Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

er nicht, daß ich dahin zöge, um so mehr, als ich ja 
beide Plätze von Kamerun zu Wasser viel leichter 
erreichen könne. Uebrigens sei die Tradition seiner 
Vorfahren die, keinen Weißen durch ihr Gebiet ziehen 
zu lassen, denn dieser brächte ihnen Unglück, und 
deshalb müsse ich denselben den ich gekommen, 
wieder zurückgehen. Da ich aber nun die reichen 
Gescheule für diese Fürsten nicht mehr nöthig hätte, 
bäle er mich, einen Theil derselben, wie auch die 
Hälste meiner Gewehre und Patronen ihm zu über- 
lassen. Diese unverschämte Forderung wies ich ent- 
schieden zurück; während ich mich einverstanden er- 
klärte, unverrichteter Dinge wieder heimzuziehen, stand 
doch mein Enischluß schon lange fest. Es war mir 
ja vollkommen klar, daß es mir nicht gelingen würde, 
auf friedlichem Wege aus diesem Räuberneste zu 
entkommen, und so sah ich mein einziges Heil in 
einem Uebergang zu den Mandiongolas. 
Auf den ersten Blick mochte sich auch die Sache 
absolut nicht so schwierig ansehen, denn nicht weiter 
als 300 m war der Wald enlfernt, dessen Ecke bis 
etwa 50 m an die Befestigungen von Ngambe her- 
anreichte, aber trotzdem war die Ausführung doch 
sehr schwierig. Ich mußte von Anfang an damit 
rechnen, von den Mandiongolos als Feind betrachtet 
zu werden, da es, wie die Verhällnisse lagen, absolut 
ausgeschlossen war, ohne Alles zu verderben, mich 
mit ihnen ins Benehmen zu setzen; dann hatte ich 
aber auch mit meinen Leuten zu rechnen. Ich hatle 
keine Soldaten, welche den Fahneneid geschworen 
hatten, sondern nur eine Anzahl surchtsamer Träger 
und knapp gedrillter Soldaten, welche sich eben von 
den Ersteren nur dadurch unterschieden, daß sie statt 
der Last Gewehre trugen. Wollte ich diesen Gewalt- 
streich wagen, so mus#ten mir diese Leute vertrauens- 
voll folgen, und das war vor Allem der Grund, 
warum ich jetzt erst den Schritt unternahm und die 
Neihe von Demüthigungen, welche uns in Sanserni 
widerfuhren, ertrug. Ich war mir der Verantwort- 
lichkeit dieses Wagnisses wohl bewußt, doch hatte 
ich stets das Ziel im Auge, nach vorwärts zu 
kommen, und nur erst nach ernster Ueberlegung war 
ich überzeugt, daß mir kein anderer Ausweg blieb. 
Der Rückmarsch von Sauserni nach Yolô und Ngila 
wäre einer allmählichen Auflösung der Expedition 
gleichgekommen, denn nirgends wäre es mir möglich 
gewesen, in diesen Hungergegenden Proviant zu be- 
schaffen, und Niemand würde uns ausgenommen haben, 
da vorausgeeilte Gesandle des Lamido dies überall 
verboten hälten, und so wäre dem uns folgenden 
Gegner kampf= und mühelos unsere ganze Habe in 
die Hände gesallen. Deshalb mußke ich bis jetzt 
laviren, nun aber handeln. 
Glücklich daheim angelangt, theilte ich Häring 
meinen Entschluß mit, und auch er war meiner 
Meinung, daß nun das Maß unserer Nachgiebigkeit 
voll sei, und so wurde der Abmarsch auf den nächsten 
Tag festgesetzt. Ich hielt es für besser, um das 
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Geheimniß zu wahren, nur die Lagosleute in meinen 
Plan einzuweihen, da ich riskiren mußte, Cornelius 
möchte durch einen seiner Landsleute davon erfahren 
und es unseren Feinden mittheilen. So brach denn 
der Morgen des 27. Mai an. Ein dichter Nebel 
lag noch über der Landschaft und benahm uns die 
Aussicht selbst auf unseren nächsten Richtungspunkt. 
Als um 5 Uhr die Expedition marschbereit sland, 
umgeben von den neugierig gaffenden Eingeborenen, 
welche uns theilweise höhnisch zusahen, mochten sie 
doch nur zu sicher glauben, daß wir auch heute 
ebenso wenig wie früher den Ort verlassen würden. 
Die Führer, welche uns der Lamido versprochen, 
waren ebenso wenig erschienen wie Cornelius, der es 
wohlweislich vorgezogen hatte, sich mir unterdem Schutze 
der Kapullahs zu entziehen. Endlich um 5 /2 Uhr brach 
die Sonne durch, und der Nebel begann zu weichen. 
Nim ließ ich die Lasten aufnehmen und seßte mich 
an die Töte in der Richtung gegen den Busch, 
welcher uns von der Fenz von Ngambe treunte, da 
ich nicht den über freies Feld gehenden, allerdings 
näheren Weg wählen wollte. Der verblüfften Volks- 
menge schickte Premierlieutenant Häring, der mit 
den Soldaten den Schluß bildete, eine Salve über 
die Köpfe, um ihnen den Ernst der Situation be- 
greiflich zu machen. So ging cs durch dichlen, un- 
wegsamen Busch, bis wir nach ctwa 20 Minuten 
eine Lichtung erreichten und uns nur kaum 20 m 
vor den Befestigungen von Ngambe besanden. Kaum 
war ich jedoch mit der Spiße der Expedition aus 
dem schützenden Busch herausgetreten, als das hundert- 
stimmige Kriegsgeheul der Mandiongolos erscholl, und 
zugleich überschüttete uns ein Pfeilhagel und wurden 
gleichzeitig mehrere Gewehrschüsse abgegeben, von 
denen einer den neben mir gehenden Musa am Bein 
verwundete. Das, was eigentlich zu erwarten war, 
war eingetrossen. Die Mandiongolos, welche selbst- 
verständlich glauben mußten, daß wir mit den Tibatis 
kämen, um sie anzugreifen, hatten die Besestigungen 
stark besetzt und wollten sich auf kein Unterhandeln 
mit uns einlassen. Ich zog nun die ganze Expedition 
innerhalb des Randes des Busches zusammen; die 
Entsernung von der Fenz war kaum 50 m, so daß 
wir bequem hinüberrusen konnten. Von Zeit zu Zeit 
erlönte ein Schuß aus derselben, oder es verloren 
sich einige Pfeile zu uns. Indessen war ein des 
Haussas kundiger Mann auf der Mauer erschienen, 
und nun begannen wir mit diesem zu verhandeln. 
Doch schienen diese Unterhaudlungen wenig Ersolg 
zu versprechen. Die Mandiongolos riefen uns zu, 
wir sollten dahin gehen, woher wir gekommen wären, 
sie wollten mit uns nichts zu thun haben; auch ihr 
König, der ziemlich weitab von diesen Besestigungen 
lag, ließ mir nach längerer Zeit sagen, ich müsse 
zurück, er wünsche keine Gemeinschaft mit uns 
zu haben. 
Die Situation wurde immer bedenklicher, ich kann 
sagen, es war die peinlichste während der ganzen 
Expeditionszeit. Alles war auf einem ganz lleinen
	        
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