Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Demnächst wurde das Dorf angegrissen, nachdem 
noch die ganze übrige Polizeimannschaft von Bord 
herangezogen und eine größere Abtheilung Matrosen 
ausgeschifft war. Das Dorf wird durch einen tiefen, 
elwa 25 Fuß breiten Fluß in zwei Theile getheilt, 
einen nördlichen, eben am Strande gelegenen, und 
einen südlichen, auf einem Hügel liegenden. In Leßteren 
hatten sich die Eingeborenen gefslüchtet und machten 
Miene, sich hinter Hänsern und Zäunen deckend, uns 
zu empfangen. Nachdem jedoch die Polizeitruppe 
den Fluß durch= und überschritten hatte, was, zumal 
an manchen Stellen die User sumpfig waren, viel 
Mühe kostete, wandten sich die Eingeborenen zur 
wilden Flucht in den ans Dorf angrenzenden Busch, 
in welchem sie seiner Dichtigkeit halber und beim 
Mangel von Führern nicht weiter verfolgt werden 
konnten. 
Es erfolgte nunmehr die Zerstörung des Dorfes. 
Hierbei wurde eine Anzahl von Schweinen er- 
beutet, und eine Menge von Waffen, Hausgeräth= 
schaften, Schmucksachen und Tanzmasken fiel in unsere 
Häude. 
Das Dorf Bosso ist ein außerordentlich reinlich 
gehaltener großer Platz. Die Häuser, von oblonger 
Form mit Eingang an einer Längsseite, stehen un- 
mittelbar auf dem Boden (nicht auf Pfählen) und 
sind sehr regelmäsig gebaut, mit Atap eingedeckt. 
Die Häuser siehen zerstreut auf viereckigen sauber 
gehaltenen Plätzen, welche von Manern eingeschlossen 
sind, welche aus 2 bis 3 Fuß hoch aufsgeschichteten 
Korallensteinen bestehen. Der Ort hat einen großen 
Bestand an Kokospalmen, worunter sich zahlreiche 
junge befinden, so daß man den Eindruck planmäßiger 
An= bezw. Nachpflanzung gewinnt. Dieserhalb scheint 
der Platz als Wohnsitz eines Händlers sehr geeignet, 
allerdings schon wegen seiner isolirten Lage (etwa 
50 Meilen südöstlich vom Nordkap der Jusel Neu- 
mecklenburg) nicht sicher. 
Der „Bussard“ ging um 3 Uhr nachmittags in 
See und steuerte, nachdem in Nusa der Ortskundige 
Schulle abgesetzt war, in der Richtung auf die 
Tasmaninseln. Diese und die Ontong-Java-(Lord 
Howe-) Gruppe hatten schon seit langer Zeit die 
Aufmerksamkeit der Verwaltung auf sich gezogen. 
Australische Schiffe hatten hier seit Jahren Kopra- 
handel getrieben, ohne sich um die Zollgesetze des 
Schutgebiets zu kümmern, sie hatten der hier inter- 
essirten Firma Forsayht zu Nalum ihr Geschäft 
erschwert, ja nahezu unmöglich gemacht, da sie mit 
dem auf Kopra liegenden Zoll nicht rechueten. Die 
Treibereien dieser australischen Händler hatien es 
zuwege gebracht, daß der auf der Tasmangruppe 
wohnende Händler der Handlung Forsayht sich 
nicht mehr sicher fühlte und im Herbst 1891 die 
Gruppe mit dem Schuner der Handlung verließ. 
Der Kapitän des Leßteren brachte zugleich einen auf 
der Tasmangruppe lebenden Lord Howe-Eingeborenen 
Ponisse mit und gestellte denselben als dringend ver- 
dächtig, einen Mordversuch gegen besagten Händler 
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unternommen zu haben, dem Kanzleramt zur Be- 
strafung. Die Untersuchung ließ zwei Tasmaninsu- 
laner Puli und Fotau als der Theilnahme an 
der Strafthat verdächtig erscheinen, und diese sollten 
verhaftet werden. Zudem hatten sich die australischen 
Kapitäne den Eingeborenen gegenüber so verächtlich 
und geringschätzend über das deutsche Regiment aus- 
gelassen, daß es dringend im Interesse des Ansehens 
desselben erforderlich schien, die Eingeborenen eines 
Besseren zu belehren und ihnen unsere Macht vor 
Augen zu führen. 
Der „Bussard“ ging am 6. Mai, vormittags 
10 Uhr, in der Lagune der Tasmangruppe zu 
Anker. Diese sowie die Lord Howegruppe bilden 
Atolle, aus einer Anzahl niedriger Inseln bestehend, 
deren Korallengrund sehr wenig fruchtbar und vor- 
nehmlich mit Kokospalmen bestanden ist. Versuche, 
Taros und Yams anzubauen, sind auf Einwirkung 
der Handlung Forsayht ins Werk gesetßzt, indessen 
fehlgeschlagen. Die Mehrzahl der Inseln ist sehr 
klein und infolge dessen sind nur wenige bewohnt, 
in der Tasmangruppe allein die große Insel Niu- 
manno; auf der Lord Howegruppe finden sich acht 
Wohnplätze, von welchen aber nur zwei, Leucneuwa 
und Palao, von Bedeutung sind. 
Die Bewohner dieser Inselgruppen (zusammen 
oberflächlich geschätzt dreihundert) sind außerordentlich 
verschieden von denen der benachbarten Inseln des 
Schutzgebiets. Ihre Hautfärbung zeigt ein helleres 
lichtes Braun, welches auf eine Verwandtschaft mit 
der polynesischen Bevölkerung hinweist. Die Männer 
haben regelmäßige Gesichtszüge und sind von hohem 
Wuchse und sehr vollen weichen Körperformen, was 
wohl durch ihre Hauptnahrung, die fetthaltige Kokos- 
nuß, erklärt werden dürfte. Die Haare sind durch- 
weg glatt oder lang gewellt (nicht dicht an der Kopf- 
haut gekräuselt) und werden lang getragen, oft oben 
auf dem Kopfe in einen einfachen Knoten geschlungen. 
Bei den Männern sind beide Nasenflügel durchbohrt 
zur Befestigung des Schildpattschmuckes, welchen man 
öfter antrifft. Die Weiber sind von einer abschrecken- 
den Häßlichkeit, die Folgen der fetthaltigen Rahrung 
äußern sich hierin. Sie sind von äußerst plumper, 
fast möchte ich sagen viereckiger Gestalt und ent- 
behren ganz des anmuthigen schlanken Wuchses, 
welchen man namentlich bei den Papnamädchen der 
Astrolabebai so oft wahrnehmen kann. 
Sämmtliche Individuen sind über das Gesicht 
und den ganzen Körper tättowirt und unterscheiden 
sich auch hierin von den benachbarten Salomon- 
insulanern. Die Tälttowirung wird bewirkt, indem 
in die durch eine Fischgräte beigebrachten Hautritze 
die geriebene Kohle eines bestimmten Baumes ein- 
gebracht wird; ihr Kolorit ist ein mattes Blau. 
Die Sprache der Tasman= und Lord Howe- 
insulaner ist dic gleiche und wird, ein Zeichen der 
Stammesgleichheit, auch auf der Mortlock= und Feed- 
inselgruppe gesprochen.
	        
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