Buschmesser hergestellt, und Matten verfertigt wurde.
Ohne auf das Einzelne der hierbei gemachten Er-
fahrungen einzugehen, sei hervorgehoben, daß ich durch
die mir von Seiten der Nyasosoleute gewordene Bei-
hülfe, durch ihre Willigkeit und ihr Geschick bei der
Arbeit sowie durch ihre leicht zu befriedigenden An-
sprüche aufs Angenehmste überrascht wurde. In
wenigen Tagen halte ich 80 Balken und gegen
500 Bretter, welche mit dem Buschmesser sehr müh-
sam herzustellen waren, zur Hand. Ein 6m langer
Balken galt 1 bead Tabak, und Breiter wurden mit
Blechbüchschen Zündhölzern, Kämmen, Messern, Perlen,
Tabak, Zeugen u. s. w. im Werthe von 5 bis 30 Pf
pro Stück bezahlt. Zur Arbeit auf dem Bauplatze
stellten sich ebenfalls immer Arbeiter genng ein, die
um einige Blätter Tabak meist ein ansehnliches Stück
Arbeit lieferten. Es siellt ferner der Geschicklichkeit
dieser Leute ein günstiges Zeugniß aus, daß es
möglich war, ohne sachverständigen fremden Arbeiter
ein ganz anständiges Bretterhäuschen mit drei Zim-
mern von je 4 zu 4½ m Fläche allein mit diesen
Leuten in wenigen Wochen fertig zu slellen. Obwohl
die Sprachschranke sehr hindernd im Wege stand, so
war ihnen doch unschwer etwas begreiflich zu machen
und erhielt ich von ihnen durchaus nicht den Eindruck
eines stupiden Volkes. Ueberhaupt konnte mich trotz
anfänglicher Schwierigkeiten und Feindseligkeiten der
Charakter des Nkosivolkes keineswegs abschrecken, viel-
mehr habe ich schon vor zwei Jahren und noch mehr
bei meinem diesmaligen Aufenthalt einen günstigen
Eindruck von ihnen empfangen und sie als Menschen
kennen gelernt, mit denen ein friedlicher Umgang
leicht zu gewinnen ist und die voraussichtlich auch
für geistliche Unterweisung und sonstige vernünftige
Belehrung unschwer zugänglich sein dürften. Jeden-
falls erwecken sie nicht von vorneherein den Eindruck
eines siumpf und interesselos sich gegen alles Neue
und Fremde abschließenden Volkes. Daß jedoch der
tief eingewurzelte, das öffentliche wie private Leben
beherrschende grenzenlose Aberglaube noch manchmal
mit den neu aufzunehmenden Anschauungen in Kollision
gerathen wird, läßt sich kaum anders erwarten.
Es ließ sich in dieser Hinsicht Folgendes ermitteln:
Im Jahre 1888 oder 1889 passirte Dr. Zintgraff
das Nkosiland und fand beim Nyasosohäuptling gast-
freundliche Aufnahme. Bald darauf starb dieser
Häuptling, und die Schuld daran wurde dem Dr.
Zintgraff zugemessen; dieser soll „des Häuptlings
Seele gegessen und nach dem Westen genommen“
haben. Ja dieser Fall erschien dem RNkosivolk von
solcher Bedeutung, daß öffentliche Berathung darüber
stattfand, wie sie sich bei weiteren Besuchen von Euro-
päern verhalten sollen. Die Mehrzahl der Dörfer
stimmte für Abweisung derselben. Nyasoso stimmte
auffallenderweise für freundliche Aufnahme, ebenso
noch einige wenige unbedeutende Dörfer. Im Jahre
1893 erhielten sodann die Rkosilente zum ersten Mal
wieder Gelegenheit, ihre Gastfreundschaft dem Euro-
päer gegenüber zu erproben. Eine aus 5 Weißen
487 —
und 30 Schwarzen bestehende Reisegesellschaft fand
während eines zweitägigen Aufenthaltes im Dorfe
Mbula — zwischen Ngab und Nyasoso gelegen —
gastfreundliche Aufnahme, doch mag die ansehnliche
Zahl dieser Gesellschaft, welche auch mit einigen
Wassen versehen war, so viel Respekt eingeflößt haben.
Jedenfalls hielten es die Mbulaleute damals, entgegen
ihrem früher ausgesprochenen Grundsatze, für weiser,
gastfreundlich zu sein. Als ich jedoch bald darauf
allein mit einigen Schwarzen und ohne Waffe nach
Mbula kam, wo ich mich einige Zeit aufzuhalten ge-
dachte, machte man mir gleich von vorneherein mein
Bleiben dadurch unmöglich, daß mir die Leute an
Nahrungsmitteln rein nichts verkauften. Ich gedachte
nach den großen Dörfern Sundem und Ngombo zu
ziehen, hatte ich ja doch von der Stimmung im
Lande nicht die geringste Ahnung. Unterwegs wurde
ich von den Nyasosolenten aufs Freundlichste gebeten,
bei ihnen wenigstens einen kurzen Aufenthalt zu
nehmen, was ich mir gefallen ließ. Ehe ich aber
von hier weiterreisen konnte, kam von den landein-
wärts liegenden Dörfern Botschaft über Botschaft,
die mir mittheilten, daß ich mich nicht unterstehen
solle, zu ihnen zu kommen. Aus Bitten des Nyasoso=
häuptlings Sona, der ein junger Mann von wirklich
edlem Charakter war, der mich auch über den wahren
Grund der Abweisung dieser Dörfer und über Mbulas
Handlungsweise aufklärte, stand ich denn auch von
meinem Plane ab und entschloß mich, mein Stand-
quartier in Nyasoso aufzuschlagen, welches mir mehr
und mehr als ein für eine Missionsstation sehr ge-
eigneter Platz erschien.
Mit den besten Hoffnungen kehrte ich damals
von Nyasoso nach mehrwöchentlichem Aufenthalt zu-
rück. Doch unglückseligerweise wurde im August
v. Is. der edelgesinnte Häuptling Sona von kurzer
Krankheit dahingerafft, was für das ganze Nkosiland
ein nicht minder großes Ereigniß war, als der Tod
seines Vorgängers. Der schon bei Dr. Zintgraff
geglaubte todbringende Zaubereinfluß des Weißen
war nun zur Evidenz erwiesen. Es stand Allen fest,
daß ich „Sonas Seele gegessen und mit fortgenommen
habe". Diesmal konnten sich auch die Nyasosoleute
dieser Ueberzeugung nicht mehr ganz verschließen,
und wäre nicht der sehr verständige und wohlgesinnte
junge Bruder des Verstorbenen, Jebe, der aus den
Schicksalsschlägen nicht dieselben Schlußfolgerungen
seines Volkes zog und trotz Allem dem Europäer
freundlich gesinnt blieb, an Sonas Stelle getreten,
eine friedliche Aufnahme in Nyasoso hätte ich in
diesem Jahre kaum zu erwarten gehabt. Daß ich
Sona getödtet hätte und daß ich gekommen sei, „noch
mehr Seelen zu essen“, wurde mir offen ins Gesicht
gesagt. Wenn es mir schließlich gelang, in Nyasoso
sesten Fuß zu fassen, so fällt hiervon dem Einfluß
Jebes das Hauptverdienst zu. Er hat das Möglichste
gethan, unsere Niederlassungen zu bewerkstelligen und
die hierzu nöthigen Schritte zu beschleunigen.
Neben diesen abergläubischen Gründen gaben die