Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

Dies liegt zum größten Theil an dem geringen 
Unternehmungsgeist der Eingeborenen und dem 
Mangel einer geeigneten Auleitung, weniger 
an ihrem Unvermögen. Die besitzende Klasse 
der Suaheli und besonders die ansässigen 
Araber haben den Wunsch und das Bestreben, 
sich größere Einnahmequellen zu verschaffen 
und das bedeutende Arbeiterpersonal, welches 
ihnen in ihren Haussklaven zur Verfügung steht 
und welches bei dem mangelhaften Betrieb 
auf ihren Landgütern für sie jetzt geradezu 
eine Last ist, für den Plantagenbau nutzbar 
zu machen; es fehlen ihnen nur die geeigneten 
Hülfsmittel und die erste Anleitung. Makon= 
ganja, einer der größten Häuptlinge im Kilwa- 
distrikt, sprach Herrn v. Zelewski, dem 
früheren Stationschef, wiederholt den Wunsch 
aus, in dem Anbau nnßbringender Produtte 
unterwiesen zu werden, um seine Stlaven zu 
beschäftigen. Denselben Wunsch äußerten 
auch die Araber von Milindani, welche sich 
speziell zum Anbau von Baumwolle bereit 
erklärten, wenn ihnen Samen geliefert würde. 
Es giebt gerade hier im südlichen Küstengebiet 
eine großße Zahl von Arabern und Suaheli- 
häuptlingen, welche vor dem Aufstande allein 
vom Sklavenhandel gelebt haben und jetzt, da 
diese Erwerbsquelle versiegt ist, dem Mangel 
anheimfallen. Wenn man sich in die An- 
schauungsweise der Leute hineinversetzt, welche 
in dem Sklavenhandel nichts Unrechtes sehen 
und in dem Verbot der Sklavenausfuhr eine 
ihnen unverständliche Maßregel erblicken, die 
sie ihrer Existenzmittel beraubt, so wird man 
auch eine Verpflichtung empfinden, ihnen bei 
der Gründung neuer Erwerbszweige behülflich 
zu sein. Der Anbau nutzbringender und export- 
fähiger Produkte durch die einheimische Be- 
völkerung würde der ganzen Kolonie so erheb- 
liche Vortheile bringen, daß dies wohl eines 
Versuches werth ist. Daß die Araber speziell 
Neigung und Befähigung zum Plautagenbau 
besitzen, habe ich schon in meinem Buch „über 
den Araberausstand“ nachzuweisen gesucht. Die 
großen Nelkenplantagen in Sansibar und 
Pemba, welche die besten Gewürznelken der 
Welt liefern und allein von Arabern und 
Suaheli betrieben werden, ebenso wie die 
Zuckerindustrie am Pangani Fluß sind hierfür 
die besten Beweise. Die Negerstämme des 
Innern werden hierzu kaum zu bewegen sein, 
und es ist mit Recht von allen Reisenden und 
Afrikakennern auf die fast unüberwindliche Ab- 
neigung der Neger') gegen alles Neue hin- 
*) Die eingeborenen Negervölker sind ethno- 
graphisch von den Suaheli, einem Mischvolke zwischen 
Arabern und Mombassa-Negern, zu unterscheiden; 
dieselben sind mit den Arabern vom Norden ein- 
582 
  
gewiesen. Der Eingeborene ist der ultrakon- 
servativste Charakter, den man sich denken kann. 
Er leidet keinen Mangel, fühlt nicht das Be- 
dürfniß, sich größere Einnahmequellen zu ver- 
schaffen, und setzt daher allen Bestrebungen, 
ihn zur Arbeit und selbstständigen Produktion 
anzuleiten, einen fast unüberwindlichen Wider- 
stand entgegen. Der Enuropäer mit dem er- 
drückenden Gewicht seiner Kultur flößt ihm 
Bewunderung, Furcht, aber kein Vertrauen 
ein, und der wirkliche Buschneger wird solchen 
Bestrebungen nur schwer zugänglich sein. 
Ganz anders ist sein Verhältuiß zu dem ihm 
viel näher stehenden Araber, dessen Ueberlegen- 
heit und größere geistige Begabung er aner 
kennt, ohne daß sie für ihn etwas unheimlich 
Uebernatürliches hättc. Der Araber ist für ihn 
eine Autorität, der er sich willig unterordnet, 
und welcher einen viel größeren moralischen 
Einfluß auf ihn ausübt, als wir je er- 
langen werden. Wir werden daher gut thun, 
uns der seßhaften deutschfreundlichen Araber-= 
elemente für die Kolonisation als Mittelsper- 
sonen zu bedienen. 
Zum Anbau würden zunächst diejenigen 
Kolonialprodukte zu empfehlen sein, welche 
wenig Sorgfalt in der Behandlung bean- 
spruchen, da auch nur ein geringer Auf- 
wand von Mühe und Arbeit Araber und 
Suaheli von vornherein abschrecken würde. 
Wie schon oben erwähnt ist, hat der Anbau 
von Erdnüssen an der portugiesischen Küste, 
welche nach Klima und Bodenbeschaffenheit 
unserer ostafrikanischen Kolonie am ähnlichsten 
ist, eine bedentende Ausdehnung angenommen; 
es würden also diese Produkte zunächst ins 
Auge zu fassen sein. Zur Kultur für die Ein- 
geborenen würden sich dann die in Westafrika 
sehr verbreitete Oelpalme und der brasilianische 
Kautschukbaum (manihot- glaciovi) eignen. 
Diese Bäume bedürfen keinerlei Pflege und sind 
schon nach 5 Jahren ertragsfähig, und da sie 
in ihrem Heimathlande auf sehr geringwertlhi- 
gem Boden zu gedeihen pflegen, so kann man 
wohl mit Bestimmtheit annehmen, daß sie auch 
an der ostafrikanischen Küste fortkommen. 
Wersen wir nun noch einen Blick auf die 
Karawanenstraßen, welche die Mwera-Küste 
mit den Nyassa-Ländern verbinden und als 
Haupterkehrsadern für uns die allergrößte 
Bedentung haben, so sehen wir, daß sich hier 
die Verhältuisse in den letzten 20 Jahren sehr 
geändert haben. Die alte Karawanenstrasee, 
welche von Kilwa über Mesule, Ndaje, Sangesi 
gewandert und bilden jetzt mit den eingeborenen 
Mrimaleuten die Bevölkerung der deutsch ostafrika- 
nischen Küste. Man vergl. Natzel, Ablkerkunde, 
I. Bd. S. 103.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.