Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Möglichkeit reicht, sie vom festen Lande aus zu be- 
herrschen. Da lange Zeit hindurch die Kanonen- 
schußweite drei Seemeilen, d. h. 3 geographische 
Meilen nicht überschritt, so gewöhnte man sich viel- 
fach, so insbesondere auch England durch Gesetz von 
1878, daran, die „Dreiseemeilenzone“ als Küsten- 
gewässer anzusehen. Von anderer Seite wird indeß 
diese Bemessung der Küstengewässer nicht mehr für 
zeitgemäß erachtet und ihr die rechtliche Anerken- 
nung versagt, nachdem wir durch die Forschritte der 
Technik in den Besitz von Geschützen gelangt sind, 
welche ihre Projektile bis auf 23 km, d. h. 127/8 See- 
meilen oder 3 110 geographische Meilen, zu schleudern 
vermögen und gegen feste Ziele einen sicheren und 
wirksamen Schuß jedenfalls noch auf eine Entfer- 
nung von 6 Seemeilen hin ermöglichen. 
Als Grundlage für eine künftig etwa zu treffende 
einheitliche Regelung hat das Institut in den nach- 
solgenden Artikeln eine Reihe von Normen empfohlen. 
Art. 1. Der Uferstaat hat das Sonveränetäts- 
recht über die Küstengewässer, unbeschadet des in 
Arl. 5 für Schiffe fremder Flagge vorbehaltenen 
Rechts der friedlichen Durchfahrt. 
Art. 2. Die Küstengewässer erstrecken sich auf 
sechs Seemeilen von der Ebbegrenze an gerechnet in 
der ganzen Längenausdehnung der Küste. 
Art. 3. Bei Buchten solgen die Küstengewässer 
der Küstenfiguration mit der Maßgabe, daß, sofern 
nicht ein unvordenklicher unnnterbrochener Brauch 
eine größere Ausdehnung sanktionirt, die Ausdehnung 
der Küstengewässer von einer geraden Linie aus ge- 
messen wird, welche man zwischen beiden Küsten der 
Bucht an der Stelle gezogen denlt, wo die Weite 
derselben zwölf Seemeilen beträgt. 
Art. 4. Im Kriegsfalle hat der neutrale Küsten- 
staat das Recht, durch Neutralitätserklärung oder 
durch besondere Anzeige seine Neutralitätszone über 
sechs Seemeilen hinaus bis auf absolute Kanonen= 
schußweite von der Küste aus gerechnet auszudehnen. 
Art. 5. Alle Schisse ohne Unterschied haben 
das Recht der friedlichen Durchfahrt durch die 
Küstengewässer. Doch steht es den kriegführenden 
Mächten frei, die Durchfahrt durch die Küsten- 
gewässer besonderen Bestimmungen zu unterwerfen 
und sofern die Interessen der Vertheidigung es er- 
fordern, zeitweise sogar ganz zu sperren. Die neu- 
tralen Mächte sind befugt, die Durchfahrt der 
Kriegsschiffe aller Nationalitäten besonderen Bestim- 
mungen zu unterwerfen. 
Art. 6. Strafbare Handlungen an Bord eines 
in den Küstengewässern auf der Durchfahrt begrif- 
senen Schiffes, durch welche Personen oder Sachen 
betroffen werden, welche der Schifssgenossenschaft 
d. h. der Bemannung oder den Passagieren ange- 
hören, unterliegen nicht der Gerichtsbarkeit des 
Küstenstaates, es sei denn, daß eine Verletzung der 
Rechte oder Interessen des Küslenstaates, oder von 
Unterthanen desselben, welche weder zur Schiffsmann- 
schaft noch zu den Passagieren gehören, vorliegt. 
  
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Art. 7. Die auf der Durchfsahrt vurch die 
Küstengewässer begriffenen Schiffe unterstehen den 
besonderen Bestimmungen, welche der Küstenstaat im 
Interesse und zur Sicherheit der Schifffahrt und 
sonst im seepolizeilichen Interesse getroffen hat. 
Art. 8. Die Schiffe aller Nationen unterstehen, 
soweit sie nicht lediglich auf der Durchfahrt begriffen 
sind, sondern sich längere Zeit in den Küstengewässern 
aufhalten, der Gerichtsbarkeit des Küstenstaates. Ist 
innerhalb der Küstengewässer eine Gesetzesverletzung 
begangen und deshalb die Verfolgung des betheiligten 
fremden Schiffes innerhalb der Küstengewässer be- 
gonnen worden, so darf dieselbe auch über die 
Sechsseemeilenzone auf die hohe See hinaus fort- 
gesetzt, das Schiff angehalten und durch die Gerichte 
des Küstenstaats abgeurtheilt werden. Doch muß 
die Wegnahme eines Schiffes auf hoher See unver- 
züglich dem Staate, dessen Flagge es führt, ange- 
zeigt werden. Sobald das Schiff in die Küsten- 
gewässer seines Heimathstaates oder einer dritten 
Macht gelangt, muß die Verfolgung unterbrochen 
werden, sie hört ganz auf, sobald das Schiff in 
einen Hafen seines Heimathsstaates oder einer dritten 
Macht einläuft. 
Art. 9. Die Bestimmungen der vorstehenden 
Artikel beziehen sich nicht auf Kriegs= und diesen 
gleicheestelte Schiffe. 
Art Auf Meerengen, deren Weite zwölf 
Seemeilen zn übersteigt, finden die Bestimmungen 
der vorstehenden Artikel mit folgenden Einschränkungen 
Anwendung: 
1. Mecerengen, deren Küsten verschiedenen 
Staaten angehören, gelten als Küstengewässer der 
betreffenden Küstenstaaten. Die Sorveränetät der 
letzteren reicht je bis zur Mitte der Meerenge. 
2. Gehören die Küsten der Mcerenge einem 
und demselben Staate und ist dieselbe für den See- 
verkehr zwischen zwei oder mehreren anderen Staaten 
unentbehrlich, so wird die Meerenge stets als Küsten- 
gewässer angesehen, auch wenn ihre Breite ganz 
gering ist. 
3. Meerengen, welche als Verkehrsstraßen 
zwischen zwei freien Meeren dienen, können niemals 
geschlossen werden. 
Art. 11. Soweit die rechtliche Stellung von 
Meerengen durch besondere Verträge oder lang- 
jährige Uebung bestimmt ist, behält cs dabei sein 
Bewenden. 
Ueber die Lage des Elfenbeinhandels 
entnehmen wir dem Berichte der Firma Heiur. Ad. 
Meyer in Hamburg vom Dezember 1894 Folgendes: 
Wenn ich am Schlusse meines letztjährigen Be- 
richtes auf die sicheren Anzeichen einer, wiewohl 
langsamen, Besserung des Elfenbeinmarktes hinwies, 
so kann ich heute nachsügen, daß sich diese Annahme 
im Laufe dieses Jahres bethätigt hat, denn wenn
	        
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