auch die Bananenhaine Deckung gegen Sicht
boten, so schützten sie doch nicht gegen die nach-
folgenden Geschosse. Vorgesandte Patrouillen
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meldeten, daß überall eine Masse Todter lägen;
es müssen auch sehr viele gesallen sein, denn
jeder Mann hatte mindestens 25 Patronen
verschossen und war die Wirkung groß, denn
die Schüsse wurden auf nächste Entfernung
abgegeben.
Ich hielt mich noch etwa 2 Stunden im Dorf
auf, um die gesammte Einwohnerschaft zu
sammeln, die mich auf Bitten des Jumbe nach
Kisaki begleiten wollten. Es war aber eine
schwere Masse Arbeit, denn diese 500 bis 600
Menschen in Bewegung zu setzen, war nicht
leicht, denn jeder wollte sich noch irgend etwas
holen und wären wir, wenn es nach den
Leulen gegangen wäre, erst nach einer un-
endlichen Zeit fortgekommen. Schwierigkeiten
machte besonders der Jumbe, der immer wieder
zurückwollte, um sich irgend eine unnütze Sache
zu holen. Von den Mafitis war nichts mehr
zu erfahren, sic waren ebenso plößlich ver-
schwunden, wie sie gekommen waren; die Pa-
trouillen wußten auch nicht anzugeben, wohin
sie geflohen waren. — Als die Eingeborenen
immer noch nicht fortkommen konnten, wurde
die Kolonne mit Gewalt in Bewegung geseßzt.
Zuerst marschirten die mit Gewehren be-
waffneten Leute des Mhunzi, dann folgten
die Eingeborenen und dann folgte ich mit den
Soldaten als Deckung; zur Sicherung diente
eine Vor= und Nachspitze, welche erstere die
zurückbleibenden Mhunzileute vortrieb. Mein
Hauptbestreben war, so schnell wie möglich die
Boma zu verlassen; denn der Marsch durch den
langen schmalen Gang, der rechts und links
mit Bäumen und Dorngestrüpp umgeben war,
wodurch eine Uebersicht und Auiklärung nach
den Seiten unmöglich wurde, war sehr unan-
genehm. An den Thoren, die, wie oben be-
richtet, nur einzeln zu passiren waren, stockte
die Kolonnc, es entwickelte sich eine große Ver-
wirrung, die Soldaten mußten halten und
standen die Glieder mit dem Rücken gegen-
einander mit fertiggemachtem Gewehr da. Die
Eingeborenen hatten fast sämmtlich das leßzte
Thor passirt, die Spibze setzte sich in Bewegung,
als plötzlich ein dritter Angriff der Mafitis
erfolgte, sämmtliche Mhunzilente machten Kehrt
und drängten gegen die Soldaten vor, hinter-
her folgten die Mafitis; ein Schießen war
anfangs unmöglich, man hätte die ganzen Dorf-
bewohner vernichtet. Auf unseren mehrfachen
Zuruf „chini“ (nieder) legten sich die Leute
auch hin und konnte das Feuer gegen die An-
dringenden erössnet werden, die nach kurzer
Zeit verschwanden.
Dieser dritte Angriff war der unange-
nehmste Moment während des ganzen Tages,
und nur durch die Ruhe und Umsicht der
Chargen war es möglich, die Masitis, welche
sonst mit den Eingeborenen zugleich in uns
eingedrungen wären, abzuhalten. Es hatten sich
Scenen entwickelt, die jeder Beschreibung spotten.
Die mit Gewehr bewaffneten Eingeborenen,
welche ihren Landsleuten als Schutz dienen
sollten, hatten vollständig den Kopf verloren,
keiner hatte einen Schuß abgegeben, sondern sie
drängten durch die Frauen und Kinder durch in
unserc Kolonne ein; zwischen den beiden Gliedern
hatten sich eine Menge Schwarze verkrochen,
so daß man nicht auf dem Erdboden, sondern
auf Menschen stand; einer von den nenuen
Sudanesen war vollständig ohne Besinnung,
er hatte sich zwischen die beiden Glieder gestellt
und feuerte fortwährend, worauf ich aufmerk-
sam wurde, als er das Gewehr in ganz be-
denkliche Nähe meines Kopfes brachte, ich
schlug es ihm aus der Hand. — Leider hatten
einige von den Negern unsere Zurufe nicht
beachtet, sondern liefen, dicht verfolgt von den
Mahenges, in die Gewehre hinein, so daß
einige durch ihre eigene Unvorsichligleit an-
geschossen worden sind. Wie mir der Jumbe
Mhnnzi nach zwei Tagen berichtet hat, sind
drei seiner Leute getödtet, einige verwundet
worden: auch haben welche von den Masitis
Speerstiche erhalten. Die Leute sind aber allein
daran Schuld, denn hätten sie auf unseren
Zuruf gehört, so wäre ihnen nichts passirt:
es mußte geschossen werden, sonst wären nicht
nur sämmtliche Soldaten, sondern auch alle
Eingeborenen verloren gewesen. —
Nachdem die Masitis verschwunden waren,
ging ich sofort zur Verfolgung vor, d. h. ich
verließ die Boma; jetzt marschirten zuerst die
Askaris unter Sicherheitsmaßregeln, dann
folgten die Mhunzileute, die aber einen großen
Abstand zwischen sich und den Soldaten halten
mußten, wofür die Nachspitze zu sorgen hatte,
denn ich wollte ein nochmaliges Eindringen in
die Soldaten verhindern. Der Marsch ging
langsam vorwärts, denn zuerst marschirte man
in einem tiefen, jeßt trockenen Graben, dessen
Ränder mit hohem und dichtem Grase be-
standen waren; später folgte dann Grasland-
schaft, die aber mehr Uebersicht gestattete, da
das Gras meistens abgebrannt war. Die
Masitis waren in der Richtung auf Kisaki
zurückgegangen und zwar in regelloser Flucht;
sie hatten Alles fortgeworfen, was ihnen beim
Laufen hinderlich sein konnte: Schilde, Trink-
und Kochgeschirre, ihr aus Pelz oder Federn
hergestellter Kriegskopsschmuck, Alles lag in
grosßen Mengen am Wege. Später hatten sie