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zeichnet sich unter dieser Literatur durch Reichhaltig-
keit des Inhaltes aus.
In diesem Buche wird an verschiedenen Stellen
behauptet, daß die von dem Hauptmann P. A. Favier
mit einem Stammvermögen von vier bis fünf
Millionen Fres. gegründete Gesellschaft „La Ramie
Française“, welche lange die erste Stelle unter allen
Namiehäusern von Paris eingenommen hat, in Ge-
schäftsauflösung begriffen sei.
Das Pariser Wohnungs= und Geschäftsbuch von
Bottin meldete vor zwei Jahren über jenes Haus:
n La Ramie Francaise, 14 Rue St. Fiacre (Aktiengesell-
schaft, Vermögen 4 300 000 Frcs.). Anfertigung von
Zengen, Tischwäsche, Zwillich und Spitzenvorhängen aus
Ramie, Mase
in Essonnes (Seine- et-Oise)h, Moschinen- Weberei in
Voiron (Isere) und Caudry (Nord), landwirthschaftliche
Betriebe und Entrindungswerke in Perpignan (P.O.),
in Torroella (Spanien), in Zagazig (Aegypten), Vau-
anstalten in Entraigues für Entrindungsmaschinen.
P. A. Favier, General-Direktor.“
Im vergangenen Jahre ist Perpignan aus der
Reihe der Zweiganstalten, in diesem Jahre sind vier
weitere Pläte, Essonnes, Caudry, Torroella, Zagazig
ausgeschieden und sind nur noch Entraignes und
Voiron genannt.
Das Geschäftsvermögen wird ebenso wenig erwähnt
wie der Name des Oberleiters.
Daneben zeigt sich ein neues Haus an:
„Favier (P. A.) & Co. Gesellschaft der Hütten
der Ramie Frangaise, allgemeine Ausbeute der
Ramie, Entrindung, Bleiche, Spinnerei, Weberei,
Nue de Sentier 39.“
Im Lause dieses Sommers ist das Faviersche
Geschäst nach 10 Nue d'Haukteville verlegt, wo es
viel bescheidener eingerichtet ist. Auch die Ramie
Française hat ihren bisherigen Sitz verlassen und
scheint sich thatsächlich aufgelöst zu haben.
In Perpignan waren nach Faviers eigener
Aeußerung die Pflanzungen nicht lohnend genng.
In Zagazig bei Port Said hatten dortige Be-
sißer Ramiefelder in einer Ausdehnung von 200 Heltar
im Jahre 1885 angelegt.
Die Pflanzungen gingen ein, weil trotz künstlicher
Trocknung in einer riesigen Darre, die Entrindung
nicht gelang und der Boden schlecht gewählt war.
Bei der im vorigen Herbst veranstalteten Preis-
bewerbung um Entrindungsmaschinen war weder die
Faviersche noch die von Michotte in seinem Buche
angepriesene „Frangaise“ vertreten, und zwei andere
Maschinen von Faure, Ingenieur in Limoges und
von Norbert de Landtsheer ktrugen goldene
Medaillen davon.
Vor Kurzem, Ende Juli und Ansang W
hat die Société agricole de la Ramie, 7 Rue de
Londres, welche ein Grundstück von 1½/ Hektar in
Asniêres auf den städtischen Rieselfeldern der Halb-
insel Gennevilliers mit Namie bebaut, den ersten
Schnitt in diesem Jahre geerntet. Sie hat die Ent-
rindung auf dem Felde selbst durch Faure mit
seiner preisgekrönten Maschine ausführen lassen. Er
war der Einzige, der sich infolge einer allgemeinen
Aufforderung gemeldet hatte. Favier hat diese
Gelegenheit, seine Maschine in größeren Leistungen
zu zeigen, nicht wahrgenommen.
Allen diesen ungünstigen Anzeichen gegenüber
kann das Urtheil der Bewohner von Entraigues,
welche den Betrieb auf dem Favierschen Werke sehr
rühmten, nicht ins Gewicht fallen. Favier selbst
hat dort seinen Wohnsiß aufgeschlagen. Wie es heißt,
ist es in dieser kleinen, 11 bis 12 km von Avignon an
der Sorgues, Nebenfluß der Rhone, gelegenen Stadt
von 1900 Einwohnern nicht möglich, Zutritt zu dem
Werke zu erlangen.
Das in den neuesten Schriften (vergl. Michotte
und die Broschüre „Die Ramie“ von Moreau)
unter dem Namen Favier erwähnte Verfahren zur
Ausscheidung des Pflanzengummis bestand darin, die
Stengel der Einwirkung von Dampf fünf bis sechs
Minnten lang auszusetzen und sie darauf mit der
Hand durch Frauen abrinden zu lassen.
Die erforderlichen Geräthe setzten sich aus einem
roh gezimmerten Holzkasten und irgend einem dampf-
erzeugenden Kessel zusammen. Trotz der Einfachheit
der Mittel hat das Verfahren im Betriebe, der von
der Socicte du crédit à D’industrie in Algier und
Indien versucht wurde, vollständig versagt und ist
zur Zeit aufgegeben.
Andere Wege, den Pflanzenleim zu beseitigen,
haben Frcmy, Marthenot, Masse und Vial
angegeben.
Frcmmy hat auf Grund seines Verfahrens im
Einvernehmen mit dem ehemaligen Minister Barbe
ein Werk in Louviers in Betrieb gesetzt, das aber
nach mehreren Jahren wieder geschlossen worden ist.
Ob die anderen Behandlungen, welche in dem
Buche von Michotte auch ausführlich beschrieben
sind, in größerem Maßstabe angewandt worden sind,
ist nicht bekannt.
Das neneste Verfahren, welches gegenwärtig bei
der auf dem Felde von Gennevilliers mit der
Faureschen Maschine entrindeten Ramie vorgenommen
wird, stammt von dem Vorsteher der städtischen Ver-
suchsanstalt, Girard. Es wird in Poissy von der
neu gegründeten Gesellschaft „Namie“ ausgeführt
und beruht nach dem „Matin“ auf Verwendung von
kieselsaurer und kaustischer Soda.
Die Zeitschrift „Monitkeur de la Ramie“, vor
0 Jahren von Favier gegründet und lange Zeit
lediglich im Dienste seiner Gesellschaft stehend, er-
wähnt übrigens dice bemerkenswerthe Thatsache, daß
bis zum heutigen Tage keine so bedeutende Menge
Namie in einem Loose verarbeitet worden ist, hin-
sichtlich der Gummiausscheidung.
Diese Menge ist ein Schnitt auf einer Fläche
von 1½ Hektar. Ueber den Ausfall dieses Ver-
suches verlautet noch nichts.