Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

auch bei meinen Anforderungen um Nachersatz stets 
milde und wohlwollende Gesinnung als eine vor 
Allem erforderliche Charaktereigenschaft für die her- 
auszusendenden Beamten, Offiziere und Unteroffiziere 
genannt. Schrosse Charaktere lönnen hier die unheil- 
vollsten Folgen hervorrufen. 
Am Morgen des 27. Februar beabsichtigte Major 
Leutwein den Rückmarsch über Keetmanshoop, 
Bersaba, Gibeon und Rehoboth anzutreten und hosfte 
Ende März wieder in Windhoek einzutreffen. 
Dendrik Witbooi. 
Ueber die Eindrücke, die er bei seinem Besuche 
in Gibeon empfangen hat, berichtet Major Leut 
wein unter Anderem: 
Ich habe aus den mehrfachen Unterredungen mit 
Witbooi die Ueberzeugung gewonnen, daß er den 
Verlust seiner Selbständigkeit zwar schwer trägt, daß 
er aber trotzdem nicht gegen sein einmal gegebenes 
Wort sehlen wird. 
Zwei dunkele Puntte sind indessen für ihn in der 
Zukunft noch zu überwinden. Der einc ist die Be- 
friedigung seines unermeßlichen Ehrgeizes, welcher 
etzt in der ihm aufgezwungenen Ruhe seine Be- 
friedigung nicht finden lann: der andere die Existenz- 
rage. Der Stamm ist durchaus verarmt und leidet 
zur Zeit bittere Noth, und nur der Energie des 
Kapitäns Witbooi mag es gelingen, unter solchen 
Umständen Uebergriffe auf fremdes Eigenthum auf 
die Dauer zu hindern. Ich habe dem Stationschef 
in Gibeon gestatict, hülfreiche Hand zu leisten, so 
weit es in seiner Macht liegt. Endgültige Besserung 
in dieser Nichtung stehl erst zu erwarten, wenn der 
Kapitän sich entschließt, seine Leute auseinandergehen 
zu lassen, um in die Dienste unserer Stationen zu 
treten. Bis jeßt leidet er an dem Ehrgeiz, sie zu- 
sammenzuhalten und sic nur der Station Gibcon 
zur Verfügung zu stellen. Das Verhältuiß zwischen 
den Reitern und den Witboois auf der Station 
Gibeon kann ich im Uebrigen nur als ein aus- 
gezeichnetes bezeichnen. 
  
Aus Warmbad. 
In einer Zuschrift an die in Kapstadt erscheinende 
„Südafrikanische Zeitung“ aus Warmbad wird der 
günstige Eindruck, den der Zug des Majors Leut- 
wein nach dem Süden des Schutzgebictes bei den 
Weisßen sowohl wie bei den Eingeborenen hervor- 
gerufen hat, mit warmen Worten anerkannt. Nach- 
dem der Einsender hervorgehoben hat, daß alle vor- 
liegenden Differenzen in Eintracht, Frieden und 
Vertrauen geschlichtet wurden, fährt er sort: „Herr 
Major Lentwein hat eine herzgewinnende Art 
des Verkehrs, mit wem es auch sei. Man fühlt 
es seinen Worten ab, wie sie ehrlich deutsch 
212 
  
– 
gemeint sind. Seinc stattliche Erscheinung thut das 
ihre dazu, um ihn in den Augen der Eingeborenen 
als den großen Kapitäns erscheinen zu lassen. Sein 
Besuch hier wird nach jeder Seite von heilsamen 
Folgen begleitet sein. Die sonst im Lob der Deut- 
schen sehr sparsamen Eingeborenen sagten von ihm: 
„Das ist ein Friedensmann, den man lieb gewinnen 
muß.4 
Einen würdigen Abschluß fand der Besuch durch 
die Abhaltung eines Feldgottesdienstes, der 
Donnerstag, den 28. Februar, morgens 9 Uhr, hier 
stattfand. Als zum Schluß das Lied: Nun danket 
Alle Gott“ unter Begleitung der Militärmusik ge- 
sungen wurde, konnte man sich des Eindrucks nicht 
erwehren, daß hier ein Friedensfest gefeiert wurde, 
wie man es sich würdiger nicht denken konnte. Als 
am Nachmittag desselben Tages der Besuch wieder 
seine Rückreise antrat, hatte sich Alt und Jung zum 
Abschiednehmen eingefunden. Die besten Wünsche der 
Warmbader begleiteten den Landeshauptmann auch 
auf seiner Weiterreise und gipfeln in dem einzigen, 
aber von Herzen kommenden Worte: Auf Wieder- 
sehen!“ 
Ueber die Feier des Geburlstages Seiner Majestät 
des Raisers 
meldet der Major Leutwein Folgendes: 
Der Geburtstag Seiner Majestit des Kaisers 
wurde von der Truppe in Gokhas gefeiert. Die 
beiden Kapitäne Witbooi und Simon Cooper wohn- 
ten auf meine Einladung der Parade mit bei. Auch 
an den lleineren Festanfführungen abends nahm 
Witbooi mit sichtlichem Interesse theil, derselbe be- 
wegte sich in unserem Lager überhaupt zwanglos 
und sichtlich ohnc jedes Mißtrauen, ein Wagniß, das 
er noch vor vier Monaten nicht unternommen haben 
würde. 
Denksäule auf Rap Croß. 
S. M. Kreuzer „Sperber“ hatte den Auftrag 
erhalten, bei Gelegenheit seiner letzten Erholungs- 
reise nach Kapstadt Kap Croß anzulausen, um da- 
selbst die schon früher erwähnte ?) steinerne Denksäule 
zu errichten. 
Vor Kap Croß wurde am 23. Januar d. Js. 
nachmittags geankert, und noch an demselben Tage 
die Säule und das zum Transport und Aufban 
erforderliche Material an das Land geschafft. Am 
24. früh wurde mit dem Transport begonnen, und 
obwohl die schweren Theile eine halbe deutsche Meile 
durch tiefen Sand und bergauf zu transportiren 
waren, sland die Säule um 3 Uhr nachmittags des- 
selben Tages fertig ausgerichtet. 
Die Säule steht in einem Abstande von ctwa 
15 m in ostsüdöstlicher Richtung von dem Holzkreuz, 
*) Vergl. „Deutsches Kolonialblatt“ 1894, S. 432.
	        
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