Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Der Bau der Usambara-Linie ist im Betriebs- 
jahre und in den ersten Monatken des laufenden 
Jahres erfreulich vorangeschritten. Bis zum Herbst 
1895 wird Muhesa, wo der Aufsticg aus der Ebene 
in das Handeigebirge beginnt, von der Eisenbahn 
vermuthlich erreicht sein, und man wird alsdann, da 
bis dahin von uns auch der breite Gebirgsweg für 
Reiter und Fuhrwerk fertiggestellt sein wird, von 
Tanga aus auf die Handeihöhen ohne Beschwerde 
in einem einzigen Tage gelangen. Die Kosten des 
Bahnbaues Tanga—Muheso sind infolge der schwie- 
rigen natürlichen Verhältnisse über den Voranschlag 
nicht unbeträchtlich hinausgegangen; das Kapital der 
Eisenbahngesellschaft wird durch die Herrichtung der 
genannten Strecke voll in Anspruch genommen werden. 
Nach einstimmigem Urtheil aller Kenner der Ver- 
hältnisse ist, soll die Usambara-Linie ihren Beruf 
voll ersüllen und zur Rentabilität kommen, ihre Fort- 
führung bis Korogwe unbedingt erforderlich. Der 
Frage der Geldbeschaffung für diese Fortführung 
wenden wir alle Aufmerksamkeit zu und vertrauen 
dabei, da es sich um eine Angelegenheit von vor- 
wiegend öffentlichem Interesse handelt, auf die prak- 
tische Mitwirkung der Kaiserlichen Negierung, für 
die sich auch der Kolonialrath bei seiner letzten Tagung 
einmüthig erllärt hat. 
Unsere Handelsthätigkeit hat im Berichtsjahre 
sowohl in Deutsch-Oslafrika als auch auf Madagaskar 
erfreuliche Erfolge erzielt. Die Faktoreien auf dem 
deutsch-ostafrikanischen Festlande haben trotz der ge- 
drückten allgemeinen Geschäftslage mit Nutzen gear- 
beitet. Das Hauptgewinn= und Verlustkonto Berlin 
weist einen Gewinn von 226 933 Mark auf, welcher 
Betrag folgende Verwendung finden soll: zur Rück- 
lage 10 pCt. von dem Erträgniß des Jahres 1894, 
also abzüglich des Vortrages aus 1893, 14 936,50 
Mark, auf Kursrücklagekonto 40 000 Mark, auf Del- 
krederekonto 40 000 Mark, auf Feuerschaden-Rücklage- 
konto 50000 Mark, 5 pCt. Dividende auf 1893000 
Mark Vorzugsantheile mit 25 pPpCt. Einzahlung 
23 662,50 Mark, Vortrag auf neue Rechnung 
58 334,11 Mark. 
Abnahme der bungersnoth. 
Nach einem Berichte des in Lindi kommandirenden 
Kompagnieführers Lieutenants Kielmeyer war die 
Hungersnoth im dortigen Hinterlande bereits Ende 
Mai so gut wie vorüber. Doch machten sich noch 
einzelne Heuschreckenschwärme bemerkbar. 
Ramernn. 
Revision der 5oll= und Dandelsverbältnisse. 
Der Zolldirektor Scheffler hat an Bord S. M. 
Schisf „Hyäne“ Ende April und Anfang Mai eine 
Bereisung des südlichen Theiles des Schutzgebietes 
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vorgenommen und dort sämmtliche Zollstellen und 
Faktoreien zwischen Campobucht und Klein-Batanga 
revidirt. 
Ueber Raffeeproben aus dem botanischen Garten 
in Lictoria, 
welche aus westindischem, in Sao Thoms erzeugten 
Kaffeesamen gezogen worden sind, hat Herr Ludwig 
Bing, Inhaber der Firma A. Zuntz sel. Wwe. fol- 
gendes Gutachten abgegeben: 
„Der Kaffee ähnelt echt arabischem Mocca, wenn 
auch ein größerer Theil der Bohnen etwas volumi- 
nösere Form hat als echter Mocca. 
Das Röstprodukt ist von vorzüglichem, kräftigem 
Geschmack, und darf daher der Kaffee als ein durch- 
aus brauchbares, marktgängiges Produkt bezeichnet 
werden, das zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. 
Den Werth der Rohwaare würde ich auf 1 Mk. 
per ½ Kilo unverzollt bemessen. Ich kann diesen 
Preis als einen nicht zu hoch taxirten bezeichnen. 
Ich kann nur noch einmal wiederholen, daß ich 
über die Güte des Kassees sehr überrascht war. 
Da die Kultur in Victoria eine sehr sorgfältige 
ist, müßte bei nächster Ernte die Bereilung nach west- 
indischer Art. welche dem Kaffee den Charalter des 
immer seltener werdenden feinen Ceylon-Kaffees giebt, 
und die daher sehr lohnend ist, wohl auch ein gutes 
Nesultat zeitigen, und dürfte daher ein Versuch nach 
dieser Richtung wohl zu empfehlen sein.“ 
Togv. 
Besuch S. M. Rrenzer „Sperber“. 
Der Kreuzer „Sperber“ hat am 14. Mai d. Is. 
die Rhede von Klein-Popo angelaufen und ist von 
da am 16. Mai nach Lome gefahren. Im ganzen 
Schutzgebiete herrscht vollständige Ruhe, und der 
Handel zeigt das erfreulichste Gedeihen. 
Dandelsentwickelung. 
Der Handel Togos hat sich im abgelaufenen 
Etatsjahre wiederum erfreulich entwickelt. Nach 
einem vorläufigen Ueberschlage hat die Einfuhr in 
der Zeit vom 1. April 1894 bis 1. April 1895 
einen Werth von 2 607 180 Mk. besessen, während 
die Ausfuhr auf 2 871 314 Mk. geschäht wird. Im 
Vorjahre betrug die Einfuhr 2 558 744, die Ausfuhr 
3211 433 Mk. Die letztere hat aber damals 
infolge des Dahomeyseldzuges eine bis dahin nie 
erreichte Höhe gehabt, die höchste Zisser im Jahre 
1892,93 betrug nur 2214772 Mk. Die Summe 
der im letzten Jahre unter normalen Verhältnissen 
staltgehabten Ausfuhr ist daher sehr erheblich 
und beweist, welch segensreichen Einfluß die Wege- 
bauten im Togogebiete auf die Förderung der Zu-
	        
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