Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

16. Wasserkresse oder Brunnenkresse. Sie 
liefert wegen des erfrischenden bitteren Geschmacks 
einen der vorzüglichsten Salate und sollte keiner Ge- 
müsesenduug fehlen. Sie gedeiht überall auf quelligem 
Boden oder an Bach= und Flußufern und auch bei 
reichlicher Bewässerung in Beeten. Die Aussaat 
macht man zweckmäßig in einer Kiste, welche man 
in Wasser stellt, und zwar am besten in fließendes, 
so daß die Erdoberfläche eben über das Wasser her- 
vorragt. Hat sie erst einmal irgendwo festen duß 
acfaßt so pflanzt sie sich selbst weiter fort. 
17. Sellerie. Er gedeiht nur bei sehr vor- 
sichtiger Behandlung, wenigstens solange er jung ist. 
Der keimende Same darf absolut keine Sonne be- 
kommen und nie trocken werden, auch darf er nur 
außerordentlich leicht mit feiner Erde bedeckt werden. 
Am besten säet man ihn in Kästen aus und ver- 
pflanzt ihn später. 
18. Sauerampfer. Er gedeiht gut und er- 
sordert keine besondere Sorgfalt. Er ist sowohl zu 
Suppen zu verwenden als auch liefert er mit dem 
an der ganzen westafrikanischen Küste von den 
Schwarzen gegessenen „Bologi“ zusammen einen vor- 
trefflichen Spinat. "% 
19. Karkoffeln. Sie liesern auch an der Küste 
eßbare Knollen, jedoch nur spärlich und in keiner 
guten Qualität. Im Gebirge dagegen wachsen sie 
recht gut und liefern reichlich Knollen, welche zwar 
ein wenig wässerig aber von gutem Geschmack und 
den von den kanarischen Inseln importirten Kartoffeln 
vorzuziehen sind. 
20. Erbsen. An der Küste wachsen sie zwar 
und zeitigen auch Blüthen, aber diese sallen entweder 
ab oder liefern ein= bis zweisamige Hülsen, so daß 
die Kultur nicht lohnt. Im Gebirge dagegen geben 
sie ausgezeichneten Ertrag. 
21. Bohnenkraut will im Küstenklima nicht 
recht gedeihen, desto besser wächst es aber im Gebirge. 
22. Teltower Rüben. An der Küste gehen 
sie meist gut auf, kommen daun aber nicht sort und 
machen keine Wurzeln. Im Gebirge geben sie 
schmackhafte und reichliche Wurzeln. 
Versuche mit Rhabarber, Schnittlauch, 
Estragon und Kürbis habe ich einmal, aber er- 
solglos angestellt, indessen schien mir der Mißerfolg 
an der Saat gelegen zu haben; wenigstens Kürbis 
und Rhabarber sollten meiner Meinung nach gut 
wachsen. Versuche mit Spargel, Merrettich, 
Artischoken, Majoran, Thymian slehen noch aus. 
Einen nicht zu verachtenden Ersatz für europäische 
Gemüse liefern einige in Afrika einheimische Gewächse, 
welche kennen zu lernen der Europäer sich angelegen 
sein lassen sollie. Ich neune hier in erster Linie den 
sogenannten Palmkohl, das heißt das Herz der Oel- 
palme, welches einen ausgezeichneten Salat und auch 
sehr guten „Blumenkohl“ liesert. Ferner sind zu 
nennen die jungen Früchte des „Okro“ als Zuthat 
zu Suppen und Gemüsen und die Samen des Erbsen- 
strauches, welche die grünen Erbsen vertreten. Spinat 
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wird bereitet aus mehreren Amaranthaceen, den 
Blättern von Calladien, Piper subpeltatum, Bo- 
logi, 
Portulak und das „Krin-Krin“. 
Portulak u. s. w. Salat liefert gleichfalls 
Die Herzblätter von Calladien liefern ein spargel- 
ähnliches Gemüse. So giebt es noch eine ganze 
Anzahl von Gemüsearten, welche man mit der Zeit 
bei einiger Mühe kennen lernen kann, und welche, 
obgleich sie keinen Vergleich mit europäischen Ge- 
müsen aushalten, dennoch einen leidlichen Ersatz für 
dieselben liefern können. 
Ueber die emetinfreien Ipecacuanha-Hillen 
sind seit der dieselben betreffenden Veröffentlichung 
in der Nr. 3 des Deutschen Kolonialblattes zwei 
neue Berichte eingelaufen. Der erslere derselben ist 
von dem Chefarzt der Kaiserlichen Schutztruppe für 
Deutsch-Ostafrika, Oberstabsarzt Dr. Becker, ein- 
gesandt worden. Letterer äußert sich im Gegensatz 
zu den früheren Berichterstattern nicht günstig über 
die Heilwirkung des genannten Mittels; er schreibt: 
Das Mittel wurde in Dar-es-Saläm sowohl im 
Europäerlazareth als auch im Lazareth für Farbige 
angewandt und zwar in Tabletten zu 0,6 g. 
Im Europäerlazareth wurde das Mittel in zwei 
Fällen von chronischer Ruhr von mir selbst an- 
gewandt, und zwar gab ich es in den Dosen, wie 
sie die Oranienapothekc, von der das Mittel her- 
siammt, vorschlug, das heißt zwei Tabletten = 1.2g 
auf einmal, zweimal täglich; später ging ich zu 
dreimal täglich, 1 Tabletle = 0,6 g, über. In 
dem ersten dieser Fälle klagte Patient nach jedes- 
maligem Einnehmen der emetinfreien Ipecacuanha 
über Uebelkeit, die sich selbst bis zum Erbrechen 
steigerte; dabei wurden die Stühle weder in ihrem 
Aussehen noch in ihrer Häufigleit auch nur im 
mindesten beeinflußt; ebenso dauerlte das Bauch- 
kneifen und Kollern im Leibe an; Patient bekam 
bald einen derartigen Widerwillen gegen das Mittel, 
daß es nach drei Tagen ausgesetzt werden und zu 
der sonst gebräuchlichen Ruhrbehandlung übergegangen 
werden mußte. 
Dem zweiten an chronischer Ruhr leidenden 
Kranken, einem Heizer von Sr. Majestät Kreuzer 
„Seeadler“, bei dem alle andern Mittel ergebnißlos 
angewandt waren, habe ich das Mittel während der 
vier Monate, die er sich in meiner Behandlung 
befand, wiederholt gegeben; einmal 13 Tage lang 
und zwar zunächst 7 Tage lang allein zweimal 
täglich 1,2 g, die letzten 6 Tage zu derselben 
Ipecacuanhadosis noch täglich 0,5 xz Dowersches 
Pulver. Zweckentsprechende Diät verstand sich von 
selbst. Nach mehrwöchentlicher Pause griff ich bei 
demselben Kranken abermals zur emetinfreien 
Ipecacuanha und gab sic 12 Tage lang, dreimal 
täglich 0,6 g, dieses Mal in Verbindung mit 
Bismuth oder Opium. Dieser Kranke klagte zwar
	        
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