Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

Elefanten jedoch noch häufig. Am unteren 
Rowuma und auf dem Mpatila-Plateau trifft 
man schon sechs Tagereisen von der Küste zahl- 
reiche Elefantenfährten. Die Wajao und Wa- 
kua betreiben die Elefantenjagd als Gewerbe, 
trotzdem sie fast nur elende Vorderladegewehre 
besitzen. Die geringe Durchschlagskraft der 
Geschosse suchen sie durch eine möglichst große 
Pulverladung zu erhöhen, und durch Ausdauer 
und Geschick gelingt es ihnen fast immer, die 
aufgespürten Elesanten zu erlegen. Die man- 
gelhafte Konstruktion der Gewehre zwingt die 
Jäger, sich bis auf ganz kurze Distanzen den 
Elefanten zu nähern, wodurch die Jagd sehr 
gefährlich wird, da der verwundete Elefant sich 
häufig gegen seine Augreiser wendet. Gelingt 
es dem Jäger in diesem Falle nicht, ihn mit 
dem nächsten Schusse vollends zu tödten, so ist 
er meist verloren; der Elefant packt ihn mit 
dem Rüssel, schleudert ihn in die Luft und 
zermalmt ihn mit seinen Füßen, oder er durch- 
bohrt ihn mit seinen Zähnen. Die Jagd auf 
Elefanten erfordert daher viel Kaltblütigkeit 
und Gewandtheit. Selten nur gelingt es, den 
Elefanten auf den ersten Schuß zu tödten, und 
die Eingeborenen verfolgen das verwundete 
Thier oft tagelang, bis es durch Blutverlust 
ermattet zusammenbricht. Die ostafrikanischen 
Steppen, welche mit Dornen und Akazien be 
standen sind, bieten für diese Jagden ein günsti 
ges Terrain, da es den Jägern Schuß und 
Deckung gewährt, während es die Elesanten 
an der schnellen Flucht hindert. In den großen 
Urwäldern westlich der Seen, dem eigentlichen 
Heimathlande der Elefanten, werden dieselben 
von den Eingeborenen in Fallgruben gefangen, 
welche auf den Wechseln zu den Wasserplätzen 
angelegt werden und mit Zweigen und Erde 
bedeckt sind. In diesen Gruben werden spitze 
Pfähle eingegraben, die sich durch die Wucht 
und Schwere des Körpers tief in das Fleisch 
einbohren und meist den sofortigen Tod der 
Thiere herbeiführen. Das Fleisch der Elefanten 
wird von den Eingeborenen gegessen, nachdem 
es in Streisen geschnitten und an der Sonne 
getrocknet ist. In den Sulu-Ländern werden 
die Elefantensüße auf eine ganz besondere Art 
zubereitet. Die Eingeborenen graben in die 
Erde ein Loch, in dem ein slarkes Feuer ent- 
zündet wird, ist dasselbe ausgebrannt, so setzt 
man die abgeschnittenen Füße in die glühende 
Asche und deckt dann das Loch mit Steinen 
und Erde zu. Nach 24 Stunden ist das Ge 
richt fertig, und das geröstete Fleisch soll sehr 
schmackhaft sein und auch von Europäern häufig 
gegessen werden. 
Der Karawanenhandel ist fast ausschließlich 
Tauschhandel; baares Geld kursirt im Innern 
  
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gar nicht, doch bildet der Silberdollar mit dem 
Bildniß der Kaiserin Maria Theresia auch 
hier wie im Sudan die Basis für den Werth 
einer Waare, so daß Elfenbein zum Beispicl 
für so und so viel Neal, der Bezeichnung für 
die Silbermünze, verkauft wird, und die Be- 
zahlung erfolgt dann in Waaren. Die Kara- 
wanen sordern fast ausschließlich leichte Baum- 
wollstoffse, Vorderladegewehre und grobkörniges, 
sogenanntes Handelspulver von sehr minder- 
werthiger Qualität. Blauer Kaliko, welcher 
als Kleiderstoff bei den Eingeborenen sehr be- 
liebt ist, wird aus England und Amerika ein- 
geführt, während der weiße Baumwollstoff aus 
indischen Fabriken geliefert wird. Die Einfuhr 
aus Deutschland beschränkt sich vorläufig auf 
buntgedruckte Baumwolltücher, ein Haupt- 
handelsartikel der Hamburger Firmen in San- 
sibar, kleinere Luxusartikel und Konserven und 
Getränte. Troß mehrfacher Bemühungen deut- 
scher Handelshäuser ist es bisher nicht gelungen, 
die englisch-amerikanische Konkurrenz zu be- 
siegen und der deutschen Baumwollindustrie den 
Markt zu öffnen. 
Ganz unabhängig von dem Karawanen- 
handel ist der Handel mit den Küstenbewohnern 
und den Stämmen des nächsten Hinterlandes; 
die Hauptwaaren, welche aus den naheliegenden 
Gebielen nach Lindi gebracht werden, sind 
Kopal, Gummi, Sesam, Getreide, Lorgum 
vulgare,') Fluspferdzähne, Wachs, etwas Schild- 
patt, Salz und Tabak. Für Kopal und Gummi 
war in früheren Jahren Kilwa der Haupt- 
markt an der ganzen Küste Ostafrikas. Nach 
dem Ausstande hat aber auch in diesen Handels- 
zweigen Lindi bedeutend auf Kosten von Kilwa 
zugenommen, und es ist vorauszusehen, daß nach 
Verlauf einiger Jahre Lindi der Hauptaus- 
fuhrhafen an der Südküste sein wird. Der 
Anbau von Sesam scheint in Zunahme be- 
hriffen zu sein, obgleich die Oelfabrikation aus 
Sesamkörnern sehr zeitraubend ist und nur ge- 
ringen Gewinn bringt. Es sei hier noch cr- 
wähnt, daß der weiße Sesam in lleineren 
Quantitälen nach der Türkei verschisst wird, 
um dort zu einem sehr beliebten Konfekt ver- 
wendet zu werden. 
Die Kultur der Erdunß, welche in der 
Nachbarkolonie Mozambique schon seit Jahr= 
zehnten in ausgedehntestem Maße betrieben 
wird und großen Gewinn bringl, wird ebenso 
wie der Anbau ausländischer Gewürze und 
Nutzpflanzen von den arabischen Grundbesitzern 
und Suaheli vorläufig noch ganz vernachlässigt. 
*) Neis und Mais werden im Süden fast gar 
nicht gebaut.
	        
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