Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Hoffnung als trügerisch erweisen. Indessen richtete 
ich die Geschenke für den Lamido her, um sie ihm 
abends zu übersenden. In Anbetracht dessen, daß 
mein Vorgänger ihm nur wenig geben konnte und 
demnoch so freundlich ausgenommen war, und in der 
Hoffnung, dadurch meinen Aufenthalt hier abkürzen 
zu können, habe ich diese Geschenke über Gebühr 
reich bemessen. Sie bestanden aus: 1 Smyrnateppich, 
1 Thierteppich, 1 Schwert mit goldgesticktem Ge- 
hänge, 2 Dolchen, 1 Tobe mit Goldstickerei, 2 kleinen 
Seidenteppichen, 1 Stück Goldbrolat, 1 Stück Seiden- 
sammet, 1 Stück Seide, 3 Stück weißem Brokat, 
15 Stück rothem Taschentuchstoss, 1 silberne Kette, 
3 Spieldosen, 6 Rasirmessern, diversem Schmuck, 
Korallen, Perlen, Ringen und 150 Kolanüssen. 
Abends übersandte ich ihm diese Gaben durch Cor- 
nelius, aber zu meiner nicht geringen Ueberraschung 
kamen dieselben in kürzester Zeit refüsirt zurück. Der 
Lamido ließ mir sagen, er sei tief entrüstet darüber, 
daß der Weiße sein Wort so schlecht halte. Bei Abgang 
der letzten Expedition sei ihm versprochen worden, daß 
der nächsie Weiße, der ihn besuchen werde, ihm eine 
große Anzahl Gewehre und Patronen mitbringen würde. 
Cornelius, den ich ja bei mir hätte, habe ihm 
diese Botschaft selbst überbracht und müsse es ja 
wissen. Er liege hier im Kriege und habe keine 
Zeit, sich wie ein Weib mit eitlem Tande zu 
schmücken. Das, was er benöthige, seien Gewehre 
und viel Munition, um seine Feinde niederwerfen 
zu können. 
Ich war wüthend über diese schamlose Erpressung, 
jedoch machtlos, etwas dagegen zu thun. Ahnungslos 
war ich in die Falle gegangen und nun, rings von 
Feinden umgeben, mußte ich wohl oder übel den 
Geschenken einige Gewehre zulegen, um nicht hier 
vollkommen Schiffbruch zu erleiden. Meine ganze 
Wuth richtete sich aber nun gegen Cornelius, er 
hatte mich in diese Nothlage gebracht, denn nicht 
nur, daß er mir diese Abmachung verschwiegen, hatte 
er mich auch direkt belogen, denn schon als ich mit 
dem Nogilahäuptling seiner Zeit das erste Gewehr- 
palaver hatte, frug ich Cornelius, ob ich Derartiges 
auch in Sanserni zu befürchten hätte; ich würde 
dann unter keinen Umständen dorthin gehen. Cor- 
nelius aber antwortete mir, der Tibatifürst sei so 
mächtig und reich, daß er es nicht nöthig hälte, sich 
Gewehre schenken zu lassen. Da mir der Mann 
nun nicht allein sast gar leine Dienste leistete, son- 
dern mir nun auch noch Verlegenheiten bercitete, 
beschloß ich, mich von ihm zu trennen und ihn mit 
den noch übrigen von ihm angeworbenen Elmina- 
leuten, welche auch höchst unzuverlässig waren, und 
mit den von Ngila herrührenden Elfenbeinlasten sowie 
den Koffern Gillwalds über Yolo nach Kamerun 
zurückzusenden. Ich übergab ihm also sogleich Träger 
und Lasten und bat den Lamido, ihm bis Yokß einen 
Führer zu geben. 
Dem verschlagenen Elminamann schien diese Wen- 
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dung der Dinge sehr unangenehm zu sein, und da 
es ihm unter diesen Umständen wenig erwünscht 
schien, wieder nach Kamerun zu kommen, mochte er 
wohl hoffen, nach meinem Abgange von Sanserni 
auf dem ihm bekannten Wege Ibi zu erreichen und 
dort auf englischem Gebiete unter Mitnahme des Elfen- 
beins zu verschwinden. Von früher her mit den 
Verhällnissen vertraut, verband er sich mit den zu 
jeder Schandthat bereiten Kapullahchefs und begann 
eine regelrechte Agitation gegen mich. In erster 
Linie erreichte er durch diese, daß ihm der Lamido 
keinen Führer stellte und so seinen Abgang hintan- 
hielt, außerdem hetzte er diesen, dem die Spaltung 
in meinem Lager sehr erwünscht kam, gegen mich 
aus, indem er ihm sagte, daß ich wohl den Auftrag 
hätte, ihm Gewehre und noch größere Geschenke zu 
überbringen, ich dieselben aber lediglich aus Abneigung 
gegen ihn ihm vorenthalte. Sehr zu statten kam Cor- 
nelius hierbei, daß ich ihm für den Weg bereits 
mehrere Flaschen Cognac gegeben hatte. Anfangs 
wurde ich nämlich täglich von den Chefs um Schnaps 
angebettelt, doch hatte ich absolut keine Lust, auf diese 
Weise meinen Cognacvorrath zu vermindern. Cor- 
nelius benußte nun auch diesen Umstand, gegen mich 
zu arbeiten, indem er seinen Cognac in verdünntem 
Zustande in kleinen Portionen an den Lamido und 
die einflußreichen Häuptlinge verabreichte und auch 
auf diese Weise gegen mich Stimmung machte. 
Das Verhältniß wurde immer unhaltbarer, und 
außerdem schwanden meine Vorrälhe ganz bedeutend. 
Während der ersten Tage meines Aufenthaltes wurde 
mir im Austrage des Lamido durch die Weiber Agias 
stets genügend Essen für die Leute gebracht, doch 
wurden diese Sendungen immer spärlicher, und bald 
haiten sie ganz aufgehört, so daß ich gezwungen war, 
diesen eine Tagesration auszusetßen. Dabei waren 
aber die Preise für die Lebensmittel in Sanserni 
unerschwinglich hoch. 
Während späler in Tilar und ganz Adamaua, 
selbst Nola die Leute sich mit 30 ja 20 Kauris 
überreich Essen kausen konnten, genügten hier die 
von mir gezahlten 50 Kauris kaum, um den Hunger 
zu slillen; andererseits war es mir nicht möglich, 
durch Verkauf von Stosfen auch nur annähernd die- 
selben Preise zu erzielen wie später, z. B. ein Stück 
Weißzeug, für welches ich in Banyo 4000 bis 
5000 Kauris erhalten hatte, galt hier kaum 2500. 
Auch der Unterhalt von uns Weißen war sehr kost- 
spielig, z. B. galt ein Huhn 500 Kauris, und der 
tägliche Fleischbedarf kostete etwa 1000 Kauris. 
Verhältnißmäßig billig war anfangs das Vieh; das- 
selbe gehört ausschließlich dem Lamido, der es per 
Stück für zwei Sklaven von den Händlern kanft und 
auf dem Markte durch den Seriki u Kasna geschlachtet 
im Kleinen verkaufen läßt. Für ein ganzes Rind 
zahlte ich anfangs ein Stück weißes Brokat, späler 
allerdings zwei und gegen Ende unseres Aufenthaltes 
sogar drei Stücke. Wollte ich deshalb nicht in kür-
	        
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