centralafrikanischen Grabens bilden;; schlechte sumpsige
Pfade führten durch die unwegsamen Bambuswälder,
die Berg und Thal bedecken; die Mannschaften litten
unter Nässe, Kälte und Verpflegungsschwierigkeiten.
Als am 6. Juni der Abstieg vollendet, lag der
noch thätige Vulkan, der Kirunga tshagongo, auf
wenige Kilometer vor der Expedition, und am Fuße
des Berges dehnte sich nach Süden, soweit das Auge
reichte, der Kiuusee aus. Die Grabensohle ist mit
alter Lava bedeckt und mit zahllosen kleinen Kratern
besäet. Wo die Eingeborenen hier die Feldarbeit
versuchen, giebt sie einen reichen Ertrag; sonst
bedecken niederes Gestrüpp und Gräser die rissige,
schwarze Masse.
Die Ersteigung des Vulkans erforderte 6 Tage,
da das Aushauen eines gangbaren Pfades allein
vier Tage erforderte. Er bildet eine abgestumpfte
Pyramide, welche bis auf etwa 2800 m Höhe mit
Erika, Strohblumen und Gestrüpp bewachsen ist. Ein
mächtiger Trichter von etwa 1½ km Durchmesser,
mit nach innen senkrecht, oft überhängend abfallenden,
etwa 300 m hohen Rändern, an deren Fuß ein er-
kalteter Lavasee seine cementartig glatte Fläche aus-
breitet, nimmt die Spitze ein, welche auf etwa 3350m P
Höhe berechnet wurde. Zwei kreisrunde Kamine
öffnen sich in der Fläche, aus deren einem ein heller
Rauch mit geringen Detonationen stoßweise hervor-
schießt. Eine Lavaausflußstelle wurde einige Tage
später in einer Entfernung von etwa 12 km vom
Hauptberge gefunden.
In unmittelbarer Nähe des Kirunga liegen der
schroffe Nawunge und der spitze Kegel des Karisimbi.
Der mächtige Kisigali, der niedrige pittoreske Wihanga
mit seinen deutlich erkennbaren Einsturzkratern und
der öslliche Eckpsciler der Kirungakette, der Usumbiro,
wurden von dort aus nicht mehr sichtbar. Die Luft
war stels derarlig dunstig, daß selbst die ersigenannten
nächstgelegenen Berge regelmäßig nur abends und
morgens für kurze Zeit hervortraten. Die Höhe
sämmtlicher, mit Ausnahme des Wihanga, mag be-
deutend über 4000 m betragen. In der Thalsohle!
bildet die Vulkankette mit ihren Nebenerhebungen die
Vasserscheide zwischen Nil und Kongo. Von dem
Albert Edward-See war nichts zu sehen; die Ein-
geborenen, welche dem Vulkan mit abergläubischer
Scheu sernbleiben, kennen einen Weg durch unbe-
wohntes Land, der an den Landschaften Cameronze
und Bucswa vorbei in sechs Tagen zu den Salz-
stapelplätzen am See führen soll.
Einige Tage verbrachte die Expedition am Ufer
des Kivu, der völlig einem norditalienischen See
gleicht; die abfließenden Lavamassen haben seine
Gewässer zurückgedämmt, steil und tief fällt der Nand
unter dem Nivecau ab. Graf Goecßen befuhr ihn
bis ungefähr zur Hälfte, machte eine Triangulation
und konnte durch eingehende Fragen und das Zu-
sammenhalten der verschiedenen Aussagen mit ziem-
licher Sicherheit feststellen, daß der See bei einer
Breite von 30 bis 40 km eine Länge von 80 bis
106
100 km hat; an seinem Südende entfließt der Rusisi,
der wenige Tage von seiner Austrittsstelle starke Fälle
und Schnellen bilden soll. Ein Archipel von kleinen
Inseln mit paradiesischer Vegetation, aber meist un-
bewohnt, machte das Befahren mit den kleinen Booten
leicht.
Da Nahrungssorgen hier nicht eintreten konnten,
gestaltete sich der Aufenthalt am See zur wahren
Sommerfrische für Europäer und Mannschaften, und
blieb das Verhältniß mit den Eingeborenen ein gutes,
obgleich es eines Abends infolge eines Mißverständ-
nisses zu einem Gefecht kam, welches jenen Verständniß
und Achtung vor den Feuerwaffen beibrachte.
Am Westufer vereinigte sich Graf Goctzen wieder
mit dem Gros, welches um das Nordende herum-
marschirt war, und da er in Erfahrung gebracht,
daß jenseits des schroffen, westlichen Grabenrandes
ein bewohntes Grasland sich ausdehne, der Zustand
der Leute zugleich ein ausgezeichneter war, beschloß
er, am 29. Juni seinen Weg nach Westen zu nehmen.
Ein anstrengender Marsch über das etwa 3000 m
hohe, ebenfalls ganz mit Bambusrohr bestandene
Gebirge brachte die Expedition nach Bulembo; bereits
am 30. strömte das Wasser westwärts dem Lowa und
seinen Nebenflüssen zu. Hier begannen die Verpfle-
gungsschwierigkeiten; das Land war von Sllaven-
jägern total ausgeraubt; die Mannschaften waren
darauf angewiesen, sich den Lebensbedarf aus ver-
wilderten Bananenhainen zu suchen. Die wenigen
Einwohner, die sich zeigten, waren schen und konnten,
selbst wenn es gelang, sie vertraulich zu machen, nur
einige Bananen bringen und unzuverlässige Führer
stellen. Die Pfade waren in dem hohen Grase der
Bergkämme verwachsen und in dem dicken Busch der
Thäler unwegsam; die unaufhörlichen Ab= und An-
stiege in dem nach Westen sich langsam senkenden
Gebirgslande ermüdeten aufs Aeußerste. Der Reihe
nach wurden ein zweiter Njavarongo mit seinen
Zustüssen, der Luoho, Luhnka, Luga und Rritu,
sämmtlich bedeutende Nebenflüsse des Lowa, über-
schritten. Am 20. Juli war die Grenze des ge-
schlossenen Urwaldes erreicht; dieser enttäuschte die
durch Stanleys phantastische Schilderungen wohl
etwas zu hoch gespannten Erwartungen der Europäer
vollkommen. Wo nicht knictieser Sumpf aufhielt,
war das Marschiren in ihm leicht, da das hindernde,
niedrige Dickicht unter dem starken Schatten nicht
auskommt. Zu gleicher Zeit flachte sich das Land
immer mehr ab und befand sich das Lager am
27. Juli unter 1000 m Höhe. Seit dem 1. Jannar
hatte sich dies nicht mehr creignet; in Ruhanda war
die Höhe durchschnittlich 1800 m, einige Wochen
sogar über 2000 m gewesen.
Am 7. August langte die Karawanc in Mkashi,
der großen, reichen Ansiedelung des Manyemachess
Kawareware alias Msenge, au. Früher von einem
mächtigen Araber aus Nyangwe abhängig, war er
nach dem im Kampfe mit den Belgiern erfolgten
blutigen Tode seines Herrn als freier Mann im