Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Wie ich Ihnen das letzte Mal schon kurz mit- 
theilte, ist endlich der ersehnte Frieden bei uns wieder 
eingekehrt; es kam so unerwartet, daß wir Alle er- 
staunt waren. Noch wenige Tage vorher waren die 
Bakoko so siegesfroh und erklärten sich bereit, Alles, 
ja selbst ihr Leben, eher zu opfern, als nachzugeben; 
höhnisch hatten sie meine Friedensvorschläge von sich 
gewiesen. Und schon nach so kurzer Frist bitten sie 
um Frieden. Es war so gekommen. Die Bakoko 
hatten, wie ich Ihnen berichtete, den Entschluß gefaßt, 
den Dampfer „Soden“ anzugreifen und zu versuchen, 
ihn zu vernichten. Als nun der Dampfer den 
Omagqua, einen verhältnißmäßig engen Mündungs- 
arm des Sannaga, der nach Kamerun führt, passirte, 
wurde er von beiden Seiten von einem sehr starken 
Feuer empfangen und fortwährend beschossen; in der 
That gelang es den Bakoko auch, einen Weißen und 
mehrere Schwarze zu verwunden. Hätten die Bakoko 
es verstanden, sie hätten nach dem Urtheil und 
Ermessen Aller das Fahrzeug in eine recht bedenkliche 
Lage bringen können. Denn wenn auch der „Soden“ 
mit seinen beiden Revolverkanonen und dem Maxim- 
geschübtz sich die Feinde eine Zeit lang hätte vom 
Halse halten können, so hätten doch einige geschickt 
ins Wasser geworfene Baumstämme genügt, ihn fest- 
zulegen. In dieser Lage wäre ihm allmählich bei 
fortgesebtem Angriff die Munition ausgegangen, wo# 
dammn ein Massenangriff recht verderblich hätte 
werden müssen. Aber zum Glück haben unsere 
Bakoko keine Spur von kriegerischem Geist und 
Muth; freilich halten sie sich für die tüchtigsten und 
tapfersten Kerls, aber es geht ihnen da wie den 
Knaben, die von Heldenthaten träumen und dann 
vor einem Schatten Reißaus nehmen. Zuvor hatten 
sie immer gesagt: „Wir wollen alle sterben", und doch 
erzählte mir der Häuptling Nganko, daß die Lente, 
welche sich versteckt hatten, um dem „Soden“ auf- 
zulauern, denselben gar nicht in Sicht kommen ließen, 
sondern in ihrer Angst längst zuvor einen Schuß 
abfeuerten und dann schleunigst in den Busch liefen, 
so lange sie laufen konnten. Es wäre sonst auch 
einfach undenkbar gewesen, daß bei einer solchen Masse 
Volkes — es waren immer einige Tausende — der 
„Soden“ mit so verhältnißmäßig geringem Schaden 
durchkam. Wir selbst in der Mission waren in 
großer Angst, denn bei einem Massenangriff, wie wir 
uns denselben dachten, mußte eine große Anzahl 
Leute fallen, und sicherlich hätten dann die 
uns ferne wohnenden, daher wenig mit uns be- 
kannten und befreundeten Bakoko in ihrer Nachegier 
uns, die einzigen in ihrem Gebiet befindlichen Weißen, 
nicht geschont. So hatten wir auf Anrathen Aller, 
Kaufleute und Beamte, uns bereit gemacht, so bald 
es die Lage erforderte, abzuziehen. Wir hatten das 
Harmonium, Ihr und Ihrer Leser werthvolles 
Geschenk, und andere bessere, leicht transportable 
Sachen eingepackt und warteten auf den leßten 
Moment, daß heißt auf das erste feindliche Austreten 
der Bevölkerung gegen uns. Indeß der „Soden“ 
  
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kam durch, und der Verlust auf beiden Seiten 
war gering; die Gefahr war für dieses Mal 
beseitigt. 
Da auf einmal, nach drei Tagen, erschien der 
Dampfer plötzlich und unerwartet zum Schrecken 
aller Bakoko wieder auf der Bildfläche; er hatte in 
Kamerun mehr Soldaten und Munition geholt, und 
jetzt sollte eine ganz neue Methode, die einzig richtige, 
um sich Respekt und Achtung zu verschaffen, Platzt 
hreifen. Er blieb wieder acht Tage hier, und täglich 
drangen die Soldaten bei den verschiedenen Landungs- 
plätzen tief in den Busch vor, um die Bewohner in 
ihren Verstecken aufzustöbern. Es gelang ihnen denn 
anch, täglich einige Gefangene zu machen und sich 
Widersetzende zu tödten. Das hatten die Bakoko 
nicht erwartet, daß man sie im Busch ausfsuchen 
würde; so lange sie nur vom Wasser aus beschossen 
worden waren, fühlten sie sich sicher in ihren Verstecken. 
Jeßt kamen sie rasch zur Einsicht, daß es ihnen an 
den Kragen gehen könne. Schlennigst kamen sie, 
nachdem der Dampser weg war, in die Mission und 
baten mich, den Frieden zu vermitteln. Sämmtliche 
in der Nähe der Mission wohnende Häuptlinge 
mit den angesehensten Männern der verschiedenen 
Dörfer waren erschienen. Ich hatte in der Vor- 
aussicht, daß so etwas kommen könne, bei dem Herrn 
Kanzler angefragt, was gegebenenfalls zu thun wäre, 
und da er mir sagte, über den Frieden könne nur 
in Kamerun auf dem Gouvernement verhandelt 
werden, so eröffnete ich den Bakoko: Ihr müßt nach 
Kamerun gehen, und damit Ihr seht, daß man Euch 
keine Falle stellt, gehe ich mit Euch. Ich hatte 
lange zu thun, bis ich sie so weit brachte, denn 
immer und immer wieder kamen sie mit Vorschlägen, 
um diese gefährliche Reise nach Kamerun zu ver- 
meiden. Aber als ich ihnen vorhielt, daß, wenn sie 
zögerten, der „Soden“ vielleicht in wenigen Tagen 
schon wieder zurückkehre und ihr Elend dann wieder 
von Neuem beginne, da versprachen sie endlich, in 
den nächsten Tagen nach Kamerun zu gehen. Sie 
hätten noch ein großes Palaver zu halten, um allen 
Bakoko meinen Rath mitzutheilen. 
Nach drei Tagen, morgens, kam denn auch der 
jüngere Bruder Toko's und meldete mir, Toko sei 
bereit zu kommen, aber von den Anderen wolle 
Niemand mitgehen, sie seien durch Malimbaleute ein- 
geschüchtert worden. Nganko allein noch hatte so sicher 
sein Kommen zugesagt, so daß ich an seinem Erscheinen 
zur rechten Zeit nicht zweifelte. Mbange, Yadu, 
und Yanye ließen nichts von sich hören und sehen. 
Weil aber Letzterer einer der bedeutendsten Häupt- 
linge ist, wollte ich ohne ihn meine Reise nicht an- 
treten. Ich schickte also in letzter Stunde noch schnell 
einige Missionszöglinge aus seinem Dorf zu ihm 
und ließ ihm und den Aeltesten des Dorfes aus- 
einandersetzen, welch schlimme Folgen sein Zögern 
haben könnte. Dann fuhr ich trotz Abredens des 
Toko, der es für nutzlos hielt, nach Yanyedorf und 
stellte ihm Alles selbst noch vor. Da ergab er sich, und
	        
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