Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

in Höhe von 30 pCt. vom Werthe, sowie den Zoll, 
der bisher in Höhe von 10 pCt. vom Werthe er- 
hoben wird, künftig bedeutend herabzusetzen, und habe 
die Ueberzeugung, daß nicht nur der Holzschlag in 
wünschenswerther Weise wieder sich bedeutend ver- 
mehren, sondern daß mit dieser Maßregel auch unsere 
Einnahmen wachsen werden. Es scheint mir der 
Erwägung werth, ob es sich nicht empfehlen dürfte, 
durch einen erfahrenen Forstmann einc rationelle 
Ausforstung des Deltagebietes einzuleiten. Vom 
nördlichsten Arme des Rufidji, ectwa 15 Scemeilen 
stromanswärts von der Mündung, ging ich über Land 
nach unserer am südlichsten Arme des Deltas ge- 
legenen Versuchsplantage Mohorro. Wie solches in 
einem Delta erklärlich, führte der Marsch durch fast 
absolute Ebene, die von unzähligen, zum Theil aber 
nur zeitweise laufenden Wasserarmen und Tümpeln 
durchbrochen war. In der ganzen Gegend fand ich 
schönen, tiefschwarzen Boden. 
Die Versuchsplantage Mohorro ist noch nicht 
eingehend geung mit der Kultur ergiebiger Tropen- 
pflanzungen fortgeschritten, um ein endgültiges Ur- 
theil abgeben zu können. Zuvörderst sind nur größere 
Landstrecken urbar gemacht und einheimische Körner- 
früchte gepflanzt worden. Immerhin beweisen die 
Samenbeete, die zum großen Theil schon aufgegangen 
sind, daß jede nur denkbare Niederkultur in diesem 
Delta möglich sein muß. 
Da eine bedeutende Anzahl von Pflanzungen 
unmittelbar an die mächtigen Wasserarme des Deltas 
angelegt werden können, so sind die Verkehrsbedin- 
gungen für eine Abfuhr der Produkte nach der 
See hervorragend günstige zu nennen. Ich habe 
einen derzeit die Küste bereisenden Pflanzer, der sich 
in Usambara ankaufen wollte, eingeladen, sich die 
Verhältnisse am Delta mit anzusehen. Der betressende 
Herr wird sich nunmehr voraussichtlich im Rufidji- 
delta niederlassen, um dort das erste Privatunter- 
nehmen ins Leben zu rufen. In der That finden 
sich an den Ufern des Deltas eine große Anzahl 
der schönsten Ansiedelungsplätze. Die vielfach vor- 
handenen prachtvollen Mangobäume und Palmen ver- 
sprechen ein ebenso reizvolles wie schattiges Heim abzu- 
geben. Es wäre wirklich außerordentlich wünschens- 
werth, die Aufmerksamkeit privater Unternehmer auf 
diese günstigen Ansiedelungsbedingungen hinzu- 
lenken. 
Dem Rufidjidelta ist ein ganzer Inselarchipel 
vorgelagert, die zum größten Theil im Laufe der 
Jahrhunderte sich auf Korallen aufgebaut haben. 
Die größten der Inseln, wo sich Trinkwasser vorfindet, 
sind bewohnt und zwar angesichts der Heuschrecken- 
plage sogar ziemlich dicht bevölkert. Sie scheinen 
ebenso günstige Vorbedingungen für den Landbau, 
als auch vornehmlich für die Viehzucht zu bieten. 
Von der kleinen Insel Schole aus, wo sich die Haupt- 
ansiedelung des ganzen Inselbereiches vorfindet, be- 
suchte ich die größte der Inselu, die den Namen 
Mafia führt. Mafia zeigt überall da, wo leichter 
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Humus und Sand zurücktritt, rothen und fetten 
Boden. Die Insel, deren höchste Spitze sich wohl 
kaum über 25 m erhebt, ist von zahlreichen, das 
ganze Jahr hindurch fliessenden Bächen durchschnitten. 
Auch finden sich eine größere Anzahl von kleinen 
  
Süßwasserseen und teichen auf der Insel zerstreut. 
Weit ausgedehnte Kokosplantagen sowie zahlreiche 
schattige Mangos geben derselben einen besonderen 
landschaftlichen Reiz. Ein Fruchtbaum, hier Mabibu, 
von den Portugiesen, welche dessen Früchte zu einem 
starken Branntwein brennen, Caju genannt, wilde 
Dattelpalmen sowie Dickungen von wild wachsenden 
Ananas fielen mir bei der Durchquerung der schmalsten 
Stelle der Insel, die im Innern den Charakter der 
Parklandschaft trägt, besonders auf. Der größte 
Theil von Mafia scheint unter Kultur zu stehen; 
Maniok, Bohnen, Erbsenbäume, süße Kartoffeln, 
Bananen und Reis machen den Hauptbestandtheil der 
Pflanzungen aus. Körnerfrüchte, wie Mais und 
Hirse, werden indessen gar nicht gebaut. Die Vieh- 
zucht in Masia steht höher als irgendwo in der 
Kolonie. Der Grund hierfür ist in dem Umstande 
zu suchen, daß die Insel von der Viehseuche der 
Jahre 1890/91 verschont geblieben ist, dann aber 
auch, weil die dort wachsenden kurzen, weichen Gräser 
sich besonders für Rindviehfutter zu eignen scheinen. 
Ich habe indessen das Verbot der Rindviehausfuhr 
nach fremdem Besitz — insbesondere nach Sansibar 
— noch nicht aufgehoben, da mir der Viehbestand 
noch immer nicht hinreichend gesichert zu sein scheint. 
Kleinvieh und Esel, welch letztere übrigens nur zum 
Neiten benutzt werden, werden ebenfalls ausgiebig 
gezüchtet. Der Fischreichthum im ganzen Masia- 
Archipel ist ein großer, wie die große Anzahl von 
Herden jagender Delphine beweist. Während meiner 
Abwesenheit von Bord wurde ein Pottwal dicht am 
Schiff beobachtet, der an Länge den Dampfer 
„Rovuma“ übertraf. Auch Schildkröten werden an 
dem Inselstrande häufig gefangen. Auf einer kleinen 
benachbarten Insel besuchte ich eine Stelle, woselbst 
Fischer in der Höhlung eines Affenbrotbaumes Hun- 
derte von Schildkrötenschädeln aufgestapelt haben. 
Sie sehen dies wahrscheinlich als ein wirksames 
Zaubermittel an, das ihnen zu gutem Fange verhelfen 
soll. Auch der Halicore dujong wird am Strande 
von Mafia beobachtet und häufig gefangen. 
Von Wild kommt nur die Zwergantilope und 
das rothe Flußschwein vor. Das letztere repräsentirt 
so ziemlich den einzigen Feind der Anpflanzungen 
und zwingt die Eingeborenen, ihre Felder mit starken 
Einfriedigungen zu versehen. Zahlreiche Sumpf= und 
Wasservögel halten sich besonders an den kleinen 
Süßwasserseen der Insel auf; Perl= und Savannen- 
hühner sowie unzählige Tauben vervollständigen die 
Thierfauna. 
Der einzige Sport der nie durch Kriege oder 
sonstwie von außen her aufgestörten Eingeborenen 
besteht in dem Fangen der Wildschweine, deren 
Fleisch sie jedoch verschmähen. Mit ausnahmsweise
	        
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