Wie ich Ihnen das letzte Mal schon kurz mit-
theilte, ist endlich der ersehnte Frieden bei uns wieder
eingekehrt; es kam so unerwartet, daß wir Alle er-
staunt waren. Noch wenige Tage vorher waren die
Bakoko so siegesfroh und erklärten sich bereit, Alles,
ja selbst ihr Leben, eher zu opfern, als nachzugeben;
höhnisch hatten sie meine Friedensvorschläge von sich
gewiesen. Und schon nach so kurzer Frist bitten sie
um Frieden. Es war so gekommen. Die Bakoko
hatten, wie ich Ihnen berichtete, den Entschluß gefaßt,
den Dampfer „Soden“ anzugreifen und zu versuchen,
ihn zu vernichten. Als nun der Dampfer den
Omagqua, einen verhältnißmäßig engen Mündungs-
arm des Sannaga, der nach Kamerun führt, passirte,
wurde er von beiden Seiten von einem sehr starken
Feuer empfangen und fortwährend beschossen; in der
That gelang es den Bakoko auch, einen Weißen und
mehrere Schwarze zu verwunden. Hätten die Bakoko
es verstanden, sie hätten nach dem Urtheil und
Ermessen Aller das Fahrzeug in eine recht bedenkliche
Lage bringen können. Denn wenn auch der „Soden“
mit seinen beiden Revolverkanonen und dem Maxim-
geschübtz sich die Feinde eine Zeit lang hätte vom
Halse halten können, so hätten doch einige geschickt
ins Wasser geworfene Baumstämme genügt, ihn fest-
zulegen. In dieser Lage wäre ihm allmählich bei
fortgesebtem Angriff die Munition ausgegangen, wo#
dammn ein Massenangriff recht verderblich hätte
werden müssen. Aber zum Glück haben unsere
Bakoko keine Spur von kriegerischem Geist und
Muth; freilich halten sie sich für die tüchtigsten und
tapfersten Kerls, aber es geht ihnen da wie den
Knaben, die von Heldenthaten träumen und dann
vor einem Schatten Reißaus nehmen. Zuvor hatten
sie immer gesagt: „Wir wollen alle sterben", und doch
erzählte mir der Häuptling Nganko, daß die Lente,
welche sich versteckt hatten, um dem „Soden“ auf-
zulauern, denselben gar nicht in Sicht kommen ließen,
sondern in ihrer Angst längst zuvor einen Schuß
abfeuerten und dann schleunigst in den Busch liefen,
so lange sie laufen konnten. Es wäre sonst auch
einfach undenkbar gewesen, daß bei einer solchen Masse
Volkes — es waren immer einige Tausende — der
„Soden“ mit so verhältnißmäßig geringem Schaden
durchkam. Wir selbst in der Mission waren in
großer Angst, denn bei einem Massenangriff, wie wir
uns denselben dachten, mußte eine große Anzahl
Leute fallen, und sicherlich hätten dann die
uns ferne wohnenden, daher wenig mit uns be-
kannten und befreundeten Bakoko in ihrer Nachegier
uns, die einzigen in ihrem Gebiet befindlichen Weißen,
nicht geschont. So hatten wir auf Anrathen Aller,
Kaufleute und Beamte, uns bereit gemacht, so bald
es die Lage erforderte, abzuziehen. Wir hatten das
Harmonium, Ihr und Ihrer Leser werthvolles
Geschenk, und andere bessere, leicht transportable
Sachen eingepackt und warteten auf den leßten
Moment, daß heißt auf das erste feindliche Austreten
der Bevölkerung gegen uns. Indeß der „Soden“
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kam durch, und der Verlust auf beiden Seiten
war gering; die Gefahr war für dieses Mal
beseitigt.
Da auf einmal, nach drei Tagen, erschien der
Dampfer plötzlich und unerwartet zum Schrecken
aller Bakoko wieder auf der Bildfläche; er hatte in
Kamerun mehr Soldaten und Munition geholt, und
jetzt sollte eine ganz neue Methode, die einzig richtige,
um sich Respekt und Achtung zu verschaffen, Platzt
hreifen. Er blieb wieder acht Tage hier, und täglich
drangen die Soldaten bei den verschiedenen Landungs-
plätzen tief in den Busch vor, um die Bewohner in
ihren Verstecken aufzustöbern. Es gelang ihnen denn
anch, täglich einige Gefangene zu machen und sich
Widersetzende zu tödten. Das hatten die Bakoko
nicht erwartet, daß man sie im Busch ausfsuchen
würde; so lange sie nur vom Wasser aus beschossen
worden waren, fühlten sie sich sicher in ihren Verstecken.
Jeßt kamen sie rasch zur Einsicht, daß es ihnen an
den Kragen gehen könne. Schlennigst kamen sie,
nachdem der Dampser weg war, in die Mission und
baten mich, den Frieden zu vermitteln. Sämmtliche
in der Nähe der Mission wohnende Häuptlinge
mit den angesehensten Männern der verschiedenen
Dörfer waren erschienen. Ich hatte in der Vor-
aussicht, daß so etwas kommen könne, bei dem Herrn
Kanzler angefragt, was gegebenenfalls zu thun wäre,
und da er mir sagte, über den Frieden könne nur
in Kamerun auf dem Gouvernement verhandelt
werden, so eröffnete ich den Bakoko: Ihr müßt nach
Kamerun gehen, und damit Ihr seht, daß man Euch
keine Falle stellt, gehe ich mit Euch. Ich hatte
lange zu thun, bis ich sie so weit brachte, denn
immer und immer wieder kamen sie mit Vorschlägen,
um diese gefährliche Reise nach Kamerun zu ver-
meiden. Aber als ich ihnen vorhielt, daß, wenn sie
zögerten, der „Soden“ vielleicht in wenigen Tagen
schon wieder zurückkehre und ihr Elend dann wieder
von Neuem beginne, da versprachen sie endlich, in
den nächsten Tagen nach Kamerun zu gehen. Sie
hätten noch ein großes Palaver zu halten, um allen
Bakoko meinen Rath mitzutheilen.
Nach drei Tagen, morgens, kam denn auch der
jüngere Bruder Toko's und meldete mir, Toko sei
bereit zu kommen, aber von den Anderen wolle
Niemand mitgehen, sie seien durch Malimbaleute ein-
geschüchtert worden. Nganko allein noch hatte so sicher
sein Kommen zugesagt, so daß ich an seinem Erscheinen
zur rechten Zeit nicht zweifelte. Mbange, Yadu,
und Yanye ließen nichts von sich hören und sehen.
Weil aber Letzterer einer der bedeutendsten Häupt-
linge ist, wollte ich ohne ihn meine Reise nicht an-
treten. Ich schickte also in letzter Stunde noch schnell
einige Missionszöglinge aus seinem Dorf zu ihm
und ließ ihm und den Aeltesten des Dorfes aus-
einandersetzen, welch schlimme Folgen sein Zögern
haben könnte. Dann fuhr ich trotz Abredens des
Toko, der es für nutzlos hielt, nach Yanyedorf und
stellte ihm Alles selbst noch vor. Da ergab er sich, und