Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

zwischen Fallgras, Haris und den Awasbergen pa- 
trouilliren. 
Leider ist bei dem vorerwähnten Zusammenstoß 
mit den Witboois am 2. Oktober eine Patrouille aus 
einem Versteck aus großer Nähe beschossen worden, 
wobei der Führer der Patrouille Sergeant Wrede 
durch einen Schuß fiel und die Reiter Hoffmann 
und Dann schwer verwundet wurden. Letzterer ist 
seinen Wunden inzwischen erlegen. 
  
Rus dem Brreiche der Wissionen und 
der Ankisklaverei-Bewegung. 
Sur Frage der Sklaverei in den deutschen Schutzgebieten 
i rila. 
Im Anschluß an den Abdruck eines Berichts des 
Kaiserlichen Gouverneurs von Kamerun über die 
Sklavenfrage S. 514 ff. des vorigen Jahrgangs 
geben wir einen Bericht des Kaiserlichen Gouverneurs 
von Deutsch-Ostafrika vom 30. Oklober d. Is. über 
dieselbe Frage wieder, der gleichfalls nach dem auf 
S. 513 des vorigen Jahrgangs abgedruckten Schema 
erstattet ist. 1 
Nach der Kaiserlichen Verordnung vom 1. Januar 
1891 sollen der deutschen Gerichtsbarkeit auch die 
Eingeborenen unterliegen, insoweit sie der Gerichts- 
barkeit des Reichskommissars unterstellt waren. Da- 
nach hätte auf alle Personen, soweit der Macht- 
bereich des Kommissariates und später des Gonverne- 
ments reichte, diese Gerichtsbarkeit ausgedehnt werden 
müssen, da die Stationschefs und später die Be- 
zirkshauptleute in ihren Schauris die richterliche 
Gewalt für einen solchen Umfang in Anspruch nahmen 
und auch thatsächlich ausübten. Es hätte aber wenig 
im Interesse der Leute und der Kolonie gelegen, das 
schwerfälligere heimische Gerichtsverfahren in dieser 
Weise auszudehnen und wärc auch nicht durchführbar 
gewesen, da einmal nicht das dazu erforderliche 
Richterpersonal vorhanden war, andererseits auch, 
selbst wenn die zulässige Uebertragung richterlicher 
Funktionen auf die Bezirkshauptleute stattgefunden 
hätte, diese bei der Unzahl von Klagen ihren Ver- 
waltungsaufgaben gänzlich entzogen worden und den 
Anforderungen doch nicht gerecht geworden wären. 
Es ist deshalb auch vom Gouvernement das Ver- 
fahren, das zur Zeit des Reichskommissariates üblich 
war, beibehalten worden. Danach wurde von dem 
Stationschef über alle Straf= und Civilfälle in 
lediglich mündlichem Verfahren Recht gesprochen. 
Sowohl die Verletzten in Strafsachen, wie die Par- 
teien in Civilsachen waren verpflichtet, das gesammte 
zur Beurtheilung des Falles erforderliche Material 
zur Stelle zu schaffen. Das für die Entscheidung 
maßgebende Recht war kein Gesebbuch, sondern das 
deutsche Rechtsbewußtsein und, soweit sich das hier- 
mit vertrug, die Rechtsgewohnheiten oder Gesetze der 
  
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in Bekracht kommenden Stämme. In dieser Weise 
ist die Rechtspflege über die Eingeborenen und die 
ihnen gleichgestellten Personen durch die Gonverne= 
ments-Verordnung vom 14. Mai 1891 geregelt 
worden, und ihre Ausübung nach diesen Grundsätzen 
hat sich im vollsten Maße bewährt. 
Nichteingeborene, soweit sie afrikanischen oder 
asiatischen Ursprungs sind, sind der oben geschilderlen 
Gerichtsbarkeit gleichfalls unterworfen worden und 
sind nach allseitigen Erfahrungen mit diesem Zustande 
durchaus zufrieden, wie sich daraus ergiebt, daß 
nur in verschwindend wenigen Fällen von dem bei 
Objekten höheren Werthes ausdrücklich zugelassenen 
Bernfungsrechte Gebrauch gemacht worden ist. Zu 
diesen Nichteingeborenen gehören Aegypter, Syrer, 
Inder, Araber, Beludschen, Parsi und Goanesen. 
Sie Alle würden durchaus nicht zufrieden sein, wenn sie 
chderdeutschen Strasprozeßordnungoder Eivilproze 
ordnung ihr Recht suchen müßten, sondern ziehen 
das schnelle mündliche Verfahren ohne Zweifel vor. 
Gerade bei ihnen wäre unser Verfahren auch wenig 
angebracht, da bei ihren Prozessen vorzugsweise Ein- 
geborene als Partei betheiligt sind, die für unser 
Verfahren kein Verständniß besitzen und insolge des 
wechselnden Aufenthaltes die Durchführung auch fast 
unmöglich machen würden. 
Aus dem Gesagten ergiebt sich, daß hinsicht- 
lich der Gerichtsbarkeit den Eingeborenen 
im eigentlichen Sinne alle Farbigen d. h. 
alle Personen afrikanischen oder asiatischen 
Ursprungs mit Ausnahme der direkten Nach- 
kommen von Europäern, gleichzustellen sind. 
In diesem Sinne ist die Bestimmung des Begriffes 
„Eingeborene“ praktisch durchgeführt. 
Zu II A. 
1. Auster den Eingeborenen besitzen die im 
Schutzgebicte ansässigen Araber, Beludschen und Misch- 
linge zwischen Indern und Eingeborenen Sklaven. 
2. Den Nichteingeborenen gegenüber verpflichten 
sich sowohl freie wie unfreie Eingeborene zu Diensten. 
Die Leßteren sind verpflichtet, die Zustimmung ihres 
Herrn, der in der Regel die Hälfte des von seinem 
Sllaven verdienten Lohnes zu beanspruchen hat, bei- 
zubringen. Auch wenn sie ohne Wissen und Willen 
ihres Herrn fremde Dienste annehmen, so begnügt 
sich der Herr gewöhnlich, wenn ihm von dem Dienst- 
geber seine übliche Quote zugesagt wird. 
3. Die Dienste, zu welchen die Eingeborenen sich 
verpflichten, sind sehr verschiedenartig. Sie verdingen 
sich als persönliche Diener, als Plantagenarbeiter, als 
Handlanger, als Träger und in geringem Maße auch 
zu Kriegsdiensten. Je nach der Abstammung ziehen 
sie verschiedene Dienste vor. Die Waniamwesi und 
Wasekuma dienen als Träger, Waganda und Ma- 
nyema, beide Stämme außerhalb des Schußgebietes 
wohnend, nehmen Kriegsdienste an, zu persönlichen 
Diensten verdingen sich Küstenleute, aber hauptsäch- 
lich auch Bewohner der Comoren-Inseln, die übrigen 
  
  
 
	        
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