Hier hatten die in Uliampiti gegebenen Lehren
insoweit schon gewirkt, daß Belästigungen seitens der
Waniaturu nicht versucht wurden und die meisten
der aus der Ferne von Tembendächern und Fels-
blöcken uns beobachtenden Leute scheinbar unbewaffnet
waren. Mwati, der oben erwähnte kleine Chef, that sein
Bestes, unterstützt von seinem greisen Vater und den
Verwandten. Er versicherte, die meisten Waniaturn
Muniahatis wünschten jetzt Frieden und würden zum
Schauri kommen, sobald der böse Einfluß zweier ekwa
1 / Stunden davon entfernten Dörfer, die zur Zeit
eifrig „Daua“ (Zauber) gegen uns machten, beseitigt
wärc. Seine Herde habe er nach Eintreffen der
Nachricht meiner Ankunft in Uliampiti gleich wieder
bekommen. Auf seinen Wunsch gab ich ihm Unter-
offizier Frahm mit einigen Leuten mit, die am
Abend bei den erwähnten Dörsern auf Widerstand
stießen, zwei Leute tödteten und zwei Temben an-
zündeten.
Leider war ich nicht in der Lage, die in Aussicht
gestellten Schauris abzuwarten, da sich in der Nacht
zum 5. Juni perniziöses Fieber bei mir einstellte
und ich mich deshalb in einer Decke am Abend des
5. forttragen ließ.
In Eilmärschen ging es durch Matongi, Mguji
und Chipamba, lauter aneinander gereihte breite
Kulturlichtungen mit schönstens stehender Feldfrucht,
nach Suna, dann auf einer von Lieutenant Engel-
hardt bei früherer Gelegenheit aufgenommenen Route
scharf südlich über Saranda zur Station, wo ich
am 8. eintraf.
Die restirenden Weiber und Kinder hatte ich
Mwati überwiesen, damit er sie zu Schauris mit
seinen Landslenten verwende und durch Rückgabe
derselben sich Einfluß und Dankbarkeit erwerbe.
tracht, da es jeder politischen Organisation entbehrt.
Die Leute wohnen nur zusammen, weil ihre Sprache
und Rasse von den umliegenden Stämmen gänzlich
verschieden ist, im Uebrigen ist aber jeder sich selbst
der Nächste und Größte. Ein Europäer der Station
wird einige Wochen unter ihnen weilen, sie durch
beharrliches Aushalten zu gemeinschaftlichem Schauri
zwingen müssen. Dann erst wird es allmählich ge-
lingen, sie politsch zusammenzuziehen und sie unter
Kurakel von Jumben zu stellen, wobei Mwati viel-
leicht in erster Linie in Betracht käme.
Der Menschenschlag ist ein sehr schöner, fast durch-
weg lange, schlanke Männer mit auffallend aus-
geprägter Muskulatur, deutlich semitischem Typus
und Somalihaar. An persönlichem Muthe stehen
sie über den Wassandaui und Wagogo, die durchaus
Angst vor ihnen haben.
Gewehre sind vereinzelt vorhanden, wie ein an-
geschossener Träger von mir beweist. Hauptwafssen
sind aber ein langer, schwerer Speer, kurzer auf-
fallend geformter Schild aus Büffelhaut, anderthalb
Meter lange, knorrige Schlagknüppel, Bogen und
vielfach vergiftete Pfeile. Die Stöcke werden auch
in Spiel= und Fechtübungen angewandt, wobei ein
anderer Schild merkwürdiger Form in Anwendung
kommt.
Die Kleidung der Weiber ist häßlich und schmierig,
von gegerbtem eingefettetem Felle, das, in langen,
schmalen Streifen genäht, ähnlich einem „Unterrock
geschneidert ist und auch wie ein solcher getragen
wird. Hierzu treten dic nöthigen Perlen, die häufig
in hübschen Mustern aneinander gereiht sind und zum
Schmucke aller möglichen Körpertheile dienen. Dünne
Beinringe von Gras sind beliebt, werden aber zum
Theil auffallender Weise strumpfbandartig unterm
Knie getragen.
Ein ähnliches Fellkleid wird zuweilen von den
alten Männern über den ganzen Körper wie ein
„Kansu“ getragen, vermuthlich wegen der Kälte und
der vorherrschend rauhen Winde.
Die jüngeren Männer begnügen sich mit einem
kleinen, über Brust und Schulter flatternden Ziegen-
felle und machen einen kaum bekleideteren Eindruck
als die Kinder, von denen meist nur die größeren
Mädchen allenfalls eine Perlenschnur oder Miniakur-
schürzen aus einem Bischel schmutziger Lederstreifen
aufweisen.
Die Hütten sind durchweg Temben, slets sehr
kleine, im Halbkreis errichtete, sehr niedrige Be-
hausungen, über die der Durchschnittsmensch hinweg
das Gewehr anlegen kann. Dabei wird der Boden
nicht, wie sonst häufig bei Temben der Fall, aus-
gehoben. Sie sind aber meist sauber gehalten und
von dichtem Kreise von Euphorbien nett umhegt, machen
überhaupt, speziell in Uliampiti, einen durchaus nied-
lichen Eindruck. Eine Unannehmlichkeit für Fremde
sind aber die Bewohner der bei allen Temben zahl-
reich unter den vorspringenden äußeren Dachrändern
Politisch kommt das Land fast gar nicht in Be-
angebrachten Bienenkörbe. So viel Honig, und zwar
vorzüglicher Qualität, habe ich noch nie auf einem
Fleck gesehen. In einer Tembe wohnen in den
seltensten Fällen mehr als vier Männer, häufig nur
einer.
Sie schlafen nicht auf dem Boden, sondern be-
nußzen eine Art Bettstelle primitivster Art, deren
knorrige Leisten recht ungemüthlich aussehen und
troh des darüber liegenden Kuhfelles schwerlich be-
quem sind.
Die Hausutensilien sind nur mäßig, hölzerne
Tröge für Milch und Honig und hölzerne Melk-
eimer sind gut und sorgfältig gesormt, häufig auch
geschnitzt und gebrannt und zwar lediglich in ein-
fachem parallelem Ringmuster.
Das Land steigt von einer bei Muhalala be-
ginnenden nach Nordost laufenden, etwa 100 m hohen
Terrassensiufe beständig nach Nordnordost an. Die
Nächte sind schon von 6 Uhr an sehr, die ersten
Tagesstunden empfindlich kalt. Gegen 9 und 10 Uhr
vormittags ist die Luft wunderbar klar und er-
frischend, die Nachmittage sind aber bei fehlendem
Winde schwül. Bäche und Flüsse giebt es eigentlich
gar nicht, dafür desto mehr zerrissene, zackige Granit-