Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Im Februar hatte ich auf der Station noch sehr 
viel zu thun, um die recht verfallenen Gebäude erst 
wieder in einen solchen Stand zu bringen, daß sie 
die nächste Regenzeit ordentlich überstehen. Ich 
konnte daneben nur einen kleineren Versuchsgarten 
anlegen. In der darauf folgenden Zeit habe ich 
dann mit fast nie mehr als 10 bis 12 Arbeitern 
einige kleine Stücke Land gerodet und mit etwas 
Mais, Koko und Erdnüssen bepflanzt und ein Hühner- 
haus gebaut, während ich augenblicklich noch einen 
schönen Arbeitsschuppen baue, worin der noch kom- 
mende Zimmermann und auch die Arbeiter in der 
Regenzeit arbeiten und allmählich die Theile für 
mein neues Wohnhaus fertigstellen können. In acht 
Tagen werde ich den Arbeitsschuppen fertig haben 
und will dann noch bis zur Ankunft des Zimmer= 
manns Land roden lassen, um Maniok und Bananen 
für die Leute zu pflanzen. Ich hoffe, daß ich in 
14 Tagen etwa einen Theil Yaündearbeiter hierher 
bekommen werde. Die Station kann bei dem herr- 
lichen Boden, der hier ist, mit der Zeit eine recht 
blühende werden und werde ich, wenn ich erst das 
schon früher bestellte Vieh, Samen und Pflanzen 
erhalte und mehr Arbeiter hier sind, die Verpflegung 
der Stationsleute von der Station aus zu besorgen 
im Stande sein und mit der Zeit Vieh auf dem 
dann auch ganz hergestellten Wege nach der Küste 
hinschaffen können, so daß die dort lebenden Beamten 
auch werden frisches Fleisch essen können und dann 
auch weniger der im Allgemeinen in Menge genossenen 
schädlichen Konserven bedürfen werden. 
Die Eingeborenen verhalten sich im Allgemeinen 
wieder ruhiger, obwohl sie vor Kurzem mal wieder 
„Lo“ gemacht hatten, das heißt nichts von Lebens- 
mitteln an die hier wohnenden Händler verkauften, 
da diese, wie sie sagten, nur mit ihren Karawanen 
durch diese Gegend durchziehen und kein Geld noch 
Waarec hier ließen. Ich ließ die Häuptlinge auf- 
fordern, indem ich ihnen das Schädliche ihres Trei- 
bens auseinanderseßte, das Lebensmittelverbot, das 
sehr strikt in der ganzen Gegend durchgeführt war, 
wieder aufzuheben. Sie ließen sich auch bereden, 
so daß jetzt wieder Alles in Ordnung ist. 
  
Beisetzung des Dauptmanns v. Gravenreuth. 
Am 15. Juni d. Is. sand auf der Joßplatte in 
Kamerun die feierliche Beisetzung der sterblichen Ueber- 
reste des Königlich Bayerischen Hauptmanns Karl 
Freiherrn v. Gravenreuth statt. Als Gravenreuth 
am 5. November 1891 beim Sturm auf Bus#a ge- 
fallen war, wurde der Leichnam vorläufig bei Buca 
bestattet, Herz und Kopf aber nach Kamerun gebracht 
und neben dem Denkmal Nachtigals auf der Joß- 
platte beigesetzt. Nachdem inzwischen dem Verstor- 
benen von seiner Familie und seinen Freunden ein 
Denkmal auf der Joßplatte gesetzt worden ist und 
seine Gebeine nach der zweiten Erstürmung Busas 
  
383 — 
am 22. Dezember v. Is. durch die Kaiserliche Schutz- 
truppe nach Kamernn überführt worden sind, ließ 
der stellvertretende Gouverneur Herr v. Puttkamer 
im Einklange mit den Wünschen der Hinterbliebenen 
Gravenreuths dessen sterbliche Ueberreste vor dem 
Denkmat feierlich beisetzen. Die Theilnahme beinahe 
sämmtlicher in Kamerun ansässiger Europäer, die 
Mitwirkung der Kaiserlichen Marine und der Kaiser- 
lichen Schutztruppe gestalteten die Feier zu einer 
würdigen Kundgebung. In der großen offenen Halle 
des Gouvernementsgebäudes, welche, mit Palmen, 
Blumen und Flaggen geschmückt, für die kirchliche 
Feier hergerichtet war, wurde am Morgen des 
15. Juni der Leichnam vor einem Altare aufgebahrt. 
Um 8 Uhr vormittags begann der Gottesdienst, an 
welchem neben dem stellvertretenden Gouverneur und 
sämmtlichen Beamten des Gouvernements, dem Kom- 
mandanten und dem Offizierkorps S. M. Krenzer- 
korvette „Sperber“, dem Stellvertreter des Komman= 
deurs der auf der Expedition in Yaunde befindlichen 
Kaiserlichen Schutztruppe, den Vertretern der Basler 
Mission und einem Kommando Matrosen sowie der 
Kapelle von S. M. Kreuzer „Sperber“ beinahe alle 
zur Zeit in Kamerun anwesenden Europäer theil- 
nahmen. Die Messe wurde, da der apostolische Prä- 
sekt, Pater Vieter in Kribi, verhindert war, von 
dem Vorstand der katholischen Mission in Marien- 
berg, Pater Walther, unter Assistenz eines zweiten 
Priesters mit eingeborenen Ministranten celebrirt. 
Nach Schluß des Gottesdienstes wurde der Sarg in 
feierlichem Zuge, getragen von vier Soldaten der 
Kaiserlichen Schutztruppe, unter den Klängen des 
Chorals „Jesus meine Zuversicht“, nach dem Denkmal 
überführt. Vor dem Gouvernementsgebäude war die 
Polizeitruppe, am Grabe die Kaiserliche Schuttruppe 
in Paradcaufstellung angetreten. Die Feier am Grabe 
selbst wurde durch den stellvertretenden Gouverneur 
Herrn v. Puttkamer durch eine Ansprache eingeleitet. 
Es folgten die kirchlichen Ceremonien, und der 
Sarg wurde, nachdem Pater Walther den Segen 
über denselben gesorochen, unter dem Feuer der von 
der Kaiserlichen Schutztruppe abgegebenen Ehrensalven 
ins Grab gesenkt. Hierauf ergriff der stellverlretende 
Gouverneur noch einmal das Wort, um mit einem 
dreifachen Hurrah auf den obersten Kriegsherrn Se. 
Maj den Kaiser und unter den Klängen der National= 
hymne die Feier zu schließen. Der Löwe auf dem 
Denkmal, der bis jebt dem Gebirge abgewandt war, 
ist jetzt umgedreht worden, so daß er fortan hinüber- 
blickt nach dem bezwungenen Busa, wo einst Gra- 
venreuth seinen Heldentod gefunden. 
Deutsch-Südwelkafrika. 
Sur Charakteristik Hendrik Witboois 
wird uns nachträglich ein interessantes Schriftstück 
mitgetheilt, das der trohige Hottentottenhäuptling 
unter dem 17. August v. Is. unmittelbar vor den
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.