Die Frauen wehklagen mit erhöhter Stimme,
die Männer geben darauf Antworten; diese
Gesänge heißen Atschem belim belim.
Am Ende des Dorfes sammeln sich wieder
einige junge Leute, welche mit Singen und
Taltschlagen im Gänsemarsch sich nach der
Mitte des Dorfes zu begeben; eine alte Frau
beginnt diesen entgegenzutanzen, sie besingt den
Todten, erzählt seine Thaten und frägt dann
die Tanzenden: „Wer schlägt für ihn die
Trommel, wer macht ihm seine Speise u. s. w.“,
worauf die Männer antworten und mit den
Füßen stampfen. Um diesen Trupp tanzt ein
Einzelner, mit einem großen blanken Hanumesser
bewaffnet und mit demselben allerlei Gesten
ausführend, als ob er mit Jemandem kämpfte.
Aus dem Haufen der Frauen tanzen wiederum
eine alte und eine jüngere Frau dem Zuge
entgegen, die ältere singt einen dem hohen C
ähnelnden langgezogenen Ton (Mbia), die
jüngere denselben mit rhythmischen Bewegungen
begleitend, welche von den Männern wiederholt
werden, und so bewegt sich der Zug langsam
bis zum Todten, welcher im Kreise seiner
Frauen und von denselben unterstützt, dasitzt.
Alles geht nach seinen Plätzen. In dieser
Zeit ist die Grube, von runder Form, fertig-
gestellt, wiederum ertönen die Trommeln, nach
verschiedenen Seiten entfernen sich Trupps von
jungen Leuten, welche unter Geschrei das Dorf
von vier Seiten angreifen wollen, jedoch von
dem Bruder des Verstorbenen entdeckt und
mittelst der schon erwähnten Stöcke empfangen
wurden. Es zog sich dieses Scheingefecht bis
in die Mitte des Dorfes, worauf sie sich auf-
lösten. Unter den Tönen der Trommeln treten
die versammelten Chefs, jeder mit einem oder
mehreren Speeren, in die Nähe des Todten.
Jeder derselben spricht einige Worte zu dem-
selben, zerbricht die Spcere und legt sie zu
Füßen des Verstorbenen.
Wiederum ertönen die Trommeln, die
Mutter, eine ungefähr siebzigjährige Frau, sitzt
in der Nähe der Grube und beklagt besonders,
daß ihrem Sohne keine seiner Frauen getödtet
werde; erst nach langem Zureden und mit sanfter
Gewalt ist sie davon zu entsernen.
Die Feierlichleit hat ihr Ende errcicht. Die
Nische zur Aufnahme des Leichnams ist fertig.
Die Leiche wird unter dem Wehgeheul seiner
Frauen nach der Grube gebracht und von zwei
Leuten langsam, mit dem Kopfe zuerst, seit-
wärts liegend (Kopf nach der offenen Seite)
gebettet.
Diese wird darauf mittelst Baumrinde ge-
schlossen. Seine Freunde verabsäumen nicht,
einige Stücke Erde nachzuwerfen und noch
etwas zuzurufen, auch dazu ertönt die Trommel..
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Man giebt dem Leichnam nichts auf den Weg,
weder Kleidung, Waffen noch Schmuckgegen-
stände, sondern bloß die Bemalung und das
Palmöl. Die Nische wird mit Bananenblättern
ausgelegt.
Beim Tode eines Häuptlings ist in der
Regel der Bruder oder älteste Sohn der An-
kläger, welcher dann die angeblichen Thäter
in öffentlicher Versammlung der Zauberei oder
Vergiftung bezichtigt. Die betreffenden Uebel-
thäter oder Thäterinnen werden dann zum Tode
verurtheilt und nach einem Gifttranke aus der
Ninde von lythrophlaenm guineense
(ellong) mittelst Lianenschlinge aufgehängt. Ist
der Tod eingetreten, werden sie vom Medizin-
manne abgeschnitten; dieser öffnet dann im
Beisein der Männer den Bauch und sieht, ob
es wahr ist, daß derselbe den Verstorbenen ins
Jenseits befördert hat. Natürlich wird er sich
hüten, das Gegentheil zu behaupten, weil darauf
große Palaver folgen würden.
Der die Uebelthäter hinrichtet, ist keine
bestimmte Persönlichkeit, wie in bivilisirten
Gegenden, sondern irgend einer aus dem
Stamme. Er sitzt allein in der Mitte des
Dorfes während der Dauer der Festlichkeit, zu
seinen Füßen die Attribute der Gerechtigkeit,
z. B. mehrere Schlingen und mehrere Stücke
der schon erwähnten Rinde, die an einem drei-
gabeligen Aste befestigt sind und die mit
Blättern eines Farnkrautes und einigen Gras-
halmen, dic ebenfalls eine Deutung haben, ge-
schmückt sind. Sein Gesicht ist der Länge
nach weiß und schwarz bemalt und ist er ohne
alle Kleidung. Die Getödteten werden dann
über und unter den Verstorbenen gelegt und
die Grube geschlossen. Nachher wird an dem
Plaße ein Pfahl eingerammt, woran der Hut
oder Anderes gehängt wird, mitunter auch ein
Schädel oder eine Hand.
Sur deutschen NRolonialpolitik
nimmt der Jahresbericht der Handelskammer
zu Kiel für 1891 eine sehr sympathische
Stellung. Die Entwickelung unserer Kolonien,
heitt es in demselben, scheint in ruhiger und
stetiger Form vor sich zu gehen. Allerdings
haben wir dabei auch schmerzliche Verluste zu
verzeichnen. Das darf unseres Erachtens aber
nicht dazu führen, in der Verfolgung der kolo-
nialen Bestrebungen zu erlahmen. Jedes Un-
ternehmen erfordert Opfer. Koloniale Bestre-
bungen können sich nach alter Erfahrung erst
nach längeren Perioden in hervorragendem
Maße nützlich erweisen. Schon die Aufnahme