Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Dienste werden von den Bewohnern der Gegend, 
wo sie gebraucht werden, geleisiet. 
Eine bestimmte Dauer des Diensiverhältnisses ist 
nur bei Träger= und Kriegsdiensten üblich. Bei den 
ersteren erstreckt sie sich so weit, bis die Karawane, zu 
welcher der Eingeborene sich verdungen hat, ihr Ziel 
erreicht, bei den Kriegsdiensten wird eine bestimmte 
Zeit vereinbart. Bei allen anderen Diensten ist im 
Allgemeinen von einer bestimmten Dauer keine Rode. 
Der Neger arbeitet so lange, als es ihm paßt, und 
läuft dann davon. Doch ist von den Europäern in 
dieser Hinsicht schon ein heilsamer Einfluß ausgeübt 
worden. Die Engagements finden meist auf einen 
Monat statt mit stillschweigender Verlängerung um 
einen Monat. Das Entlaufen innerhalb dieser Frist 
wird bestraft und kommt daher immer seltener vor. 
4. Der Abschluß von Dienstmiethverträgen mit 
freien Eingeborenen vollzieht sich in der Regel genau 
so wie in Deutschland, nur daß weder eine Drauf- 
gabe noch schriftlicher Vertrag üblich ist. Bei der 
Anwerbung von Trägern aber pflegt man nicht mit 
jedem einzelnen Mann zu verhandeln, sondern mit 
einem Vormann, der eine Anzahl von Leuten unter 
sich hat. Diese werden gewöhnlich irgend einer 
weiteren oder engeren Gemeinschaft, Stamm, Dorf- 
gemeinde oder Familie, angehören. Den Nichtein- 
geborenen gegenüber kommt dies aber nicht zum 
Ausdruck. 
5. Der Dienstmiethvertrag mit einem Sklaven 
wird, je nachdem dem Nichteingeborenen die Stellung 
als Sklave bekannt ist oder nicht, mit diesem oder 
seinem Herrn abgeschlossen. In beiden Fällen hat 
der Sklave nach allgemeiner Praxis die Hälfte 
seines Lohnes seinem Herrn abzugeben. Niemals 
aber kann der Sklave gegen seinen Willen 
von seinem Herrn zu Arbeitsdiensten ver- 
dungen werden. 
6. Es ist schon ausgeführt worden (zu Nr. 4), 
daß eine Gestellung ciner größeren Anzahl von Ar- 
beitern in der Regel nur bei Anwerbung von 
Trägern zu Karawanenzwecken stattfindet. Es wird 
aber der Versuch gemacht werden, dieses Verfahren 
auch für andere Arbeiten, so z. B. für den Eisen- 
bahnbau, einzuführen und zu dem Zwecke Dorf= oder 
Stammesälteste zur Gestellung von Arbeitern heran- 
zuziehen. 
In dem ersteren Falle tritt der Diensigeber nur 
zu dem Trägerlieferanten in kontraktliche Beziehung, 
Leßterer übernimmt alle aus dem Vertrage entsprin- 
genden Pflichten und hat auch alle Rechte. Ob 
dieses Rechtsverhältniß auch bei dem neuen Versuch 
durchzuführen sein wird, läßt sich noch nicht über- 
sehen. 
7. Eine gesehliche Regelung des Inhaltes und 
Umfanges von Leistung und Gegenleistung bei der 
Dienstmiethe hat nicht stattgefunden. Es sind ledig- 
lich die Abmachungen der Parteien maßgebend, bei 
welchen naturgemäß das Herkommen beobachtet wird. 
  
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8. Mit den Fragen unter a bis ddieser Nummer 
hat sich die Gesetzgebung des Schutgebietes noch 
nicht befaßt. Soweit durch Herkommen hier eine 
gewisse Einheitlichkeit geschaffen ist, ist bezüglich der 
Dauer des Vertragsverhältnisses und der Art und 
des Umfanges der Dienstleistungen das Nöthige be- 
reits gesagt worden. Die Lohnzahlung erfolgt in 
der Küstenzone in Geld, im Innern in Tausch-- 
artikeln, wie Zeug, Kupferdraht, Perlen und dergl. 
mehr. Für Kost und Wohnung zu sorgen, ist im 
Großen und Ganzen Sache des Arbeiters, doch 
haben Plantagenverwaltungen damit begonnen, für 
ihre eingeborenen Arbeiter Negerhütten zu bauen, 
um sie so mehr unter Aufsicht zu haben; die Ver- 
pflegung bleibt aber auch in diesem Falle Sache des 
Arbeiters. Umgekehrt pflegt es bei den Karawanen 
zu sein. Bei diesen wird die Verpflegung zumeist 
von dem Unternehmer oder Führer der Karawane 
beschafft, während für sein Unterkommen jeder selber 
zu sorgen hat, d. h. er baut sich seine Hütte für die 
Nacht aus Gras oder Blättern oder dergl. mehr. 
In Fällen von Erkrankung gehen die Ein- 
geborenen in der Regel am liebsten zu ihrem Medizin- 
mann, doch wenden sie sich auch schon nicht selten 
an die Regierungsärzte, die überall die Eingeborenen 
unentgeltlich oder gegen ganz unerheblichen Entgelt 
in Behandlung nehmen. 
Im Allgemeinen ist dem Arbeitgeber eine Dis- 
ziplinargewalt nicht zugestanden worden. Dieselbe 
wird von der Behörde ausgeübt. Nur den großen 
Plantagen, welche in größerer Entsernung von der 
zuständigen Behörde gelegen sind, ist eine Disziplinar= 
gewalt in ganz bestimmten Grenzen bewilligt worden. 
Sie sind verpflichtet, jede Bestrafung in ein besonderes 
Buch einzutragen, und unterstehen der Aufsicht der 
Behörde, welche jeden Monat einmal eine Revision 
vornimmt und Beschwerden der Arbeiter erledigt. 
Naturgemäß muß, auch ohne daß ein solches Recht 
ausdrücklich begründet worden ist, bei Karawanen 
eine gewisse Disziplinargewalt der Führer geduldet 
werden. 
9. Diese Frage ist im Wesentlichen schon in der 
vorigen Nummer beantwortet worden. Zu c ist zu 
bemerken, daß entlaufene Arbeiter von der Behörde 
dem Arbeitgeber zurückgeführt werden. Eine Sicher- 
stellung des Lohnes hat sich, solange die Arbeiter 
im Schußgebicte verbleiben, noch nicht als ein Be- 
dürfniß herausgestellt. 
10. Eine Ausfuhr von Arbeitern findet im All- 
gemeinen nicht statt. Es ist hierfür von Fall zu 
Fall die besondere Erlaubniß des Gorvernements 
einzuholen, das alsdann die umfassendsten Maßregeln 
trifft, um den Arbeiker nach jeder Richtung hin sicher 
zu stellen. 
B. 
Die Sklaverei entsteht auf sehr verschiedene 
Weisen, am häufigsten durch die in großem Stile 
abgehalienen Sklavenjagden in den Seengebieten und 
durch die Ueberfälle der räuberischen Stämme, wie
	        
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