Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

— 546 
70 pCt. —, waren aber leider wegen Samenmangels 
nur in unbedeutender Menge gepflanzt. Maniok ist 
gediehen und wird eine ausgedehnte Aussaat im No- 
vember ermöglichen. Süße Kartoffeln rentiren sich 
vorzüglich, die diesmalige, natürlich leine Ernte reicht 
immerhin allein aus, einen Theil der Soldatenver- 
pflegung auf 1 bis 2 Monate zu bestreiten, die 
Knollen sind sehr groß, und die an der Wurzel in- 
takt gebliebenen Pflanzen werden zur nächsten Saat- 
zeit Stecklinge ad libitum liefern. 
Bezüglich des Gesundheitszustandes hierselbst be- 
merke ich gehorsamst, daß bei mir, Lieutenant 
Charisius, Unteroffizier Linck und Lazarethgehülsen 
Schnopp der Marsch von Kuirenga hierher nach 
den vorhergehenden Anstrengungen die Konstitution 
erschüttert zu haben scheint, die dann neuen klimati- 
schen Angriffen wenig standhielt und im Falle von 
Schnopp und Linck sogar unterlag. Soyst ist die 
Gesundheit der anderen Europäer nicht gerade un- 
günstig seit Bezug der provisorischen Station. Bei 
den Mannschaften ist sic sogar vorzüglich, Malaria 
kommt da fast gar nicht vor. 
Politisch ist das Bild im Wesentlichen dasselbe 
wie früher. Dic Herrscher in Ngurn und Ugunda 
haben in Verkennung ihrer Zugehörigkeit zu Tabora 
Elfenbein hierher geschickt. Dasselbe wurde ange- 
nommen, Schauris aber abgelehnt, die Gesandten 
nach Tabora verwiesen, wohin auch diesbezügliche 
Mittheilung abging. Auch der letzte Mgogochef im 
Distrikt — Kossira von Luato — hat durch Gesandt- 
schaft und Elfenbein seine Annäherung an die Station 
eingeleitet. Gleichfalls ist aus Uwambara Elsenbein 
gebracht worden; um Einsicht in die dortigen Ver- 
hälmisse zu erlangen, habe ich der Abordnung einen 
Stationsboten mitgegeben. 
Von größerem Interesse ist die Ankunft zweier 
Wahehe von Njangai am Ruaha, die im Namen der 
dortigen beiden Wassagira (d. h. Chefs) um Schauri, 
Frieden und Flagge bitien. Auf meine Erklärung, 
dazu wäre ein völliges Sich-lossagen von Mquawa 
erste Bedingung, erwiderten sie, das hätten sie sich 
überlegt, Mquawa wäre ihnen zu weit, wir zu nahe. 
Nicht ganz in Einklang hiermit zu bringen war ihre 
weitere Behauptung: Mquawa habe ihnen Erlaubniß 
ertheilt, sich der Station zu unterwerfen; bekäme 
dies ihnen gut, würde er es auch thun. Auf dieses 
hin setzte ich den Leuten auseinander: an Mquawas 
Aufrichtigkeit glaube kein vernünftiger Mensch mehr, 
es sei denn, er käme selbst; Zwischenhändler verbäte 
ich mir, die Kondoakomödie käme nicht mehr vor. 
Wenn die Leute Njangais für sich selbst sprechen und 
nach gründlicher Ueberlegung der für sie durch den 
Besitz unserer Flagge resultirenden Pflichten her- 
kommen wollten, dürften sie es. Auch bei ihnen 
verbäte ich mir eine weitere Zwischenhändler-Wirth- 
schaft. Wir sind jebt in so günstiger Lage, daß wir 
einen Versuch mit ihnen riskiren dürsen. Deshalb 
wird eventuell den Njangaileuten die Flagge gewährt 
werden, aber mit ausdrücklichem Verbot der Ansiede- 
  
lung in Ugogo, zumal in ihrem alten Platze Nondoa, 
höchstens vielleicht in unmittelbarer Nähe der Station. 
Die wenigen, in Nondoa noch vorhandenen Wahehe 
haben sich den eingesetzten Wagogochefs gefügt. 
Dem Allem hörte eine Gesandtschaft zu. die soeben 
Elsenbein und einen Brief von Merere brachte. 
Kiwere hat ebenfalls Elfenbein geschickt. Ich 
werde die Gesandten von dort und von Merere mit 
dahin nehmen und hoffe, von dort an die genehmigte 
Karrenrequisition am besten bewerkstelligen zu können. 
Bis jebt sind 3 Rekruten: 2 Manjema, 1 Mon- 
aheli, angenommen und einer dreimonatlichen Prüfung 
ausgesetzt worden. Der schlechteste ist wieder weg- 
gelaufen; die Einstellung der beiden anderen habe 
ich nunmehr dem Kaiserlichen Kommando vorgelegt. 
Es wird allmählich möglich sein, Wagogo anzuwerben, 
mit welchem Resultat, wird aber erst die Erfahrung 
lehren lönnen. Jedenfalls ist in Anbetracht des 
Baues und des ausgedehnten, zum Theil unbekannten 
Stationsgebietes, das viele kleine Expeditionen erheischt, 
eine Ergänzung der Kompagnie auf ihre Etatsstärke 
von der Küste her wünschenswerth. 
Ueber ein Gefecht mit dem Däuptling Tagaralla von 
enii, 
welches der auf einem Marsch nach Ujiji befindliche 
Kompagnieführer Leue am 10. August d. Is. be- 
standen hat, berichtet er: 
Ich habe nach dreistündigem, hartnäckigem Kampfe 
die große Tembenboma Limuene des berüchtigten 
Näuberhäuptlings Tagaralla von Usenji, der hier das 
ganze Land brandschatzte und sich frech und rebellisch 
erwies, mit Sturm genommen. Die Boma wurde 
von etwa 100 Ruga-Rugas, die sämmtlich mit Ge- 
wehren bewassnct waren, vertheidigt. Der Feind 
wurde völlig vernichtet. Der Sultan Tagaralla 
selbst siel beim Ausfall aus dem brennenden Quikuru. 
Von deutscher Seite sind drei Askari gefallen und 
vier verwundet worden. 
Der Sturm über die Dächer erwies sich als un- 
durchführbar, da fast alle Leute oben Schüsse er- 
hielten. Ich ließ daher mit Sturmböcken, Aexten 
und Hacken Eingänge in die Temben schlagen und 
eroberte so von außen nach innen Tembe um Tembe, 
Haus um Haus. Die Feinde fochten so erbittert, 
daß sie von innen ihre Wohnungen selbst in Brand 
steckten. Leider ist auch das QOuikuru, aus dem schon 
der Sultan Tagaralla in der höchsten Noth mit 
brennenden Kleidern den Ausfall machte, mit allen 
Elfenbeinschätzen ein Naub der Flammen geworden. 
Denkmalenthüllung. 
Am 19. August wurde in Kilwa unter Betheili- 
gung der dortigen Europäer und der zahlreich ver- 
sammelten farbigen Bevöllerung die feierliche Ent-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.