Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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zeichnet sich unter dieser Literatur durch Reichhaltig- 
keit des Inhaltes aus. 
In diesem Buche wird an verschiedenen Stellen 
behauptet, daß die von dem Hauptmann P. A. Favier 
mit einem Stammvermögen von vier bis fünf 
Millionen Fres. gegründete Gesellschaft „La Ramie 
Française“, welche lange die erste Stelle unter allen 
Namiehäusern von Paris eingenommen hat, in Ge- 
schäftsauflösung begriffen sei. 
Das Pariser Wohnungs= und Geschäftsbuch von 
Bottin meldete vor zwei Jahren über jenes Haus: 
n La Ramie Francaise, 14 Rue St. Fiacre (Aktiengesell- 
schaft, Vermögen 4 300 000 Frcs.). Anfertigung von 
Zengen, Tischwäsche, Zwillich und Spitzenvorhängen aus 
Ramie, Mase 
in Essonnes (Seine- et-Oise)h, Moschinen- Weberei in 
Voiron (Isere) und Caudry (Nord), landwirthschaftliche 
Betriebe und Entrindungswerke in Perpignan (P.O.), 
in Torroella (Spanien), in Zagazig (Aegypten), Vau- 
anstalten in Entraigues für Entrindungsmaschinen. 
P. A. Favier, General-Direktor.“ 
Im vergangenen Jahre ist Perpignan aus der 
Reihe der Zweiganstalten, in diesem Jahre sind vier 
weitere Pläte, Essonnes, Caudry, Torroella, Zagazig 
ausgeschieden und sind nur noch Entraignes und 
Voiron genannt. 
Das Geschäftsvermögen wird ebenso wenig erwähnt 
wie der Name des Oberleiters. 
Daneben zeigt sich ein neues Haus an: 
„Favier (P. A.) & Co. Gesellschaft der Hütten 
der Ramie Frangaise, allgemeine Ausbeute der 
Ramie, Entrindung, Bleiche, Spinnerei, Weberei, 
Nue de Sentier 39.“ 
Im Lause dieses Sommers ist das Faviersche 
Geschäst nach 10 Nue d'Haukteville verlegt, wo es 
viel bescheidener eingerichtet ist. Auch die Ramie 
Française hat ihren bisherigen Sitz verlassen und 
scheint sich thatsächlich aufgelöst zu haben. 
In Perpignan waren nach Faviers eigener 
Aeußerung die Pflanzungen nicht lohnend genng. 
In Zagazig bei Port Said hatten dortige Be- 
sißer Ramiefelder in einer Ausdehnung von 200 Heltar 
im Jahre 1885 angelegt. 
Die Pflanzungen gingen ein, weil trotz künstlicher 
Trocknung in einer riesigen Darre, die Entrindung 
nicht gelang und der Boden schlecht gewählt war. 
Bei der im vorigen Herbst veranstalteten Preis- 
bewerbung um Entrindungsmaschinen war weder die 
Faviersche noch die von Michotte in seinem Buche 
angepriesene „Frangaise“ vertreten, und zwei andere 
Maschinen von Faure, Ingenieur in Limoges und 
von Norbert de Landtsheer ktrugen goldene 
Medaillen davon. 
Vor Kurzem, Ende Juli und Ansang W 
hat die Société agricole de la Ramie, 7 Rue de 
Londres, welche ein Grundstück von 1½/ Hektar in 
Asniêres auf den städtischen Rieselfeldern der Halb- 
insel Gennevilliers mit Namie bebaut, den ersten 
  
Schnitt in diesem Jahre geerntet. Sie hat die Ent- 
rindung auf dem Felde selbst durch Faure mit 
seiner preisgekrönten Maschine ausführen lassen. Er 
war der Einzige, der sich infolge einer allgemeinen 
Aufforderung gemeldet hatte. Favier hat diese 
Gelegenheit, seine Maschine in größeren Leistungen 
zu zeigen, nicht wahrgenommen. 
Allen diesen ungünstigen Anzeichen gegenüber 
kann das Urtheil der Bewohner von Entraigues, 
welche den Betrieb auf dem Favierschen Werke sehr 
rühmten, nicht ins Gewicht fallen. Favier selbst 
hat dort seinen Wohnsiß aufgeschlagen. Wie es heißt, 
ist es in dieser kleinen, 11 bis 12 km von Avignon an 
der Sorgues, Nebenfluß der Rhone, gelegenen Stadt 
von 1900 Einwohnern nicht möglich, Zutritt zu dem 
Werke zu erlangen. 
Das in den neuesten Schriften (vergl. Michotte 
und die Broschüre „Die Ramie“ von Moreau) 
unter dem Namen Favier erwähnte Verfahren zur 
Ausscheidung des Pflanzengummis bestand darin, die 
Stengel der Einwirkung von Dampf fünf bis sechs 
Minnten lang auszusetzen und sie darauf mit der 
Hand durch Frauen abrinden zu lassen. 
Die erforderlichen Geräthe setzten sich aus einem 
roh gezimmerten Holzkasten und irgend einem dampf- 
erzeugenden Kessel zusammen. Trotz der Einfachheit 
der Mittel hat das Verfahren im Betriebe, der von 
der Socicte du crédit à D’industrie in Algier und 
Indien versucht wurde, vollständig versagt und ist 
zur Zeit aufgegeben. 
Andere Wege, den Pflanzenleim zu beseitigen, 
haben Frcmy, Marthenot, Masse und Vial 
angegeben. 
Frcmmy hat auf Grund seines Verfahrens im 
Einvernehmen mit dem ehemaligen Minister Barbe 
ein Werk in Louviers in Betrieb gesetzt, das aber 
nach mehreren Jahren wieder geschlossen worden ist. 
Ob die anderen Behandlungen, welche in dem 
Buche von Michotte auch ausführlich beschrieben 
sind, in größerem Maßstabe angewandt worden sind, 
ist nicht bekannt. 
Das neneste Verfahren, welches gegenwärtig bei 
der auf dem Felde von Gennevilliers mit der 
Faureschen Maschine entrindeten Ramie vorgenommen 
wird, stammt von dem Vorsteher der städtischen Ver- 
suchsanstalt, Girard. Es wird in Poissy von der 
neu gegründeten Gesellschaft „Namie“ ausgeführt 
und beruht nach dem „Matin“ auf Verwendung von 
kieselsaurer und kaustischer Soda. 
Die Zeitschrift „Monitkeur de la Ramie“, vor 
0 Jahren von Favier gegründet und lange Zeit 
lediglich im Dienste seiner Gesellschaft stehend, er- 
wähnt übrigens dice bemerkenswerthe Thatsache, daß 
bis zum heutigen Tage keine so bedeutende Menge 
Namie in einem Loose verarbeitet worden ist, hin- 
sichtlich der Gummiausscheidung. 
Diese Menge ist ein Schnitt auf einer Fläche 
von 1½ Hektar. Ueber den Ausfall dieses Ver- 
suches verlautet noch nichts.
	        
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