Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

Nachdem Alle auf der Gallerie erschienen 
sind, gehts ins Dorf zurück, wo dann noch bis 
zur sinkenden Sonne getanzt wird, bei allen 
möglichen Instrumenten, wie Trommeln, Klap- 
pern, Marimbes, Flöten u. s. w. 
Dieses Fest dauert acht Tage, davon ein 
Tag, an dem nur Männer beiwohnen dürfen 
(Medizinpalaver), und wo, wie ich auch zu 
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meinem Schaden erfahren habe, Sachen abge- 
kartet werden, die mit Medizin ganz und gar 
nichts zu thun haben. Man könnte es eher 
eine geheime Sibzung nennen, deren Theil- 
nehmer durch Schwur gebunden sind, nichts zu 
verrathen; wenn sie es thun, wird die Medizin 
sie tödten. Dieses Palaver nennen sie Nso 
essen. 
Bcerdigungszeremonien und Traner-- 
sestlichleiten bei dem Tode eines Häupt 
lings. 
Die Beerdigung des Häuptlings 
Aschungun bei Zumpabedorf. 
Am 14. April 1890 wurde ich 
Mittag von dem Tode des Häuptlings Nschungn 
durch Frauen aus Zonnl Sono)dorf benach- 
richtigt, weil bei den Beerdigungsfcierlichkeiten 
die graufame Sitte herrscht, jedesmal einige 
oder eine Frau zu tödten. Um dieses zu ver- 
hüten, ging ich mit 12 Mann Begleitung in 
das betresfende Dorf. Schieten, Schreien und 
Wehklagen ließen mich den eg mit Leichtig- 
leit finden. Die Feierlichkeit hatte noch nicht 
ihren Anfang genommen. Die Frauen waren 
in der Nähe des großen Hauses, zur Erde 
sibend, und erfüllten die Lust mit Wehklagen, 
einige derselben waren mit weißem Thon be- 
malt, mit wirren Haaren, zum geichen früherer 
Verluste und lieser Trauer. Die vergossenen 
Thränen ließ diese weiße Farbe besonders schön 
erkennen. Es mochten gegen hundert dasitzen 
(Klagefrauen mininga ajun). 
Unter den vorspringenden Dächern der 
Hütten saßen die Männer, und auch am Ende 
des Dorfes, es waren die Bewohner der um- 
liegenden Dorsschaften. Bei meiner Ankunft 
entstand natürlich der Furcht wegen eine Ver- 
wirrung, die sich erst nach und nach legte. 
Nachdem die Chefs mich begrüßt hatten, ver- 
langte ich die Frau zu sehen, welche zum Tode 
bestimmt war. Ich hatte mir vorgenommen, 
dieselbe zur Sicherheil mit nach der Station 
zu nehmen, doch wurde mir gesagt, dieselbe sei 
nicht hier, ich merkte jedoch, daß dieses eine 
esseltive Lüge war, ließ davon nicht ab und 
bat mir einen Mann als Geisel aus, auch ließ 
gegen 
  
ich zum besseren Nachdruck meine Leute laden. 
Nach eindringlichem Reden und besonderer 
Hervorhebung, daß der Tod des Mannes nicht 
durch die Frau herbeigeführt sei, sondern Goit 
(Ingamboyh denselben zu sich gerusen habe, und 
nach einer Besprechung seitens der amvesenden 
Häuptlinge ließen sie mich die Frau sehen 
(selbige hatte erst vor einiger Zeit entbunden 
und außerdem Lungeneutzündung zu überslehen 
gehabt) und versprachen mir, dieselbe nicht zu 
tödten, ich machte den Häuptling Zumpabe dafür 
veranlwortlich. Nach dieser Einigung, welche 
ungefähr eine halbe Stunde in Anspruch genom- 
men hatte, und nachdem sich die Leute wieder 
beruhigt hatten, begannen die Feierlichkeiten, 
welche von den Frauen mit erhöhtem Weh- 
klagen und Schreien eingeleitet wurden. 
Bei dem Klange von vier Trommeln be- 
gannen die jüngeren und älteren Männer ein 
Scheingefecht, indem sie vom Ende des Dorfes 
laufend und springend nach den Frauen zu 
kamen. Die kleine Trommel, welche bei Gelegen- 
heit der Tödtung einer Frau und von Sklaven 
geschlagen wird, blieb diesmal weg. Dieselben 
kehrten darauf nach ihren Plähen zurück, ab- 
gelöst von anderen, welche dasselbe wiederholten. 
Dieses Scheingefecht (Bita a wu) hat die 
Dauer einer Viertelstunde. Während dieser 
Zeremonie hatten die Frauen den Leichnam 
aus dem Hause gebracht, denselben auf einige 
SBananenblätter gelegt und gewaschen, darauf 
brachten sie den Leichnam in ihre Mitte, be- 
malten seinen Körper mit rother Farbe (Mba) 
bis zur Schulter, salbten seine Kopsfrifur und 
schmückten dieselbe mit dickem gelben Palmöl, 
wie bei seinen Lebzeiten. 
Unterdessen wurde ein weiteres Schein- 
gefecht ausgeführt und zwar von den Ver- 
wandten des Verstorbenen und dessen Freunden. 
Auf der einen Seite war der Bruder des 
Verstorbenen nebst drei anderen Chefs, be- 
wassnet mit Stöcken, am unteren Ende mit 
einem Klumpen Erde versehen. Aus der Mitte 
der jungen Leute sprang nun einer hervor, 
welcher die vier Häuptlinge verhöhnte, bedrohte 
und angreisend vorging, worauf einer der 
Häuptlinge seinen Stock als Antwort nach ihm 
warf; traf derselbe nicht, so gab er den Stock 
seinem Gegner zurück mit Händeschütteln, und 
die Frauen beeilten sich, denselben mittelst 
Umarmung zu begrüßen. Traf jedoch der 
Stock, so kehrte er unbewillkommnet nach seinem 
Platze zurück. Diese Zeremonie halt den Namen 
Kekembe, und wurde dieselbe mit rhythmischen 
Bewegungen nach der Trommel ausgeführt, 
doch glich dasselbe in Allem einem wirklichen 
Gefechle.
	        
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