Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

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Nachrichten aus den deulschen Schukgebieten. 
  
Deultsch · PVstafrika. 
Von der Station Rilimatinde 
berichtet Kompagnieführer Prince unter dem 1. Fe- 
bruar d. Is. Folgendes: 
Nachdem am 1. Januar nach dreistündigem 
Marsch von Useke her die Temben in Konko besetzt 
waren, entließ ich am 5. in Mukunduku die 3. Kom- 
pagnie nebst allen entbehrlichen Trägern zur Küste, 
da die herrschende Hungersnoth einen Unterhalt der 
über 1000 Köpfe zählenden Karawane schlechterdings 
unmöglich machte. Am 9. langte ich in Muhalala 
an, kehrte aber am 11. nach dem zwei Stunden 
rückwärts gelegenen Kilimatinde zurück, das in jeder 
Beziehung ersterem Platze vorzuziehen ist. 
Da wenig Gras, lediglich Kräuter, auf diesen 
Höhen wachsen und Holz, wenn auch überreich und 
in bester Qualität vorhanden, so doch infolge der 
ausgedehnten Kulturlichtung weither geholt werden 
muß, wurde ein einfaches Zeltlager bezogen, das 
allerdings angesichts der Regenzeit mancherlei Un- 
zuträglichkeiten bietet. Infolge derselben sowie der 
Nachwirkungen der Strapazen der eben bestandenen 
Expedition zeigte sich ein ungünstiger Gesundheits- 
zustand bei Weißen wie Schwarzen. 
Am 15. Januar langte die erste Gouvernements- 
karawane für die Station an. An Stelle von 
477 Lasten sind leider nur 179, zumeist Wellblech, 
eingetroffen. Von den übrigen 298 Laslen sind laut 
Mittheilung aus Mpwapwa dort 95 Lasten deponirt, 
die übrigen 203 Lasten liegen längs des Weges 
Dar-es-Saläm—Kilossa—Mpwapwa in Busch und 
Dorf, weil die hungernden Träger weggelaufen bezw. 
vielfach Hungers gestorben sein sollen. Ich bitte das 
Gouvernement, Schritte zu thun, durch neue Träger 
von der Küste die Lasten zu sammeln und hersenden 
zu lassen; eventuell ließe sich dies auch durch Kilossa 
machen. 
Die politischen Verhältnisse im eigentlichen Ugogo 
sind zur Zeit recht günstige, da das ganze Gebiet 
zwischen Uhehe und Unyanyembe, das mehr oder 
minder ein schlechtes Gewissen hat, unter dem Ein- 
druck unserer Erfolge in Uhehe und des Kampfes 
bei Konko steht. 
Nachdem ich drei Mal die Friedensbitten Konkos 
ausgeschlagen, die beiden letzten Male sogar die Ge- 
sandten festgenommen, habe ich schließlich am Kaiserfest 
den nochmals flehentlich erbetenen Frieden gewährt, da 
die Einwohner Konkos ja doch unter dem Drucke 
der Wahehe Nondoas und der unter Kassui strolchen- 
den Krieger des Silke standen. 
Kussenta, nicht Masenta, der größte Häuptling 
in Ugogo, welcher der ehemaligen Station Unyang- 
wira so viel zu schaffen machte, und gegen den vor 
zwei Jahren Feldwebel Erttel fiel, Lieutenant 
v. Bothmer verwundet wurde, hat sich auf Gnade 
  
und Ungnade unterworfen. Jetzt ist dabei erst der 
ganze Umsang des Unfugs, den dieser Häuptling 
getrieben hat, herausgekommen. Nämlich der von 
früheren Europäern des Gouvernements erwähnte 
Masenta bezw. richtig Kussenta hat sich von keinem 
Weißen jemals sehen lassen, sondern stets einen An- 
deren geschickt, der ihn personifizirte, was auch wäh- 
rend der ganzen Dauer der Erhaltung der Station 
Unyangwira durchgeführt worden ist. Jetzt erst ist 
Kussenta selber zum Vorschein gekommen und zwar 
in angstvoller Unterwürfigkeit. Er ist, um einer 
nochmaligen Täuschung vorzubenugen, rekognoszirt 
worden; sein besonderes Kennzeichen ist ein auffallend 
dünner linker Unterschenkel. Er macht einen viel 
besseren Eindruck als sein früherer Doppelgänger, 
der auch mich vor zwei Jahren hier zum Besten 
gehabt hat; und er hat sich augenscheinlich mit der 
Frage der deutschen Herrschaft endgültig abgefunden. 
Zum Keisertage, an dem die befohlene Festparade 
abgehalten wurde, hatte ich von Ujansi bis in die 
Nähe der Marenga Makali die Häuptlinge und 
Sultane u. s. w. auffordern lassen, wodurch eine Ver- 
sammlung zusammengebracht wurde, wie sie Ugogo 
noch nicht gesehen. Da bei dieser Gelegenheit viel- 
fach Ochsen zur Vertheilung kamen, die Häuptlinge 
mit Ochsenbraten und Pombe, die kleinen Leute mit 
gebratenen Ziegen und Ochsen im Freien regalirt 
wurden, war die Stimmung eine lebhaft fröhliche. 
Ueber die landwirthschaftliche wie geographisch= 
politische Lage Kilimatindes möchte ich mich vorerst 
einer Aeußerung enthalten, um an der Hand eines 
vom Lieutenant Engelhardt noch zu liefernden 
Krokis eine deutlichere Schilderung geben zu können; 
Manches benöthigt auch noch einer genaueren Kenntniß 
meinerseits. 
Ein sehr unerfreulicher Umstand ist die herrschende 
Hungersnoth, die auch durch die zum Theil schon ver- 
dorbene diesjährige Ernte nicht erheblich gemildert 
werden wird. Der Marsch von Kuirenga hierher 
war mit der über 1000 Köpfe zählenden Karawane 
eben nur möglich, weil er kriegerischer Natur war 
und die gefundenen Lebensmittel requirirt werden 
konnten. Jebt bin ich naturgemäß ausschließlich auf 
Einkauf angewiesen. Wenn ich auch in Ugogo selbst 
von den noch ängstlichen Leuten Einiges kaufen 
könnte, so muß ich doch in Rücksicht auf die Station 
wie das Land selbst mich solchen Einkaufs enthalten 
und mich an die weiter abliegenden Orte wenden, 
wo bessere Verhältnisse vorliegen sollen. Dem- 
entsprechend habe ich mit der ganzen weiteren Um- 
gebung — bis Kiwere westlich, bis Irangi östlich — 
Verbindungen angeknüpft, aber auch diese Quellen 
versiegen bezw. müssen noch unbenußt bleiben. In 
Turu z. B., wohin ich den Unteroffizier Frahm in 
der Zeit vom 12. bis 25. Januar zweimal zum Ein- 
kauf schickte, entstanden Feindseligkeiten seltens der
	        
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