Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

liulen Oberarm gemacht. Unter den Geimpften be- 
sanden sich 63 Erstimpflinge, 5 „wirkliche“ Wieder- 
impflinge (die 3 Europäer und 2 Farbige) und 
5 Leute, welche wahre Pocken bereits früher über- 
standen hatten. Die Nachschau fand am 17. Fe- 
bruar 1895 statt. 
Von den 53 Erstimpflingen wiesen 44 ein gutes 
Nesultat auf = 83,0 Prozent, und zwar waren bei 
9 Erstimpflingen je 1 Pustel, bei 7 je 2, bei 6 je 3, 
bei 4 je 4, bei 18 je 5 Pusteln entstanden. Dabei 
mag bemerkt werden, daß mehrere Pusleln auf einem 
Impsschnitt nur als 1 Pustel gerechnet wurden. 
Bei den fünf „wirklichen Wiederimpflingen“ war 
das Resultat gänzlich negativ; es hatte sich auf keinem 
einzigen Impfschnitt auch nur 1 Pustel entwidkelt. 
Von den fünf Leuten, welche wahre Pocken be- 
leits überstanden hatten, war ein positives Resultat 
bei vier ausgeblieben; der fünfte Mann aber zeigte 
fünf schön entwickelte Pusteln = 20,0 Prozent. 
3. Auf S. M. Kreuzer „Condor“ wurde 
nach einer Mittheilung des Schiffsarztes am 5. Fe- 
ruar 1895 ein Matrose mit neun Schnitten auf 
den linken Oberarm geimpft. Derselbe zeigte bei 
der Nachschau am 11. Februar 1895 sieben Pusteln. 
Die zweite Lymphportion war in Karlsruhe vom 
Thier entnommen am 9. Februar 1895 und traf in 
Dar-es-Saläm am 5. März 1895 ein. Sie wurde 
zum Theil in Dar-es-Saläm am 7. und 8. März 
1895, zum Theil in Kilwa am 15. März 1895 
verimpft. 
1. Bei der Impfung in Dar-es-Salam 
wurden geimpft 2 Erstimpflinge, 24 „wirlliche Wieder- 
inpflinge“ und 108 Leute, die vordem bereits die 
wahren Pocken überstanden hatten (in Summa 
5 Europäer und 129 farbige Soldaten). Bei jedem 
einzelnen Mann wurden fünf Längsschnitte auf den 
linken Oberarm gemacht. Die Nachschau fand am 
14. März statt. 
Von den beiden Erstimpflingen wies der eine 
zwei schön entwickelte Pusteln auf; bei dem zweiten 
war ein Erfolg nicht eingetreten. 
Bei den 24 „wirklichen Wiederimpflingen“ fand 
sich ein positives Resultat 18 mal, das heißt bei 
75 Prozent, mit in Summa 115 Pusteln. In zwei 
Fällen hatte sich je 1 Pustel, in vier Fällen hatten 
sich je 2 Pusteln entwickelt, in zwei Fällen je 
3 Pusteln, in einem Falle 4 Pusteln, in zwei 
Fällen je 5 und in sieben Fällen mehr als 5 Pusteln 
(bis zu 20). 
Bei den 108 Leuten, welche wahre Pocken bereits 
überstanden hatlen, hatte die diesmalige Impfung bei 
51 ein positives Resultat, dos heißt in 47,1 Prozent 
der Fälle. 10 dieser mit Erfolg geimpften Leute 
wiesen je 1, 4 je 2, 5 je 3, 4 je 4, 4 je 5 und 
24 mehr als je 5 Pusteln auf. 
2. In Kilwa wurden am 15. März 1895 
’9t2 Impfungen vorgenommen, und zwar bei 3 er- 
wachsenen Europäern, 1 Europäerkind, 87 farbigen 
245 
  
Soldaten, 1 farbigen Weibe und 1 farbigen Kinde. 
Darunter waren 5 Personen Erstimpflinge, 9 „wirk- 
liche Wiederimpflinge“ und 78 Soldaten, die wahre 
Pocken bereits überstanden haben wollten. Es wurden 
durchweg sechs einsache 1 cm lange Schnitte auf einen 
Arm gemacht; bei den Kindern je zwei Schnitte auf 
jeden Arm. Die Nachschau sand am 21. März 
1895 statt. 
Leider sind in dem Bericht des Stationsarztes 
bei der Mittheilung des Resullates die einzelnen 
Klassen der Geimpften (Erstimpflinge, Wiederimpflinge 
und pockendurchseuchte Leute) nicht genügend ausein- 
andergehalten. Ein günstiges Resultat wurde bei 
34 Personen, also in 36,9 Prozent der geimpften 
Fälle, konstatirt, mit in Summa 143 Pusteln. Die 
entwickelten Pusteln waren zumeist sehr schön, groß 
und voll und hatten einen reichlichen wasserhellen 
Inhalt. 
Unangenehme Komplikationen wurden in keinem 
einzigen Falle beobachtet. 
Aus den in vorstehendem Bericht angeführten 
Thatsachen und Beobachtungen lassen sich folgende 
Schlüsse ziehen: 
1. Die Lymphe war von ausgezeichneter Be- 
schaffenheit. Das stimmt mit dem bereits mehrfach 
konstatirten und auch diesseits mehrfach berichteten 
Faktum überein, daß Thierlymphe, in Europa frisch 
vom Thier entnommen und alsbald zur Post ge- 
geben, in den Wintermonaten sehr wohl nach Deutsch- 
Ostafrika verschickt werden kann, ohne daß sie durch 
den Transport an Wirksamkeit Einbuße zu erleiden 
braucht. 
2. Die der diesmaligen Impfung unterworfenen 
Leute sind keineswegs mit Rücksicht auf irgend einen 
bestimmten Zweck ausgesucht gewesen. Wenn nun 
unter den geimpften erwachsenen Farbigen eine so 
erstaunlich hohe Zahl von Leuten war, die bisher 
bereits wahre Pocken überstanden hatten bezw. über- 
standen haben wollten, so beweist das, welch eine 
Geißel die Pocken für Ostafrika sind. Erreicht der 
. Afrikaner das Mannesalter, so hat er in der Mehr- 
  
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zahl der Fälle Pocken bereits überstanden. 
Wenn 
man nun bedenkt, daß ein sehr großer Prozentsatz 
der Pockenkranken an der Krankheit zu Grunde geht, 
so dürfte der Ausdruck, „die Pocken dezimiren die 
Bevölkerung Afrikas“, noch als zu milde erscheinen. 
3. Erstammlich ist das Resultat, das die Impfung 
bei den schon durch frühere Pockenerkrankungen durch- 
seuchten Impflingen erzielte. Wenn von solchen 
Impflingen 20,0 Prozent (Bagamoyo), 47,1 Prozent 
und gar 80,0 Prozent (Dar-es-Saläm) ein gutes 
Resultat mit oft zahlreichen Pusteln aufweisen, so 
kann man sich des Verdachtes nicht enthalten, daß 
in der Konstatirung der Thatsache bezüglich der früher 
überstandenen Pocken doch wohl Irrthümer vorge- 
kommen sein können. Die Medizinal-Abtheilung hat 
deshalb auch Rückfragen an die Impfärzte gerichtet, 
von allen Seiten aber die Antwort erhalten, daß die 
gemeldeten Angaben richtig wären. Und in der That
	        
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