Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

suchen sollte, und es war wirklich erstaunlich, 
was für Lügen und Ausflüchte sie vorbrachten. 
Alle Mühe, sie zu überreden, war umsonst. 
Sie zogen mit dem einzigen Kanoe ab und 
versteckten es. Auch am folgenden Morgen 
(17. Mai) wollten sic sich auf nichts einlassen, 
und ich hatte bereits den Bau eines Flosses 
anfangen lassen, als endlich der schwarze Fak- 
torist der Woermann'schen Faktorei aus Man- 
gambe ankam und mit einem seiner Leute das 
Kanoc herüberbrachte. Allmählich legte sich 
auch die Angst der Leute, und einige halfen 
beim Uebersetzen, das am Abend ohne beson- 
deren Unfall beendet war. In Mangambe 
fand ich glücklicherweise 1.1 zurückgelassene Reis- 
lasten unversehrt vor und konnte damit meine 
Leute für die letten drei Tage verproviantiren; 
andere Lebensmittel waren nicht aufzutreiben. 
Die Märsche bis Edea waren außerordentlich 
anstreugend. Von Mangane, wo wir den ersten 
Weisen, Herrn Grable von der Woermann- 
Faktorei, krafen, der uns sehr freundlich auf- 
nahm, bis Eden marschirten wir bei strömen- 
dem Negen fast unnnterbrochen im Wasser. 
In cinigen Bächen, die sonsft vielleicht ein Paar 
Zoll Wasser hatten, watete ich bis an die 
Schultern im Wasser, dabei fortwährend in 
Gefahr, von dem starken Strome umgerissen 
zu werden. 
In Edea fand ich Lieutenant v. Brauchitsch 
vor, der mir die sehr unerfreuliche Mittheilung 
machte, daß die Bemühungen, besseres Träger- 
material anzuwerben, bis jetzt erfolglos gewesen 
wären. Das war für mich einc betrübende 
Nachricht, da ich am liebsten nach ein paar 
Tagen wieder aufgebrochen wäre und das 
auch den Leuten, die ich aus dem Innern 
milgebracht habe, gesagt hatte. 
Ich habe so viele Leute aus Balinga mit- 
genommen, weil in Edea noch über 300 Expe- 
ditionslasten der Beförderung warten. Der 
Hauptgrund war aber der, möglichst vielen 
Leuten aus dem Innern die Küste, das Leben 
und Treiben an derselben, und die Waaren, 
die sie hier für ihre Produkte einhandeln können, 
zu zeigen und in ihnen den Wunsch zu erregen, 
öfter an die Küste zu kommen, um einzutauschen 
oder Arbeit zu nehmen. Wenn diese 120 Ein- 
geborenen mit ihrem Verdienste nach Hause 
kommen, so läßt sich hoffen, daß bei nächster 
Gelegenheit andere Leute und mehr an die 
Küste gehen wollen, und daß allmählich, wenn 
die Strasze sicher bleibt, selbstständige Karawanen 
ausgerüstet werden. Diese müssen unter allen 
Umständen von den Regierungsorganen unter- 
stützt werden. Es werden sich dann auch Leute 
aus anderen volkreichen Landschaften anschließen 
und es wird damit dem Handel ein Weg ins 
400 
  
Innerc geössnet sein. Wenn dieser Plau ge- 
lingt und die Leute in größeren Massen an 
die Küste kommen werden, wird außerdem in 
Kamerun und den anderen Küstenplätzen einem 
großen und sehr fühlbaren Vedürfniß, nämlich 
dem nach Arbeitern, theilweise abgeholfen. 
Nachdem ich in Edea am 21. Mai die 
zurückgelassenen Lasten revidirt und die Leule 
untergebracht hatte, fuhr ich mit Ir. Richter 
und dem kranken Unteroffizier Gansow in 
einem mir von Herrn Jürs, dem Woermann- 
schen Agenten in Edea, freundlichst zur Ver- 
sügung gestellten Boote nach Bona Nganga 
(Tokotown), von wo uns Herr Scholz, der 
Leiter des Woermann'schen Sannaga-Geschäfts, 
mit seinem Petroleummotor die Liebenswürdig- 
keit hatte, selbst nach Kamerun zu bringen. 
Wir kamen hier nach einer ziemlich unange- 
nehmen Nachtfahrt am 23. Mai um 8 Uhr an. 
Von der Expedition des Lientenants 
« Berrmann. 
Aus Muanza berichtet Lieutenant Herr- 
mann unter dem 1. Mai d. J. Folgendes: 
Die Expedition ist am 30. April hier an- 
gekommen. Der 24tägige Marsch ging glatt 
und ohne jede Störung von statten. Die Be- 
völkerung war äußerst freundlich, ohne Scheu, 
und brachte siets Essen in Fülle. Ich mar- 
schirte die Nonte über Nindo — Urima, des 
besseren Weges halber, trotzdem auch auf diesem 
infolge der Regenzeit alles unter Wasser stand. 
Herr Rindermann blieb noch in Tabora, 
um Ortsbeslimmungen zu machen; er folgt mit 
Baron Fischer, der behufs Routenaufnahme 
einen anderen Weg, vielleicht ria Msalala, 
geht. Die hiesige Station wurde heute durch 
den Kompagnieführer Langheld an Feldwebel 
Hartmann ibergeben. Die Station Bukoba 
werde ich von Dr. Stuhlmann übernehmen, 
da Langheld nicht mehr dahin zurückkehrt. 
Ich gedenke in drei Tagen dorthin abzufahren. 
Auf der hiesigen, in vorzüglichem Zustande be- 
findlichen Station verblieb Feldwebel Hart- 
mann mit 14 Sudanesen und 13 neu ange- 
worbenen Suaheli. Ich selbst ziehe mit Unter- 
ofsizier Hurz, 21 Sudanesen und 37 neu 
angeworbenen Suahelis nach Bukoba. Hier 
sind eigentliche Dolmetscher nicht nöthig, da 
viele Wassekuma gut Sunaheli reden, für Bukoba 
engagire ich zwei in allen Sprachen bis zum 
Sndau hin bewanderte Lente. 
Der in Katoto am Speke-Golf eingctroffene 
Dr. Baumann ist nach Norden abmarschirt. 
Hier sowohl wie bei Bukoba und in Uganda
	        
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