 Balinga= und Jambassaleuten, geführt von 
ihren Häuptlingen Balinga und Weltina. An 
der Grenze des Wintschobagebietes erwarteten 
uns die bewaffneten Wintschobalente und ver- 
suchten, uus den Weg zu verlegen. Sie ver- 
suchten, die an der Quene, die Dr. Richter 
mit den Jaunde-Akkras deckte, befindlichen 300 
bis 400 Balingas zurückzudrängen, und wichen 
erst wieder zurück, als Dr. Richter mit den 
Akkras Feuer gab und mit „Marsch, marsch, 
Hurrah“ auf sie losging. Dann fielen die 
Balingas über sie her. Es war ein bewegtes 
Bild, wie diese Eingeborenen mit Speeren und 
Pfeilen und Bogen sich gegenseitig bekämpften 
und mit furchtbarem Geschrei und Gebrüll 
gegeneinander fochten. Sie sind in ihren 
Bewegungen außerordentlich gewandt und ge- 
schickt und verstehen es ausgezeichnet, sich mit 
ihren mannshohen Schilden (aus Antilopenfell) 
gegen Speere und Pfeile zu decken. Einen 
geradezu komischen Anblick boten sic, wenn sie 
die vorüberpfeisenden Kugeln hörten und dann 
blitzschnell hinter dem Schild verschwanden. 
Wo die Kugeln aber zu ihrem größten Er-
	        
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