er nicht, daß ich dahin zöge, um so mehr, als ich ja
beide Plätze von Kamerun zu Wasser viel leichter
erreichen könne. Uebrigens sei die Tradition seiner
Vorfahren die, keinen Weißen durch ihr Gebiet ziehen
zu lassen, denn dieser brächte ihnen Unglück, und
deshalb müsse ich denselben den ich gekommen,
wieder zurückgehen. Da ich aber nun die reichen
Gescheule für diese Fürsten nicht mehr nöthig hätte,
bäle er mich, einen Theil derselben, wie auch die
Hälste meiner Gewehre und Patronen ihm zu über-
lassen. Diese unverschämte Forderung wies ich ent-
schieden zurück; während ich mich einverstanden er-
klärte, unverrichteter Dinge wieder heimzuziehen, stand
doch mein Enischluß schon lange fest. Es war mir
ja vollkommen klar, daß es mir nicht gelingen würde,
auf friedlichem Wege aus diesem Räuberneste zu
entkommen, und so sah ich mein einziges Heil in
einem Uebergang zu den Mandiongolas.
Auf den ersten Blick mochte sich auch die Sache
absolut nicht so schwierig ansehen, denn nicht weiter
als 300 m war der Wald enlfernt, dessen Ecke bis
etwa 50 m an die Befestigungen von Ngambe her-
anreichte, aber trotzdem war die Ausführung doch
sehr schwierig. Ich mußte von Anfang an damit
rechnen, von den Mandiongolos als Feind betrachtet
zu werden, da es, wie die Verhällnisse lagen, absolut
ausgeschlossen war, ohne Alles zu verderben, mich
mit ihnen ins Benehmen zu setzen; dann hatte ich
aber auch mit meinen Leuten zu rechnen. Ich hatle
keine Soldaten, welche den Fahneneid geschworen
hatten, sondern nur eine Anzahl surchtsamer Träger
und knapp gedrillter Soldaten, welche sich eben von
den Ersteren nur dadurch unterschieden, daß sie statt
der Last Gewehre trugen. Wollte ich diesen Gewalt-
streich wagen, so mus#ten mir diese Leute vertrauens-
voll folgen, und das war vor Allem der Grund,
warum ich jetzt erst den Schritt unternahm und die
Neihe von Demüthigungen, welche uns in Sanserni
widerfuhren, ertrug. Ich war mir der Verantwort-
lichkeit dieses Wagnisses wohl bewußt, doch hatte
ich stets das Ziel im Auge, nach vorwärts zu
kommen, und nur erst nach ernster Ueberlegung war
ich überzeugt, daß mir kein anderer Ausweg blieb.
Der Rückmarsch von Sauserni nach Yolô und Ngila
wäre einer allmählichen Auflösung der Expedition
gleichgekommen, denn nirgends wäre es mir möglich
gewesen, in diesen Hungergegenden Proviant zu be-
schaffen, und Niemand würde uns ausgenommen haben,
da vorausgeeilte Gesandle des Lamido dies überall
verboten hälten, und so wäre dem uns folgenden
Gegner kampf= und mühelos unsere ganze Habe in
die Hände gesallen. Deshalb mußke ich bis jetzt
laviren, nun aber handeln.
Glücklich daheim angelangt, theilte ich Häring
meinen Entschluß mit, und auch er war meiner
Meinung, daß nun das Maß unserer Nachgiebigkeit
voll sei, und so wurde der Abmarsch auf den nächsten
Tag festgesetzt. Ich hielt es für besser, um das
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Geheimniß zu wahren, nur die Lagosleute in meinen
Plan einzuweihen, da ich riskiren mußte, Cornelius
möchte durch einen seiner Landsleute davon erfahren
und es unseren Feinden mittheilen. So brach denn
der Morgen des 27. Mai an. Ein dichter Nebel
lag noch über der Landschaft und benahm uns die
Aussicht selbst auf unseren nächsten Richtungspunkt.
Als um 5 Uhr die Expedition marschbereit sland,
umgeben von den neugierig gaffenden Eingeborenen,
welche uns theilweise höhnisch zusahen, mochten sie
doch nur zu sicher glauben, daß wir auch heute
ebenso wenig wie früher den Ort verlassen würden.
Die Führer, welche uns der Lamido versprochen,
waren ebenso wenig erschienen wie Cornelius, der es
wohlweislich vorgezogen hatte, sich mir unterdem Schutze
der Kapullahs zu entziehen. Endlich um 5 /2 Uhr brach
die Sonne durch, und der Nebel begann zu weichen.
Nim ließ ich die Lasten aufnehmen und seßte mich
an die Töte in der Richtung gegen den Busch,
welcher uns von der Fenz von Ngambe treunte, da
ich nicht den über freies Feld gehenden, allerdings
näheren Weg wählen wollte. Der verblüfften Volks-
menge schickte Premierlieutenant Häring, der mit
den Soldaten den Schluß bildete, eine Salve über
die Köpfe, um ihnen den Ernst der Situation be-
greiflich zu machen. So ging cs durch dichlen, un-
wegsamen Busch, bis wir nach ctwa 20 Minuten
eine Lichtung erreichten und uns nur kaum 20 m
vor den Befestigungen von Ngambe besanden. Kaum
war ich jedoch mit der Spiße der Expedition aus
dem schützenden Busch herausgetreten, als das hundert-
stimmige Kriegsgeheul der Mandiongolos erscholl, und
zugleich überschüttete uns ein Pfeilhagel und wurden
gleichzeitig mehrere Gewehrschüsse abgegeben, von
denen einer den neben mir gehenden Musa am Bein
verwundete. Das, was eigentlich zu erwarten war,
war eingetrossen. Die Mandiongolos, welche selbst-
verständlich glauben mußten, daß wir mit den Tibatis
kämen, um sie anzugreifen, hatten die Besestigungen
stark besetzt und wollten sich auf kein Unterhandeln
mit uns einlassen. Ich zog nun die ganze Expedition
innerhalb des Randes des Busches zusammen; die
Entsernung von der Fenz war kaum 50 m, so daß
wir bequem hinüberrusen konnten. Von Zeit zu Zeit
erlönte ein Schuß aus derselben, oder es verloren
sich einige Pfeile zu uns. Indessen war ein des
Haussas kundiger Mann auf der Mauer erschienen,
und nun begannen wir mit diesem zu verhandeln.
Doch schienen diese Unterhaudlungen wenig Ersolg
zu versprechen. Die Mandiongolos riefen uns zu,
wir sollten dahin gehen, woher wir gekommen wären,
sie wollten mit uns nichts zu thun haben; auch ihr
König, der ziemlich weitab von diesen Besestigungen
lag, ließ mir nach längerer Zeit sagen, ich müsse
zurück, er wünsche keine Gemeinschaft mit uns
zu haben.
Die Situation wurde immer bedenklicher, ich kann
sagen, es war die peinlichste während der ganzen
Expeditionszeit. Alles war auf einem ganz lleinen