der bevorstehenden Versammlung in Otyiheinena ganz
auf meiner Seite zu haben, so stellte ich ihnen in
einer sehr ernsten und längeren Verathung ein
Ultimatum, indem ich, des Einverständnisses des
Majors Leutwein gewiß, als das Aeußerste, was
die Regierung nachgeben könne, den Hereros die
Weidegerechtigkeit auf dem rechten Nosobufer bis zur
Mitte zwischen diesem und dem Seeisfluß bis auf
Weiteres zugestand, während der Nosob als eigent-
liche Grenze festgechalten werden müsse. Dafür ver-
langte ich aber auch, daß sie nunmehr uneingeschränkt
hierfür ihren Stammesgenossen gegenüber eintreten,
widrigenfalls ich mich an mein Zugeständniß nicht
gebunden fühlte, sondern jetzt nach Hause reiten,
aber auf der gänzlichen Räumung des rechten Nosob-
ufers bestehen würde. Dies half. Wenn auch
schweren Herzens erklärten sie sich mit meinem Vor-
schlage einverstanden. Wer gesehen hat, wie dicht die
Hereros an den Ufern des Nosob sitzen und wie stark
ihre Herden sind, wird diese Fristgewährung sicherlich
gerechtfertigt finden. Erst ein andauernder friedlicher
Aderlaß seitens deutscher Händler, wie ihn Witbooi bis
vor drei Jahren alljährlich mit Gewalt unternahm, wird
den Viehbestand auf das richtige Maß zurückbringen
und die Inanspruchnahme des ganzen rechten Nosob-
ufers für die Deutschen möglich machen. Wie ich
höre, werden übrigens die Handelszüge auch nach
dieser Gegend nunmehr wieder aufgenommen werden
und sind bereits mehrere vorbereitet. Ich zweifle nicht,
daß die Händler gute Aufnahme und noch besseren
Absatz finden werden.
In Obyiheinena, dem Sitze des herdenreichen
Großmanns Kahimemoa — seit 3 Jahren Missions-
station (Missionar Lang) —, hatten sich die sämmt
lichen Großleute des Nosob mit zahlreichem Gefolge
eingesunden. Zu neunen sind außer Nicodemus vor
Allem Mambo, Baratjo, Kananzati und Kanajeta.
An dem Tage unserer Ankunft waren allein von
außerhalb gegen 400 Hereros zugezogen, sämmtlich
bewaffnet und in nicht eben friedlicher Stimmung.
Die Zurückdrängung ihrer Stammesgenossen von der
zwischen Windhoek und Kowas gelegenen Ritt-
mannschen Farm, bis wohin zahlreiche Hererowersten
widerrechtlich vorgeschoben waren, faßten dieselben
zum Theil als Feindseligkeit auf. Dazu kam, daß
sie einen Vertreter der deutschen Regierung und
deutsche Soldaten zum ersten Male sahen. Das
reservirte und hochfahrende Wesen, das sie anfangs
an den Tag legten, bestätigte die mir von einem
dortigen Weißen hinterbrachte kriegslustige Stimmung.
Dieselbe wich jedoch von Stunde zu Stunde mehr,
unzweifelhaft durch den Einfluß der Okahandyaleute.
Indessen konnten sich die Großleute noch nicht ge-
nügend an die deutsche Oberherrschaft gewöhnen,
um mich zuerst in meinem Lager zu grüßen. Viel-
mehr erwartete Kahimemoa, daß ich zuerst käme,
was ich natürlich nicht that. Vielmehr berief ich
am zweiten Tage sämmtliche anwesenden Unterkapitäne
und Großleute zu einer Versammlung nach unserem
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Lagerplatz, zu der sie alle, wenn auch theilweise
nach langem Sträuben, erschienen. In der Ver-
sammlung, die von 320 Hereros besucht war, wurde
schneller, als ich vermuthen konnte, ein völliges Ein-
verständniß auf der mit Assa Niarna festgesetzten
Basis erzielt.
Von Otyipauc ab soll die Grenze nach dem
Vertrage den Nosob verlassen und in westsüdwestlicher
Richtung auf Okapuka zuschneiden. Wir wählten
den theilweise sehr beschwerlichen Weg am Nosob
entlang bis zu dem landschaftlich sehr schön ge-
legenen Otyituesu und zogen von dort durch gutes,
namentlich für Kleinvieh vorzügliches Weidcland in
südlicher Nichtung nach Windhock. Auf dieser
Strecke mußten wir uns darauf beschränken, den
auch hier sehr dicht sitzenden Hereros ungefähr die
Grenzpunkte anzugeben, über die sie künftig nicht
mehr hinaus weiden dürften. Hier wird gelegentlich
eine Festlegung durch den Feldmesser und die An-
gabe bestimmter Bergluppen oder Errichtung sonstiger
Grenzmarken erfolgen müssen.
Das Resultat der Reise ist in dem beigeschlossenen
Protokoll niederlegt.
Um die Hereros, die bei ihrem Biehreichthum
naturgemäß immer aufs Neue nach Süden vorzu-
drängen versuchen werden, im Schach zu halten,
wird sich die Verlegung einer Garnison nach Seeis
und dem als Station auf dem südlichen Ngami-
seewege wichtigen und zulunftsreichen Gobabis kaum
vermeiden lassen.
Protokoll, betreffend Abreitung der Süd-
grenze des Hererolandes.
Die im § 2 des Vertrages betr. Festsetzung
der südlichen Hererogrenze vom 6. Dezember 1894
bestimmte Kommission, bestehend aus dem Stell-
vertreier des Kaiserlichen Landeshauptmanns a. i.
Regierungsassessor v. Lindequist und dem von dem
Oberhäuptling Samuel Maharero an seine Stelle
unter Zustimmung des Landeshauptmanns ernannten
Unterkapitän Assa Riarua in Okahandya, hat zu-
sammen mit den Großmännern Inlius, Paulus,
Wilhelm, Christian, Friedrich Maharero und Hugo
aus Okahandya in der Zeit vom 21. Dezember bis
15. Januar die Südgrenze abgeritten und ist dabei
zu folgender Vereinbarung gelangt:
1. Die Südgrenze soll von ihrem östlichsten
Punkte bis zur Höhe von Gobabis mindestens zwei
Treks (acht Stunden mit dem Ochsenwagen) nördlich
von einer durch Gobabis gelegten, dem Breiten-
grade parallel laufenden Linie gehen, von Gobabis
bis Witvley in gleicher Entsernung von dem die
beiden Orte verbindenden Wege.
Die Setzung von Grenzmarken wird vorbehalten.
2. Von Witvley bis Otyipaue bildet der Nosob
die Grenze, indeß soll den Hereros vorläufig bis zu
einem zwischen dem Kaiserlichen Landeshauptmann
oder seinem Stellvertreter und dem Oberhäuptling