Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

findet sich in allen Fällen von Surra im Blute 
der erkrankten Thiere, und eine Ueberimpfung des 
Blutes überträgt nur dann die Krankheit, wenn die 
geformten Elemente nicht aus diesem entfernt wor- 
den sind. 
Die Krankheit verläuft ähnlich wie die menschliche 
Malaria, das heißt in fieberhaften Parorxysmen und 
fieberfreien Intervallen, und ebenso wechselt, dem 
Verhalten der Malariaamöben entsprechend, innerhalb 
und außerhalb der Ansälle das Gehalt des Blutes 
an Parasiten, bezw. deren Form und Entwickelungs- 
zustand. 
Heilmittel sind unbekannt, doch wird dem 
Arsenik eine verzögernde Krast zugeschrieben; die 
Parasiten sollen dauach an Zahl abnehmen, ja in den 
„reifen“ Formen zeitweilig ganz verschwinden. Hallen 
läßt es in Zweisel, ob der schließlich doch eingetretene 
Tod nicht etwa eine Folge von Arsenikvergistung 
gewesen sei. und erklärt deshalb weitere Laboratoriums- 
experimente für nöthig. Auch sehlt es noch an der 
mikroskopischen Feststellung der Veränderungen, die 
die Gewebe der einzelnen Organe bei dieser Krank- 
heit erleiden. 
In Heft 19 des Jahrganges 1893 wird das 
Vorkommen von Milzbrand bei Pferden und Rin- 
dern in Indien erörtert. Es werden eine Reihe von 
Berichten der beamteten Thierärzte mitgetheilt, aus 
denen hervorgeht, daß in allen Präsidentschaften In- 
diens der Milzbrand bei Pferd und Rind (und auch 
dem Schaf) vorkommt, und zwar in seinen beiden 
Formen, der inneren — dem Eingeweide= oder all- 
gemeinen Milzbrand — und der äußeren — dem 
karbunkulösen oder lokalisirten Milzbrand. Die Be- 
richte sind durch eine Denkschrift Mr. Mukerjis 
veranlaßt, in der dieser darauf aufmerlsam macht, 
daß unter dem Namen „Anthrax“ (Milzbrand) in 
Indien sowohl Fälle von wirklichem Milzbrand als 
von Nauschbrand gehen. Die meisten Beobachter 
sind mit ihm darin einverstanden, daß beide Krank- 
heiten, Milzbrand und Rauschbrand, nebeneinander 
vorkommen und daß der Milzbrand weit verbreitet 
sei. Thierarzt J. A. Nunn aber, der Anfang der 
achtziger Jahre zur Erforschung der afrikanischen 
Pferdesterbe nach Südafrika entsandt war und diese 
als Fieber vom Malariatypus gedeutet hatte,# ) hält 
auch einen Theil der in Indien bei Pferden als 
„Anthrax“ angesprochenen Fälle für solches Fieber. 
Der Principal Veterinary Surgeon in India, 
G. A. Oliphant, macht übrigens in seinen Schluß- 
*) Anm. des Ref. Nunn erklärt zwar die Pferde- 
sterbe für außerordentlich dem Milzbrand ähnlich, will sie 
jedoch nicht als solchen anerlennen, weil die Thiere wieder- 
holt von ihr befallen werden bönnten, und weil die Ueber- 
impfung der Krankheit von einem kranken auf ein gesundes 
Pferd unmöglich sei. Diese Gründe sind aber nicht siich- 
haltig, denn sogar bei dem experimentell erzeugten Milz- 
brande kommt Wiedererkrankung — natürlich ohne daß die 
Insektionsmenge erhöht wurde — unter Umständen vor; 
und die direkte Ueberimpfung der Krankheit ist inzwischen 
Dr. Ebington, dem Bakteriologen des veterinär land= 
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bemerkungen mit Recht darauf aufmerksam, daß eine 
Verwechselung von Milzbrand und Rauschbrand bei 
miikroskopischer Untersuchung ausgeschlossen sei. 
Wenn auch ein Einzelner unter den berichtenden 
Thierärzten noch die alte überwundene Meinung 
vertritt, nasses verdorbenes Gras allein könne Milz- 
brand hervorrufen, und von einer Infektion oder 
Kontagion nichts wissen will, so erkennen doch alle 
anderen die bedeutungsvolle Rolle an, die dem Milz- 
brandbazillus bei der Entstehung dieser Krankheit 
zukommt. Viele heben ausdrücklich die Gefahr hervor, 
daß durch Nichterkennung der einzelnen Fälle und 
ungenügende Beseitigung der Kadaver neue Seuchen- 
herde geschaffen werden können. Deshalb verlangen 
sie auch den mikroskopischen Nachweis des Krankheits- 
erregers in den gefallenen Thieren. Für die Ent- 
scheidung, ob es sich bei in Frage stehenden Vieh- 
seuchen Indiens wirklich um Milzbrand und 
Nauschbrand handele, fordern die bakteriologisch 
Geübteren unter ihnen mit Recht den vollen bakte- 
riologischen Nachweis durch Reinzüchtung und Thier- 
versuche und beklagen es lebhaft, daß diese Forderung 
bisher aus Mangel an Apparaten oder geübten 
Untersuchern noch nicht erfüllt worden ist. 
Mr. Mukerji schlägt in seiner Denkschrift zur 
Bekämpfung dieser Seuchen die Einführung der 
Pasteurschen Schutzimpfung vor. Die meisten 
Berichterstatter erklären sich, entsprechend dem oben 
gezeichneten Standpunkle, für die Einführung solcher 
Maßnahmen; der einc, der sich dagegen erklärt, thut 
dies nur, weil in seinem Bezirk der Milzbrand keine 
solche Ausdehnung erlangt habe, um ein so theueres 
Verfahren zu rechtfertigen. 
Am prezisesten drückt G. A. Nunn seine Stellung 
zu dieser Fragc in folgenden Säßen aus 
„I. Es ist erwiesen, daß bei Thieren die Schut= 
impfung gegen Milzbrandkrankheiten Ersolg haben 
kann und in Frankreich und Deutschland auch that- 
sächlich schon gehabt hat; sie wird zweifellos dasselbe 
in Indien leisten. 
2. Da die künstlich hergestellten Impfflüssigkeiten 
leicht Veränderungen unterliegen, werden sie nicht 
ungefährdet importirt werden können, sondern besser 
in Indien selbst hergestellt werden. 
3. In Anbetracht dessen, daß sie bei ihrer Her- 
stellung eine sorgfältig zu überwachende Entwickelung 
durchzumachen haben und in Rücksicht auf die ver- 
derbenbringende Wirkung, wenn dabei etwas versehen 
worden ist, ist ein besonderes Laboratorium unter 
wirthschaftlichen Instituts in Grahamstown, Kapkolonie, 
gelungen. Mit Malaria hat auch die Pferdesterbe eigentiich 
gar keine Aehnlichkeit. Ein dritter Einwand, den Nunn 
macht: der einsache mikroskopische Nachweis von Stäbchen 
in den Organsästen sei nicht ausreichend für eine Diagnose, 
ist nunmehr auch durch des Nef. Untersuchungen beseitigt, 
dem es gelang, Neinlulturen von Milzbrandbazillen aus 
den Organen an der Sterbe gefallener Pferde zu büchten 
und mit diesen eine Maus zu infiziren. So 1 wo 
Mesere und Pfserdemilzbrand als ein und —i-nt 
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