Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

biro vorzudringen, doch ist seine Lage auf der Karte 
falsch eingezeichnet, da er bedeutend südwestlicher 
liegen muß. Ich beschloß daher am 13. August, 
an welchem Tage wir Nuhanda betraten, selbst ein 
Lager zu beziehen und Herrn Lientenant Richter 
zur Rekognoszirung an den Mf umbiro zu entsenden. 
Am 10. August hatten wir den Elfenbeinhändler 
Stokes getroffen und auch nach dessen Angabe 
mußie der Mfumbiro südwestlich in Ruhanda liegen. 
Von der Expedition des Herrn Grasen v. Götzen 
hörten wir nur Günstiges. Dieselbe war durch 
Usui, Ruhanda zum Kiferesee gezogen und wollte 
von dort zum Kongo vordringen. Alle drei Enro- 
päer der Expedition sollen sich wohl befinden. Als 
Kuriosum erwähne ich, daß zu dieser Zeit der 
Mfumbiro seine Thätigkeit bedeutend vermindert 
hatte und die Eingeborenen erklärten, Graf Gößen 
habe das Feuer ausgelöscht, und daher an uns das 
Ansuchen siellten, den Msumbiro wieder in Gang 
zu bringen. 
Am 14. August marschirte Lientenant Richter 
ab und kehrte am 21. desselben Monats zurück. 
Da die Abtheilung des Herrn Lientenants Richter 
ziemlich angestrengt und es in nächster Nähe unseres 
Lagers große Mengen von Wild gab, rasiete ich 
zwei weitere Tage, um die Expedition mit Fleisch 
zu versehen, und marschirte am 24. August ab, um 
meinem Plan gemäß durch Ruhanda, Kischakka, 
Usui nach Muanza zurückzukehren. Wir erhielten 
von dem Chef Führer, welche uns zwei Tage lang 
in der richtigen Nichtung nach Südost führten. 
Am dritten Morgen jedoch waren diese Führer ver- 
schwunden, und wir konnten nur mit Mühe und 
Noth einige betrunkene Eingeborene bewegen, uns 
weiterzuführen. Dieselben brachten uns zu dem 
Sultan Kawale, einem alten Verwandten Kin- 
geles, des Großsultans von Ruhanda. Derselbe 
nahm uns sehr gut auf und versorgte uns reichlich 
mit Lebensmitteln, versprach uns auch seinen ersten 
Minister, den sogenannten Katikero, als Führer mit- 
zugeben. Dieser erschien auch am nächsten Morgen, 
führte uns jedoch anstatt nach Südost, wie unsere 
Marschrichtung gewesen wärc, nach Nordost. Auf 
meine Vorstellungen erklärte er, daß wir nach dort 
ausweichen müßten, um das Gebirge zu vermeiden. 
Da er jedoch auch die nächsten Tage forlfuhr uns 
in dieser Richtung zu führen und dem Trunke mehr 
huldigte, als gut war, beschloß ich am 29. August, 
ohne Führer nach Osten zu marschiren und zunächst 
die Kagera zu erreichen, da ich glaubte, daß wir 
mit Absicht falsch geführt wurden, um uns zu ver- 
hindern, den Sultan Kingele zu besuchen, welcher 
mit der Einbildung eines sich vor den Zauberkünsten 
der ihm fremden Europäer fürchtenden Wilden ver- 
meiden wollte, die Bekanntschaft der Europäer zu 
machen. 
Am 31. August kamen wir im Lande Katoma 
au. Die dortigen Einwohner haben keinen Chef, 
sondern unterstehen nach ihrer eigenen Aussage Nja- 
  
wingis. Bei dem Anblick der fürsie ganz neuen Europäer 
legten die in großer Menge herbeigeströmten Zu- 
schauer ihre Waffen auf den Boden und begrüßten 
uns als „Njawingis“, Götter, durch lautes Hände- 
klatschen. Doch hinderte diese Ehrfurcht einige be- 
trunkene Individuen nicht, nachmittags unsere Träger, 
die Feuerholz dicht beim Lager holten, zu prügeln. 
Ich verwarnte sie energisch. Am nächsten Morgen 
marschirten wir nach Osten weiter. Nach ungefähr 
einer Stunde Marsch griffen jedoch wieder einige 
Eingeborene unsere Leute, diesmal aber mit Speeren 
au, verwundeten einen Träger leicht im Gesicht, 
während sie einem Soldaten, der rasch bei Seite 
sprang, nur die Hose ausschlitzten. Ich ließ die 
Karawane auf einem Hügel sammeln und sandte 
Herrn Lieutenant Richter mit 30 Mamn aus, mit 
dem Befehl, den Leuten zur Strafe ihr Vieh weg- 
zunehmen. 
Herr Lientenant Richter entledigte sich seines 
Auftrags mit großem Geschick und nahm den Leuten 
zwanzig Stück Rindvieh und einige 180 Stück 
Kleinvieh sort. Zu einem Zusammenstoß kam es 
nicht, da die Eingeborenen, nachdem sie die Wir- 
lung unserer Feuerwassen gesehen hatten, ihrem 
Aerger nur durch Schimpfen aus weiter Entfernung 
Lust machten. — Als Herr Lientenant Richter 
zurückgekehrt war, ließ ich weiter marschiren und 
übernahm selbst die Deckung an der Onene. Einigen 
uns solgenden Eingeborenen ließ ich durch den 
Dolmetscher sagen, daß sie in unser Lager zu 
Friedensverhandlungen kommen sollten. 
Wir überschritten noch einen als Grenze dienenden 
Papyrussumpf und schlugen dann Lager im Gebiete 
Lugalamas, eines Sultaus von Mvpororo, bei 
dem wir schon am 28. Juli gelagert hatten. Den 
nächsten Tag wurde gerastet, um mit den Einge- 
borenen von Katoma eventnell in Verhandlungen 
treten zu können. Es waren jedoch Alle geflüchtet. 
Am 3. September wurde der Weitermarsch nach 
Osten fortgesetzt und die Kagera in Iwanda am 
6. Seplember erreicht. Da die Expedition schon 
länger gedauert hatte, als eigentlich meine Absicht 
gewesen war, beschloß ich direkt nach Bukoba zurück- 
zukehren, auch um das erbentete Vieh dort abgeben 
zu können. Ich selbst marschirte des Viehes wegen 
an der Kagera entlang, während Lieutenant Nichter 
über das Gebirge marschirte. 
Am 14. September traf ich in Kitengule, am 
18. desselben Monats in Bukoba ein, wo ich Station 
und Bezirk in mustergültiger Ordnung unter Herrn 
v. Rappard vorfand. Am 20. schifste ich mich 
ein und erreichte Muanza in der Nacht vom 23. 
bis 24. September. 
Alle von der Expedition durchzogenen Länder 
repräsentiren in ihrem Staatswesen und ihrer Be- 
völkerung zumeist denselben Typus. 
Das Staatswesen ist auf absoluter monarchischer 
Grundlage mit einem zum Theil starken Adel ge- 
gründet. Der Sultan eines Hauses ist meist einem
	        
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