Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

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2. Erhebliche Schwierigkeiten bereitete der botanischen Centralstelle die Beschaffung 
der tropischen Nutzpflanzen. Da die Samen vieler derselben nur eine sehr kurze Zeit ihre 
Keimkraft behalten, und ein direkter Schisssverkehr zwischen unseren und den hier besonders in 
Betracht kommenden englischen und holländischen Kolonien nur ausnahmsweise stattfindet, so 
war für die Einführung solcher Nutzpflanzen der einzige Weg der, daß von der botanischen 
Centralstelle die Samen beschafft, aus denselben Sämlinge erzogen, und diese, sowie auch 
Ableger der schon kräftiger entwickelten Pflanzen nach den Kolonien gesendet werden. Ein 
direkter Verkehr der Kolonien mit tropischen Gegenden, etwa durch Vermitte- 
lung der Kaiserlichen Gesandtschaften oder Konfulate, ist, außer aus dem oben 
erwähnten Grunde, auch deswegen ausgeschlossen, weil Sämlinge und Ableger 
nur bei durchaus sach verständiger Verpackung und unter Berücksichtigung der Jahres- 
zeit, während welcher die Versendung stattsindet, Aussicht haben, in lebendem Zustande und 
unbeschädigt den Ort ihrer Bestimmung zu erreichen. Diese Schwierigkeit hat sich bei einer 
von Rio de Janeiro nach Viktoria bestimmten Sendung von Kautschukpflanzen recht 
augenfällig gezeigt. Samen von tro pischen Kulturgewächsen sind durch Samen- 
handlungen bisher nur ausnahmsweise zu beziehen gewesen, jedoch konnte in ein- 
zelnen Fällen die schon erwähnte Samenhandlung von Joseph Klar mit der Lieferung von 
Baumwollen= und Jutesamen (im Gesammtbetrage von 125 kg) betraut werden, und außerdem 
wurden Samen aus den Gärtnereien von Haage & Schmidt in Erfurt, Albert Schenkel 
in Hamburg und Dammann & Co. in Neapel beschafft. Meist mußten die Sämereien 
indessen direkt aus tropischen Gegenden besorgt werden; es wurden dieselben theils 
känflich erworben von der Firma William Brothers auf Ceylon, die sich mit dem Verkauf 
von Samen tropischer Nutzpflanzen befaßt und solche auch nach den englischen Kolonien liefert, 
theils war dic botanische Centralstelle auf die Freundlichkeit der Direktionen außereuropäischer 
Gärten, besonders der von Buitenzorg und Kalkutta, angewiesen. 
Aus den so beschafften Samen werden nun in dem für diesen Zweck erbauten 
Gewächshause die Sämlinge in größerer Anzahl herangezogen, bezw. die Pflanzen durch 
Stecklinge vermehrt. Der Erfolg dieser einem speziell hierzu bestimmten Gärtner über- 
tragenen Kulturen ist ein den Verhältnissen entsprechender: die Pflanzen sind durchweg 
kräftig und gut entwickelt; der augenblickliche Bestand derselben ist aus Anlage A 
ersichtlich. 
Die Verpackung und Versendung der Pflanzen an die Kolonien geschieht mit besonderer 
Sorgsalt in sogenannten Wardschen Kästen. Die Sendungen werden so eingerichtet, daß 
dieselben während der Ueberfahrt von Personen, die nach den Kolonien gehen, beaufsichtigt und in 
Obhut genommen werden können. Auf diese Weise sind bisher im Ganzen 118 verschiedene 
Arten Sämlinge und Ableger in 772 Exemplaren nach den Kolonien versandt 
worden und daselbst auch meist wohlbehalten eingetroffen. Ueber die Vertheilung 
der versendeten Pflanzen auf die verschiedenen Stationen giebt Anlage B eine Uebersicht. 
Damit die botanische Centralstelle über den Pflanzenbestand in den einzelnen Versuchs- 
gärten unterrichtet ist, dürfte es sich auch weiterhin empfehlen, wie bisher regelmäßige Berichte 
über das Gedeihen der Pflanzen von den Leitern der Gärten einzufordern; die botanische 
Centralstelle wird dann auf Grund dieser Angaben ihre weitere Thätigkeit einrichten und dafür 
Sorge tragen, daß stets — soweit es die beschränkten Raumverhältuisse und die kleinen Etats- 
mittel gestatten — eine ausreichende Anzahl der besonders gewünschten Nußpflanzen vorräthig 
ist. Bei der Kostspieligkeit der Versendung lebender Pflanzen in Wardschen Kästen wird 
auch immer nur eine beschränkte Zahl von Pflanzen abgegeben werden können. 
ad II. Die wissenschaftliche Untersuchung der von den Kolonien an die botanische 
Centralstelle gelangten Sendungen, welche theils in lebenden Pslanzen und keimfähigen Sämereien, 
theils in getrockneten Pflanzen und Pflanzentheilen bezw. in Alkohol konservirten Früchten
	        
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