Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

dann auf einem Wege, welcher etwa die Grenze 
entlang — nicht über Gonja — nach Kisiwani 
geht, dem Jipe zuzumarschiren. 
Daß diese nördliche Grenzstraße, durch die 
von mir gelennzeichneten Gebiete hindurch, 
jemals dem südlicheren Weg über Masinde 
ebenbürtig werden könne, ist schon durch das 
Eisenbahnunternehmen Tanga — Korogwe aus 
geschlossen, obwohl sie unfraglich die kürzere 
Verbindung zwischen Tanga und dem Kili- 
mandjaro darstellt. Immerhin wird sich nach 
dem Gesagten der eine oder der andere Land- 
strich für deutsche Unternehmungen mit der 
Zeit nutzbar machen lassen. 
Die Baumaunsche Karte ist in diesem Theil 
im Wesentlichen genau. 
Ueber die Uferlandschaften westlich des 
victoria-Avansa*) 
macht Dr. Stuhlmann solgende interessante 
Mittheilungen: 
Die Uferlandschaflen im Westen des Victoria= 
Nyansa, südlich von der Kageramündung, wer- 
den von den Waganda nach dem nördlichsten 
dieser Staaten mit dem Sammelnamen Kisiba 
oder Busiba, die Einwohner Basiba genannt, 
während die Leute von Karägwe, sowie auch 
meistens die Tabora= und Küstenleute das Land 
als Uhaia, die Bevöllerung als Wahaia be- 
zeichnen. Es liegen hier fünf unabhängige 
Staaten am See; von Norden anfangend sind 
es folgende: 
1. Kisiba. Chesf Mtatémboa, welcher von 
den Ureinwohnern des Landes abslammt und 
von den übrigen Landeschefs nicht als gleich- 
gestellt anerkannt wird. Das Land liegt theils 
in der niederen, vielfach versumpften Kagera- 
ebene, in der es noch viele Urwaldparzellen 
geben soll, theils auf dem Hochplateau; die 
Leute sind streilbar und haben sich nur 
widerwillig der Kaiserlichen Station unter- 
worsen. Ehemals war der Viehreichthum ein 
bedeutender. Die Leute von Mtatembog zeich- 
nen sich durch Handelsgeist und Wanderlust 
aus. Mit Rindenstosfsen, Kauris u. s. w. gehen 
sie bis an den Albert Edward-See, um dort 
das von Usongora lommende Salz zu kausen, 
nach Unyoro und Uganda bringen sie Stosse 
und Pulver, um es gegen Elfenbein auszu- 
tauschen; ihre Stoffe und andere Tauschartikel 
erhandeln sie von den Taborahändlern (sowohl 
Wangwana und Araber, als besonders auch 
*) Vergl. die Karte Tafel V u r wissenschasl- 
lichen Veiheftes vom 15. Oltobe 
543 
  
Waniamwesi), welche sich bei Kituntu im west- 
lichen Theile des Landes angesiedelt haben, 
nachdem sie in Kitangule durch die Karägwe- 
leute arg bedrängt worden. 
Zur Station steht Mtatemboa in freund- 
lichem, wenn auch ctwas flauem Verhältniß, 
siellt jedoch auch dann und wann Boote. 
2. Kajöosas Land ist sehr klein und mit 
Ausnahme des schmalen Uferstreifens auf dem 
Platcau belegen. Seine Einwohner sind stark 
verfeindet mit ihren südlichen Nachbarn, stehen 
jedoch der Station recht freundlich gegenüber, 
sie stellen Boote und bringen viele Kauris zum 
Geschenk. Der Ches Kajösa ist ein enger Ver- 
wandter von Mokotni, und scheinen die Länder 
früher unter einem Ches gestanden zu haben. 
3. Kyamtuära (# shamiui'ra). Chef Mo- 
lotäni hat nächst Ihangiro das größte Arecal 
und ist stellenweise erstannlich dicht bewohnt. 
Vom ersten Eintressen Dr. Emin Paschas 
an hat Mokotiini sich äußerst freundlich be- 
nommen und sich besonders durch Stellung 
von zahlreichen Arbeitern ausgezeichnet Er 
beordert einen Geschäftsführer (Katikro), der 
sich jeden Morgen nach den Münschen des 
Stationschefs erkundigt und bei dem man die 
gewünschten Arbeiter bestellt, welche stels gratis 
geliesert werden. Auffallend ist, daß Moloteni 
immer sehr bescheiden war, niemals um große 
Sachen bettelte und sich mit kleinen Geschenken 
des Stationschefs zufrieden gab. Er selbst 
siammt aus dem vornehmsten Wahnmageschlecht 
der Wawitn, seine Vorfahren sind jedoch von 
Süden aus erobernd in das Land eingedrungen. 
Später kamen aus Norden die Vorfahren des 
alten Wogi, der jetzt noch als ziemlich unab- 
hängiger Chef über einige Dörfer in Kyam- 
tunira herrscht. Durch Verschwägermg ist ein 
freundliches Verhältniß mit dem Hauplchef 
gesichert. 
Die Verwaltung des Landes ist ganz nach 
dem monarchischen Ugandamuster eingerichtet, 
das Land ist in acht Provinzen getheilt, welche 
von meist aus dem Herrscherhaus stammenden 
Chefs regiert werden, die ihrerseils Unterchess 
haben. Durch diese Eintheilung wird es dem 
„König“ möglich, eine ziemlich regelmäßige 
Stenuer von den erwachsenen Männern zu er- 
heben, die wohl immer in Kauris besteht. Die 
Wahuma sind die Herrschenden im Lande, wäh- 
rend die Wailsi. Ureinwohner als Sklaven (Wörn) 
bezeichnet werden; ihnen liegt vor Allem der 
Ackerbau ob, während die Wahi#ima sich be- 
sonders mit Viehzucht beschäftigen. Handels- 
beziehungen sind nur nach Nkole und wenig 
auch nach Süden vorhanden. 
4. Kyanya. Das Land Kahigis ist nicht 
sehr groß und liegt, an den Sce stoßend, theils
	        
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