ein Nachkomme der alten Kapullahfürsten inne hat,
während der erste Günstling des Lamido, Agia, ein
Freigelassener ist. Die Fullahs bilden im Gegensatze
hierzu gewissermaßen den Großadel und stehen ihnen
fast seindlich gegenüber. Uns hatte man zu unserem
Schaden den Kapullahs überwiesen, und dieses hab-
süchtige, heimtückische Gesindel hielt uns von den
Fullahs möglichst fern, um uns lediglich für ihre
Zwecke ausnußen zu können. Sie sind es auch,
welche den Lamido stets zu neuen Kriegszügen reizen,
denn während die Fullahs lieber die Früchte ihrer
früheren Eroberungen in Ruhe genießen möchten,
hoffen diese Emporkömmlinge erst aus neuen Kriegs-
errungenschaften Nutßen zu ziehen. Vor Ngambe
nun scheint dem Eroberungszuge allerdings ein Halt
geboten zu sein. Denun während es den kriegerischen
Horden anscheinend unschwer gelang, die unter sich
uneinigen Heidenstämme südlich des Gebirges zu
unterwerfen und selbst die mächtigen WulEsürsten in
das Tributverhältniß zu zwingen, sanden sie bei den
zu Tikar gehörigen Mandiongolos einen unerwarteten
Widerstand. Vier Jahre liegt nun schon die ganze
Macht des Tibatihäuptlings vor dem stark besestigten
Ngambe, und deuten absolut keine Anzeichen darauf
hin, daß die ihrer Kraft wohl bewußten Bewohner
dieses Ortes zu Kreuze kriechen werden. Der Krieg
selbst wird in echt afrikanischer Weise geführt. Er
beschränkt sich auf beiden Seiten darauf, dem Gegner
dann und wann in den Farmen beschästigte Sklaven
abzufangen, und bringen dann die Helden einige
Köpfe nach Hause, so ist der Siegesjubel groß.
Außerdem ziehen allwöchentlich einmal die tapferen
Tibatikrieger in Haufen dicht an den, dem Sanserni
nächstgelegenen Theil der Besestigungen; das Kriegs-
geheul, Trommeln und Hörnerblasen und das ge-
waltige Schießen läßt den Unbetheiligten die größte
Feldschlacht vermuthen. Das Resultat ist dann im
schlimmsten Fallc ein Pfeilschuß oder Speerstich, den
ein übereifrig sich exponirender Held auf seine Rück-
seite als Denkzettel erhalten hal. Im Allgemeinen
hofft der Tibatihäuptling, die Gegner durch Hunger
zu bezwingen, doch glaube ich nicht, daß ihm dies
bei den enormen Hilfsmitteln derselben je gelingen
wird.
Amalamu selbst ist ein hochgewachsener Mann
von ungefähr 26 Jahren mit einem Fullahtypus
und auffallend hellem Gesichte. Er ist das Prolotyp
des verschlagenen Afrikaners; Habsucht und Grausam=
keit sind seine Haupteigenschaften, welche, geschickt ge-
nährt durch seine Rathgeber, ihn zur verhaßtesten
und gefürchteisten Geißel von Süd-Adamana gemacht
haben. Daß er der Morgenschen Expedition so
freundlich begegnete, hatte lediglich den Grund darin,
daß er von dieser, die nur noch mit den spärlichsten
Mitteln versehen war, nicht viel für sich erwarten
konnte und mit Recht hoffte, daß bei herzlichem Ent-
gegenkommen ihn wieder Weiße aussuchen würden,
denen gegenüber er seine trügerische Maske werde
fallen lassen können. Mangels größeren Naubes
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verschmäht er auch Geringes nicht; so läßt er ein-
zelne Haussas, welche mit dem in Sanserni Erwor-
benen heimwärts ziehen wollen, durch seine Leute
im Busche auflauern und berauben. Zu seinem
Oberherrn in Yola steht er in einem änßerst ge-
spannten Verhältniß. Es ist Sitte, daß alle Ada-
mauafürsten behufs Erlangung ihrer Anerkennung
nach Yola reisen, um dort vom Emir feierlich installirt
zu werden; Amalamu hat trotz vielfacher Mahnungen
des Emirs diese Reise bisher unter Hinweis darauf,
daß er sich im Kriege befinde, hinauszuschieben ge-
wußt, wie sein Bestreben überhaupt dahin geht, sich
vollständig unabhängig zu machen. Selbstverständlich
ist der Emir von Yola sehr erbost über diesen un-
gesügen Vasallen, und zu der Zeit, als ich Adamana
bereiste, hatte er verfügt, daß sämmtliche vom Norden
in das Tibatireich führenden Handelsstraßen gesperrt
würden und kein Kaufmann Waaren dahin bringen
dürse. Derartige Repressalien werden nun für den
Lamido, der gegen seine Feinde alle Hände voll zu
thun hat, sehr unangenehm, und versucht er dann, den
Jorn seines Oberherrn durch außerordentlichen Tribut,
speziell an Sklaven, zu besänftigen. Da es nun fast
nicht mehr möglich ist, aus den entvölkerten Gegenden
des mittleren Mbam und des südlichen Adamana
die nöthige Anzahl zu erlangen, werden die Wutc-
häuptlinge zu verstärkten Lieferungen aufgefordert,
und deshalb ist es erklärlich, daß diese gezwungen
sind, ihre Raubzüge stets weit auszudehnen und
blühende, von arbeitsamen Leuten bewohnte Land-
striche in Wüsteneien zu verwandeln. Das war auch
der Grund, warum ich es so sehr bedauerte, die
Balingastation aufheben zu müssen, deren vornehm-
lichste Aufgabe ich darin sehe, ein Bollwerk gegen
die vordringenden Sklavenräuber zu sein.
Im Austrage des Lamido wurden mir zwei
Ochsen gebracht. Nun war alle Noth bei meinen
Leulen vergessen, und wir richteten uns in der Vor-
aussicht, doch einige Wochen hier liegen bleiben zu
müssen, vollkommen häuslich ein. Unsere Hütten
waren am äußersten Nordwestende des Sanserni,
kaum 1000 m von den Besestigungen von Ngambe
entsernt, so daß wir mit freiem Auge die Wachen
der Mandiongolos auf dem Walle erkennen konnten.
In einem umzäunten Raume befanden sich die Hütten
für Häring, mich und die Jungen, ferner die
Küche und das Wachzelt; um diesen Plaßz gruppirten
sich die Hütten der Leute, nur eine derselben war
etwas abseils im Orte gelegen. Den nun glücklich
zurückgelegten ersten Abschnitt der Expedition be-
schlossen Häring und ich durch ein opulentes Mahl
zu feiern, dessen Menn ich anbei gebe: Bouillon,
Rindfleisch mit Senf, gedünsiete Leber mit Eiersalat,
Beessteak mit Gemüse, Honig, Kassee. Als Getränk
Durrhabier, und zum Nachtisch wünschten wir uns
bei einer Flasche Sekt Glück, die Hauptschwierigkeiten
überwinden zu haben und nun bei uus freundlich
gesinnten, gesitteten Völkern unserer Aufgabe weiter
gerecht werden zu lönnen. Leider sollte sich diese