Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Schoners „Glide“, welches von einem weißen Matrosen 
geführt war, überfallen und ausgeraubt worden, 
wobei zwei farbige Ruderer ermordet wurden. Im 
September v. Is. war der Arbeiter-Anwerbeschoner 
der Neu-Guinea-Kompagnie „Senta“ am Eingange 
der Steffenstraße von zahlreichen Kanoes bedroht 
worden; ein Gleiches war demnächst auf der Rück- 
reise und vordem westlich von der Byronstraße ge- 
schehen. Im Februar d. Is. war der Schoner 
nachts vor Kapfu von Kanus bedroht worden; hier 
und auch sonst lassen sich Leute zum Schein an- 
werben, um mit Hülfe der hinzukommenden Genossen 
das Schiff zu nehmen. 
Da die Ausschreitungen der Eingeborenen ins- 
besondere durch die Aussagen des Mc. Nicol, eines 
besonnenen und ruhigen Mannes, und des Jimmy 
erwiesen waren, so nahm der Kommandant die Re- 
anisition des Landeshauptmanns, ihn bei der Be- 
strafung der auf der Opuösgruppe, den Inseln 
Sillepiun und Kabotteron lebenden Eingeborenen an 
Leben und Eigenthum militärisch zu unterstützen, so- 
wie ihn behufs Zeigens der Flagge an der Nordost- 
küste von Neumecklenburg entlang bis nach Kapfn 
begleiten zu wollen, an. 
Am 3. Mai vormittags verließen S. M. Schiff 
„Bussard“ und der Dampfer „Mabel“ mien 
um vor Tagwerden an Ort und Stelle zu sein. Die 
folgenden Unternehmungen am Land, in einem mit 
Mangrovesumpf durchsetzten Terrain, welches nur von 
einer eingeborenen Mannschaft durchsucht werden 
kann, wurden von der farbigen Polizeitruppe unier 
Befehl des Landeshauptmanns ausgeführt. Der 
Dampsfkutter und die Boote des Kriegsschiffs hielten 
sich in der Nähe, um im Falle der Bedrängniß dem 
Landeshauptmann als Rückhalt zu dienen und das 
Entweichen der Eingeborenen von einer Insel zur 
anderen zu verhindern. Der Verlauf der Expedition 
war im Einzelnen folgender: 
1. Die Unternehmung gegen die Opuösinseln 
am 4. d. Mis. erfolgte in zwei Trupps, von denen 
der Landeshauptmann den Südtrupp, Stationsvor- 
steher Kolbe den Nordtrupp führte. Jeder der- 
selben bestand aus drei Booten mit ebensoviel weißen 
Bootsführern bezw. einem farbigen Bootsführer und 
mit etwa 25 Mann farbiger Besahung, welche mit 
Ausnahme von 12 Bukajungen der Ralumpflanzung 
den Polizeisoldaten entnommen war. 
Die sorgfältig vorbereitete Ueberraschung der 
Eingeborenen mißlang, weil die „Mabel“, wennschon 
sie um 2 Uhr früh vor der Byronstraße angelangt 
war, so weit abgehalten hatte, daß die um 5 Uhr 
klar gemachten Boote, statt um 5 1/ Uhr losgelassen 
zu werden, bis um 7 Uhr geschleppt werden mußten. 
Um diese Zeit war die Expeditionstruppe bereits 
bemerkt, und die Eingeborenen flüchteten, über die 
weiten Riffe watend, nach westlich gelegenen Mangrove- 
inseln hinüber, in welche zu folgen auch mit farbigen Poli- 
zeisoldaten aussichtslos ist. Der erste Trupp suchte eine 
kleine und einegrösiere Insel (Hinanhab; auf der Ersteren 
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wurdenzwei unbedeutende Siedelungen, auf der Lehteren 
ein äußeerst umfangreiches, die ganze Ostseite einnehmen- 
des Dorf zerstört. Vor demselben schienen einige Kanoes 
standhalten zu wollen, welche indeß nach Eröffnung des 
Feuers auch die Flucht ergriffen. Immerhin hatte den 
Eingeborenen die Zeit gefehlt, ihre Kanoes und sonstigen 
Werthgegenstände mit Ausnahme der Waffen in 
Sicherheit zu bringen; die zahlreichen Häuser wurden 
abgebrannt, etwa 30 — zum Theil große — Kanoes 
zerschlagen, drei besonders schön gearbeitete mitge- 
führt, die vorhandenen Nahrungsmittel, Hauspflan- 
zungen, Speere rc. soweit als möglich vernichtet 
oder mitgenommen. Bei dieser Beschäftigung wurden 
drei Schüsse, anscheinend aus einem Winchesterge- 
wehre, auf den Trupp abgegeben; eine sofortige 
Verfolgung erwies sich jedoch vergeblich, weil der 
Schütze sich in den die Westhälfte der Jusel aus- 
machenden Theil der Mangroveinsel flüchtete. Der 
zweile Trupp hat drei der nördlichsten Opuösinseln 
abgesucht, 9 Niederlassungen und 5 Kanoes auf 
ihnen zerstört sowie sich alsdann an Bord der 
„Mabel“ begeben, da die angeordnete Vereinigung 
mit dem ersten Trupp wegen Trockenlaufung 
des zwischenliegenden Riffs nicht möglich war. Der 
Lettere ging deshalb allein nach dem auf der Westspitze 
von Sillepiun belegenen Dorse, welches zerstört 
wurde; auch wurden einige Kanoes zerschlagen, ein 
hroßes mitgeführt. 
2. Die an demselben Tage nachmittags 3½ Uhr 
von der Ost= und Westseite gegen Kabotteron vor- 
gehende Expedition fand bereits eine gewisse Ver- 
wüstung der Insel vor, welche die im Norden von 
Neumecklenburg ansässigen Händler mit Hülse des 
amvesenden Gaffelschoners der deutschen Handels= und 
Plantagengesellschaft „Suga“ und zweier befreundcter 
Stämme tags zuvor unternommen hatten. Weder 
waren zu einem derartigen Ergreifen der Offensive 
genügende Gründe vorhanden gewesen, noch auch 
würde die oberflächliche Zerstörung einiger Hütten, 
Bananen und werthloser Kanoes den beabsichtigten 
Erfolg gehabt haben, da Schwäche und Muthlosigkeit 
der Angreifer, nach den eigenen Angaben derselben, 
völlig offensichtlich gewesen war, die Expedition erst 
um 9 Uhr vormittags begonnen hatte und die „Suga" 
— 17 Tonnen groß — kein Schiff ist, welches auf 
die Eingeborenen Eindruck zu machen vermag. 
Unter diesen Umständen blieb nichts übrig, als 
eine gründliche Nachlese zu halten; zahlreiche stehen 
gebliebene Hänser und Pflauzungen wurden zerstört, 
einige versteckte Kanoes zerschlagen und der die Mitte 
der Insel durchziehende Mangrovesumpf nach Ein- 
geborenen abgesucht, indeß vergeblich. 
3. Am 5. d. Ms, dampfte das Schiff „Bussard“, 
um die Flagge zu zeigen, in langsamer Fahrt längs 
der Küste von Neu-Mecklenburg und traf mit „Mabel" 
im Gefolge nachmitlags 4 Uhr in Kapsu ein. Die 
Verhältnisse dortselbst gaben zu Besorgnissen keine 
Veranlassung; nur ein zurückgebliebener Malaita- 
arbeiler, welcher in den Besitz einer Winchesterbüchse 
 
	        
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