bericht für die ganze Zeit des Bestehens des Pro-
tektorats, vom August 1891 bis August 1894, gefolgt.
Zur Ergänzung unserer früheren Mittheilungen?)
entnehmen wir daraus folgende Einzelheiten über
die Entwickelung und die jetzige Organisation der
Verwaltung.
Unsprünglich wurde der Küstenstreisen von einem
auf Fernando Po residirenden Konsul verwaltet,
der dem Festlande so oft einen Besuch abstattete,
als er ein Kanonenboot zur Verfügung hatte.
Da diese Gelegenheit sich aber nur selten bot,
hatte die Verwaltung keine Erfolge aufzuweisen.
Ihr Siß wurde daher etwa vor 12 Jahren auf
das Festland nach Old Calabar gelegt. Aber auch
jetzt noch blieben die einzelnen Flußdistrikte bei dem
völligen Mangel geeigneter Flußfahrzeuge der Ein-
wirkung seitens des Gouvernements fast ganz entzogen.
Jeder Distrikt wurde von einem sogenannten Court
ol Equit) regiert, der sich F den einflußreichsten
und bei der gelegentlichen iasdhehel des Konsuls
die nöthigen Weisungen empfing. Im Februar 1889
wurde Macdonald von dem Foreign Ollice nach
dem Nigerdelta entsandt, um sich über die zweck-
mäßigste Art der Verwaltung des Gebietes zu in-
sormiren. Er bewog in zahlreichen össentlichen und
geheimen Besprechungen die Häuptlinge der einzelnen
Stämme, sich unter das Protektorat Englands zu
stellen.
Im August 1891 wurde demgemäß das englische
Protektorat über das ganze Gebiet der Oelflüsse
proklamirt.
Die jetzige Verwaltungsorganisation zerfällt in
eine Anzahl von Departements. Die eigentliche Ver-
waltung liegt in der Hand von 18 Beamten und
zwar 3 für jeden der 6 Flußdistrikte, einem Vize-
konsul, einem Konsularagenten und einem Beamten
mit richterlichen Funktionen. Sie haben ihren Siß
an den sechs bedeutendsten Handelsplätzen. Das
Amt des Vizekonsuls ist ein sehr wichtiges und ver-
antwortungsvolles. Denn anßer seiner eigentlichen
Verwaltungsthätigkeit, welche in der Pflege der
guten Beziehungen zu den benachbarten Stämmen,
der Eröffnung von Märkten und Verkehrswegen und
in der Aufrechterhaltung der Nuhe und Ordnung in
seinem Distrikt besteht, liegt ihm noch die Verant-
wortung für das Zoll-, Post= und Finanz-Departe-
ment ob. Unter seiner Aufsicht werden die 10 sich
über das ganze Gebiet des Protektorats erstreckenden
Zollämier durch etwa 50 eingeborene Beamte ver-
waltet, die der Goldküste und Sierra Leonc ent-
nommen sind und sich ausgezeichnet bewährt haben.
Eine Postwerwaltung wurde erst mit Beginn des
Proteklorats eingerichtet und den Zollämtern über-
tragen. Die Postbeförderung wird der Natur des
Landes entsprechend durch Kanus vermittelt.
*) Vergl. „Deutsches Kolonialblat“ 1894, S. 83.
189 —
Zum Schutze des Protektorats besteht eine
Truppe von Eingeborenen in Stärke von 450 Mann,
die von 15 englischen und 4 eingeborenen Offizieren
befehligt wird. Den Stamm der Truppe bilden
etwa 200, in Lagos angeworbene Yorubaleute. Bis-
her hat das Gouvernement nur gute Erfahrungen
mit dieser Truppe gemacht. Die dem Protektorat
zur Verfügung stehende Flotte besteht aus einer
Regierungsyacht, einem Flußdampfer von der Klasse
der stern - wheeler, 6 Dampfbarkassen, etwa
40 Flußfahrzeugen und ebenso viel Kanns. Das
Schiffspersonal in Stärke von ungesähr 360 Mann
setzt sich ausschließlich aus Krujungen zusammen.
Eine Verstärkung der Flottille durch Beschaffung von
Schiffen mit geringem Tiesgang ist in Aussicht ge-
nommen.
An der Spitßze des Medizinaldepartements steht
ein Chefarzt, ihm zur Seite 13 ärztlich vorgebildete
Personen. Schließlich besteht auch noch ein botanisches
Departement, dessen Leiter in Old Calabar einen
botanischen Garten angelegt hat und das Interesse
der Eingeborenen dafür durch Vertheilung von
Broschüren in ihrer Sprache und durch Ueberlassung
von Kaffee= und Kalaopflanzen an die Häuptlinge
mit bestem Erfolge zu erwecken versucht.
Derschiedene Wikklzeilungen.
Bericht über die Thäligkeit der botanischen Central=
stelle für die deutschen Kolonien seit dem J. April 1894.7)
1. Der Bestand der in dem Vermehrungshause
vorhandenen Pflanzen ist vornehmlich durch Ankäufe
von Samen und lebenden Pflanzen vergrößert
worden, die der Hauptsache nach von den Firmen
William Brothers in Heneratgoda auf Ceylon,
William Bull in London und Dammann & Co.
in Neapel beschafft wurden.
Außerdem erhielt der botanische Garten tropische
Nuppflanzen in Samen oder lebenden Pflanzen von
Pere Duß in Guadeloupe und von der Agri-
Horticultural Society in Madras.
2. Die Sendungen von Samen enropäischer
Gemüse sowie von tropischen Nubpflanzen in Samen
oder lebenden Pflanzen wurden in gleicher Weise
wie früher fortgesetzt.
Es sind folgende Sendungen abgegangen:
a. An die Marangustation auf dem Kilima-
ndjaro:
Am 13. April 1894 5 Trägerlasten, jede im
Gewicht von 26 bis 27 kg von Samen europäischer
Gemüse- und Kulturpflanzen.
) Vergl. „Deutsches Kolonialblalt“ 1894, S. 354.