Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

beabsichtigen, ihre Fahrten in einigen Monaten ein- 
zustellen. Die Deutsche Ostafrika-Linie sandte dem 
vergrößerten Verkehr entsprechend verschiedene Extra- 
dampfer, die auch größtentheils volle Ladung von 
Sansibar und der Küste erhielten. Die Linie würde 
noch bessere Frachtgeschäfte gemacht haben, wäre die 
allgemeine Lage des Geschäfts nicht so ungünstig ge- 
wesen. Der Passagierverkehr hebt sich ebenfalls 
allmählich, und scheint man in Kapland und Trans- 
vaal diese Dampfer mehr und mehr schätzen zu lernen. 
An dem Schiffsverkehr im Hasen von Mozam- 
bique im Jahre 1894 waren die einzelnen Nationen, 
wie folgt, betheiligt: 
Segelschifsfe. Dampfschiffe. 
Brutto= Brutto= 
Anzahl Res „Tonn. Anzahl Reg.-Tonn. 
deutsche 324 52 97400 
britische 1142 34 107 077 
französische 1 267 2 2358 
norwegische 2 644 — — 
Generalgouvernement des französischen Westafrika. 
Die französische Regierung hat ihre Besitzungen 
in Westafrika: Sncgal, Sondan, Guinêe frangaise 
und Cöte d'Jvoire einem Generalgomerneur in der 
Person des Veneralinspektors Chaudic“ unterstellt. 
Jede der Kolonien behält übrigens ihre eigene Organi- 
sation und ihren Gouverneur. Dahomey bleibt 
selbständig, der dortige Gonverneur muß aber Ab- 
schriften aller seiner politischen und militärischen Be- 
richte dem Generalgouverneur übermitteln. 
Dem Letteren steht ein eigener militärischer 
Oberkommandant zur Seite. 
Eisenbahnbau in portugiesischen NRolonien. 
Zeitungsnachrichten zufolge ist in San Paulo de 
Loanda die neuerbaute Eisenbahn bis zu der 303 km 
entsernten Station Queta erössnet worden. 
Perschiedene MWittheilungen. 
Uutzpflanzen Ostafrikas. 
Nach Mittheilungen des Herrn Professors 
Dr. Engler hat die Analyse des Fettes von Stearo- 
dendron Stuhlmannii, eines in Ostafrika ein- 
heimischen Gewächses, das Resultat ergeben, daß 
dasselbe sehr wohl zur Anfertigung von Stearin- 
kerzen geeignet ist. 
Eine genaue Veröffentlichung der Analyuse wird 
demnächst erfolgen. 
Des Ferneren theilt Herr Professor Dr. Engler 
mit, daß in dem demnächst erscheinenden Werke „Die 
Pflanzenwelt Ostafrikas“ der Beschreibung der Faser- 
pflanzen ein besonderes Kapitel gewidmet werden 
wird. Einer vorläufigen Beschreibung der der Ent- 
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faserung der Fourcroya= und Agaveblätter dienenden 
Maschinen ist Folgendes zu entnehmen: 
Zur Gewinnung der Fasern aus den Blättern der 
Fourcroya gigantea ist auf Manritius eine 
Maschine im Gebrauch, welche dort als „Gratte“ be- 
kannt ist. Sie scheint den Ansprüchen der Pflanzer 
zu genügen und wird nach mehreren fehlgeschlagenen 
Versuchen mit anderen Maschinen in den letzten zehn 
Jahren wohl ausschließlich dort verwendet. 
Die Maschine wird auf Mauritius von allen 
Maschinenfabriken, hauptsächlich von den „Forges 
ct Fonderies de Mauricce“ hergestellt. Die Kosten 
derselben betragen etwa 250 Rs. (nach einer anderen 
Angabe kostet die Maschine (wahrscheinlich mit allen 
Nebenausgaben] 30 Pfd. Sterl.). Sie wird mit 
Dampf= oder Wasserkraft getrieben und erfordert 
drei Pferdekräfte. Zur Bedienung sind zwei Mann 
nöthig, außerdem zwei Mann zum Heranschaffen der 
Blätter und Wegbringen der Fasern. Die Leistung 
der Maschine bezisfert sich pro Arbeitstag (8 Stunden) 
auf etwa 350 kg Blätter, welche etwa 100 kg 
trockene Faser liefern. Die aus der Maschine kom- 
mende Faser wird sofort in warmes Wasser (60 bis 
80° C.) gebracht, dort darin etwa zwei Stunden 
belassen und darauf an der Sonne getrocknet. Neuer- 
dings behandelt man die Faser mit kaltem Wasser 
und Seife (letztere ungefähr 2 bis 3 pCt. der feuchten 
Faser) und erzielt dadurch ein schönes weißes Pro- 
dukt. Schließlich muß die Faser noch von dem an- 
hängenden Gewebe und Staube gereinigt werden, 
und dies geschicht durch eine Maschine, die ähnlich 
der Gratte konstruirt ist. Da der ausfließende Saft 
der Blätter sehr beißend und ätzend ist, müssen die 
Hände der Arbeiter durch Lederhandschuhe geschützt 
werden, eine Ausgabe, welche bei der Berechnung der 
Produktionskosten ziemlich ins Gewicht fällt. 
Zur Gewinnung der Faser aus der Sisal-Agave 
(Agave rigida var. sisalana) ist in Mukatan der 
sogenannte Raspador allgemein im Gebrauch. Zwei 
Arbeiter sollen mit derselben ungefähr 7000 Blätter 
pro Tag entfasern können. 
Beide Maschinen, die Gratte für Fourcroyn und 
der Raspador für Agave, sind verhältnißmäßig primitiv. 
Die Blätter müssen mit der Hand der Maschine zu- 
geführt werden, und bei der Entkfaserung ist ein be- 
trächtlicher Verlust an Material vorhanden. Jedoch 
sind bisher beide Maschinen, erstere in Mauritius, 
letztere in Yukatan fast ausschließlich in Gebrauch. 
Neuerdings hat man augefangen, größere Ma- 
schinen von 10 bis 12 Pferdekräften zu konstruiren, 
welche verhältnißmäßig leistungsfähiger sind, weil sie 
die zu entfasernden Blätter sich selbst zuführen. Die 
Versuche über die praktische Verwerthbarkeit sind aber 
noch nicht ausreichend, um ein endgültiges Urtheil 
darüber sällen zu können. Die Angaben über die 
tägliche Arbeitsleislung sind mit Vorsicht aufzunehmen, 
da sie zum Theil nur auf den Anpreisungen der 
Fabrikanten beruhen. Da, wo sie in Mukatan auf 
den Plantagen eingeführt sind, werden noch einige
	        
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