Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

der bevorstehenden Versammlung in Otyiheinena ganz 
auf meiner Seite zu haben, so stellte ich ihnen in 
einer sehr ernsten und längeren Verathung ein 
Ultimatum, indem ich, des Einverständnisses des 
Majors Leutwein gewiß, als das Aeußerste, was 
die Regierung nachgeben könne, den Hereros die 
Weidegerechtigkeit auf dem rechten Nosobufer bis zur 
Mitte zwischen diesem und dem Seeisfluß bis auf 
Weiteres zugestand, während der Nosob als eigent- 
liche Grenze festgechalten werden müsse. Dafür ver- 
langte ich aber auch, daß sie nunmehr uneingeschränkt 
hierfür ihren Stammesgenossen gegenüber eintreten, 
widrigenfalls ich mich an mein Zugeständniß nicht 
gebunden fühlte, sondern jetzt nach Hause reiten, 
aber auf der gänzlichen Räumung des rechten Nosob- 
ufers bestehen würde. Dies half. Wenn auch 
schweren Herzens erklärten sie sich mit meinem Vor- 
schlage einverstanden. Wer gesehen hat, wie dicht die 
Hereros an den Ufern des Nosob sitzen und wie stark 
ihre Herden sind, wird diese Fristgewährung sicherlich 
gerechtfertigt finden. Erst ein andauernder friedlicher 
Aderlaß seitens deutscher Händler, wie ihn Witbooi bis 
vor drei Jahren alljährlich mit Gewalt unternahm, wird 
den Viehbestand auf das richtige Maß zurückbringen 
und die Inanspruchnahme des ganzen rechten Nosob- 
ufers für die Deutschen möglich machen. Wie ich 
höre, werden übrigens die Handelszüge auch nach 
dieser Gegend nunmehr wieder aufgenommen werden 
und sind bereits mehrere vorbereitet. Ich zweifle nicht, 
daß die Händler gute Aufnahme und noch besseren 
Absatz finden werden. 
In Obyiheinena, dem Sitze des herdenreichen 
Großmanns Kahimemoa — seit 3 Jahren Missions- 
station (Missionar Lang) —, hatten sich die sämmt 
lichen Großleute des Nosob mit zahlreichem Gefolge 
eingesunden. Zu neunen sind außer Nicodemus vor 
Allem Mambo, Baratjo, Kananzati und Kanajeta. 
An dem Tage unserer Ankunft waren allein von 
außerhalb gegen 400 Hereros zugezogen, sämmtlich 
bewaffnet und in nicht eben friedlicher Stimmung. 
Die Zurückdrängung ihrer Stammesgenossen von der 
zwischen Windhoek und Kowas gelegenen Ritt- 
mannschen Farm, bis wohin zahlreiche Hererowersten 
widerrechtlich vorgeschoben waren, faßten dieselben 
zum Theil als Feindseligkeit auf. Dazu kam, daß 
sie einen Vertreter der deutschen Regierung und 
deutsche Soldaten zum ersten Male sahen. Das 
reservirte und hochfahrende Wesen, das sie anfangs 
an den Tag legten, bestätigte die mir von einem 
dortigen Weißen hinterbrachte kriegslustige Stimmung. 
Dieselbe wich jedoch von Stunde zu Stunde mehr, 
unzweifelhaft durch den Einfluß der Okahandyaleute. 
Indessen konnten sich die Großleute noch nicht ge- 
nügend an die deutsche Oberherrschaft gewöhnen, 
um mich zuerst in meinem Lager zu grüßen. Viel- 
mehr erwartete Kahimemoa, daß ich zuerst käme, 
was ich natürlich nicht that. Vielmehr berief ich 
am zweiten Tage sämmtliche anwesenden Unterkapitäne 
und Großleute zu einer Versammlung nach unserem 
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Lagerplatz, zu der sie alle, wenn auch theilweise 
nach langem Sträuben, erschienen. In der Ver- 
sammlung, die von 320 Hereros besucht war, wurde 
schneller, als ich vermuthen konnte, ein völliges Ein- 
verständniß auf der mit Assa Niarna festgesetzten 
Basis erzielt. 
Von Otyipauc ab soll die Grenze nach dem 
Vertrage den Nosob verlassen und in westsüdwestlicher 
Richtung auf Okapuka zuschneiden. Wir wählten 
den theilweise sehr beschwerlichen Weg am Nosob 
entlang bis zu dem landschaftlich sehr schön ge- 
legenen Otyituesu und zogen von dort durch gutes, 
namentlich für Kleinvieh vorzügliches Weidcland in 
südlicher Nichtung nach Windhock. Auf dieser 
Strecke mußten wir uns darauf beschränken, den 
auch hier sehr dicht sitzenden Hereros ungefähr die 
Grenzpunkte anzugeben, über die sie künftig nicht 
mehr hinaus weiden dürften. Hier wird gelegentlich 
eine Festlegung durch den Feldmesser und die An- 
gabe bestimmter Bergluppen oder Errichtung sonstiger 
Grenzmarken erfolgen müssen. 
Das Resultat der Reise ist in dem beigeschlossenen 
Protokoll niederlegt. 
Um die Hereros, die bei ihrem Biehreichthum 
naturgemäß immer aufs Neue nach Süden vorzu- 
drängen versuchen werden, im Schach zu halten, 
wird sich die Verlegung einer Garnison nach Seeis 
und dem als Station auf dem südlichen Ngami- 
seewege wichtigen und zulunftsreichen Gobabis kaum 
vermeiden lassen. 
Protokoll, betreffend Abreitung der Süd- 
grenze des Hererolandes. 
Die im § 2 des Vertrages betr. Festsetzung 
der südlichen Hererogrenze vom 6. Dezember 1894 
bestimmte Kommission, bestehend aus dem Stell- 
vertreier des Kaiserlichen Landeshauptmanns a. i. 
Regierungsassessor v. Lindequist und dem von dem 
Oberhäuptling Samuel Maharero an seine Stelle 
unter Zustimmung des Landeshauptmanns ernannten 
Unterkapitän Assa Riarua in Okahandya, hat zu- 
sammen mit den Großmännern Inlius, Paulus, 
Wilhelm, Christian, Friedrich Maharero und Hugo 
aus Okahandya in der Zeit vom 21. Dezember bis 
15. Januar die Südgrenze abgeritten und ist dabei 
zu folgender Vereinbarung gelangt: 
1. Die Südgrenze soll von ihrem östlichsten 
Punkte bis zur Höhe von Gobabis mindestens zwei 
Treks (acht Stunden mit dem Ochsenwagen) nördlich 
von einer durch Gobabis gelegten, dem Breiten- 
grade parallel laufenden Linie gehen, von Gobabis 
bis Witvley in gleicher Entsernung von dem die 
beiden Orte verbindenden Wege. 
Die Setzung von Grenzmarken wird vorbehalten. 
2. Von Witvley bis Otyipaue bildet der Nosob 
die Grenze, indeß soll den Hereros vorläufig bis zu 
einem zwischen dem Kaiserlichen Landeshauptmann 
oder seinem Stellvertreter und dem Oberhäuptling
	        
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