Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

nachdem eine Kommission für die Berathung des 
Gesehentwurfs über das Auswanderungswesen ge- 
wählt worden war, wurden die Sitzungen des Kolo- 
nialraths vertagt. 
Die Kommission besteht aus den Herren: Herzog! 
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Johann Albrecht zu Mecklenburg-Schwerin, 
Staatsminister v. Hofmann, Staakssekretär a. D. 
v. Jacobi, Dr. Scharlach, Dr. Schröder, Adolf 
Woermann, Dr. Wiegand. 
Machrichten aus den deuk'cgen Schuhgebieken. 
(Abdruck der Nachrichten und Aussätze nur mit Quellenangabe gestattet.) 
Deutsch-Pltafrika. 
Dem Geschäftsbericht der Eisenbahngesellschaft für 
Deutsch-Ostafrika — Usambara-Linie 
entnehmen wir: Gegenwärtig ist der Endpunkt der 
erstprojektirten Strecke, Muhesa, etwa 41 km, bei- 
nahe erreicht und der erste Abschnitt unserer Aufgabe 
demnach fast abgeschlossen. Die Befestigung des 
Planums ist allerdings auf vielen Theilen der Strecke 
Tanga—Muhesa noch eine unvollkommene, da der 
erforderliche Steinschotter ursprünglich nicht zu be- 
schaffen war. Erst von Ende 1894 an konnte die 
Arbeit mit der von uns ausgesandten Steinbrech- 
maschine beginnen. Mit den von ihr gelieferten 
Steinschlagmengen wird die endgültige Unterstopfung 
des Oberbaues mit thunlichster Beschleunigung voll- 
zogen, indessen werden immerhin noch einige Monate 
vergehen, bis man damit auf allen Theilen der 
Strecke Tanga— Muhesa zu Ende gekommen sein 
wird. Die Schwellenfrage hat inzwischen eine glück- 
liche Lösung gefunden, insofern arabilsche und indische 
Großunternehmer in steigender Konkurrenz mit An- 
geboten zur Lieferung von Holzschwellen haltbaren 
Materials aus Waldungen des deutschrostafrikanischen 
Küstengebiets an uns herangetreten sind. Dadurch ist 
ein Bezug weiterer Eisenschwellen aus Deutschland 
außer den für die Strecke Tanga—Ngomeni, 29 km, 
ausgesandten Eisenschwellen nicht in Frage gekommen, 
und es darf auf Grund unserer Erfahrungen als 
zweifellos gelten, daß bei Eisenbahnbauten in Deutsch- 
Ostafrika überhaupt auf Bereitstellung genügender 
Mengen von Holzschwellen von ausreichender Güte 
durch einheimische Lieferanten zu billigen Preisen 
mit Sicherheit gerechnet werden kann. In Tanga 
haben unsere großen Werkstätten zu funktioniren be- 
gonnen; die weitere Ausgestaltung derselben lassen 
wir uns eifrig angelegen sein, um auch den Aufträgen 
Dritter gerecht werden zu können. Infolge der 
  
  
einen Bau aufgeführt, welcher, weil die Hülfsmittel 
nicht ausreichend waren, von vornherein eine nicht 
genügende Fundirung der Quaimauern aufgewiesen 
hat. Auf die Anlage werden daher, da es darauf 
ankommen muß, ihr die Gewähr der dauernden 
Haltbarkeit zu verleihen, noch weitere erhebliche Ar- 
beiten und Beträge zu verwenden sein. 
Der Umstand, daß die Unterstopfung des Ober- 
baues mit Steinschotter auf vielen Theilen der 
Strecke Tanga—Muhesa noch nicht beendet ist, steht 
ihrer Befahrung mit Personenzügen nicht entgegen. 
Thatsächlich wird denn auch die Strecke nicht nur 
von Arbeitszügen, sondern, dem Drange des Publi- 
kums folgend, auch von Personenzügen befahren, 
ohne daß jetzt schon die Handhabung eines regel- 
mäßigen Betriebes stattfindet. 
Ueber die Kosten unseres Bahnbaues haben wir 
im Bericht vom 10. Oktober 1894 gesagt, es sei zu 
erwarten, daß wir bis Muhesa mit unserem Antheils- 
kapital von zwei Millionen Mark gelangen würden. 
Diese Erwartung kann heutzutage als bewahrheitet 
gelten: wir brauchen fremde Mittel nicht in An- 
spruch zu nehmen, um Muhesa zu erreichen. Damit 
wird denn allerdings andererseits unsere eigene Kraft 
völlig erschöpft sein, und auch die weiteren Kosten 
der Herstellung der Quaianlage im Hafen von Tanga 
und der Unterstopfung des Oberbaues werden nicht 
aus unserem Antheilskapital bestreitbar sein. Dank 
unseren intimen Beziehungen zur Deutsch-ostafrika- 
nischen Gesellschaft, welche sich zur Vorschußleistung 
bereit erklärt hat, werden uns zu den genannten 
Ausgaben und zur Betriebsunterhaltung die Mittel 
zur Verfügung stehen. Die Abgabe eines Urtheils 
füber die vermuthliche Entwickelung des Verkehrs auf 
Vermehrung unseres Personals ist die Errichtung 
eines zweiten Beamtenwohnhauses in Tanga erforder- 
lich gewesen. Besondere Kosten und Mühen hat 
unserer Baudirektion die Herrichtung der Qugianlage 
im Hasen von Tanga gemacht. Die sofortige 
Schaffung einer solchen Anlage war geboten, um die 
Anlandbringung der aus Europa anlangenden schweren 
Materialien zu ermöglichen. Im Hinblick auf diese 
Dringlichkeit hat die Baudirektion ohne Verzug mit 
den an Ort und Stelle erhältlichen Hülfsmitteln 
der Strecke Tanga—Muhesa würde heute noch ver- 
früht sein, und es läßt sich also in Bezug auf die 
Rentabilitätsrücksichten im Augenblick nichts prognosti- 
ziren. Immerhin können wir konstatiren, daß in den 
von unserer gegenwärtigen Strecke durchschnittenen 
Gegenden die eingeborene Bevölkerung völliges Ver- 
ständniß für den Werth des ihr von uns gebotenen 
Verkehrsmittels zeigt. Seine rechte Bedeutung in- 
dessen wird unser Unternehmen erst durch die von 
allen Faktoren der Kolonie als wünschenswerth und 
nothwendig bezeichnete Fortführung der Linie über 
Muhesa hinaus bis Korogwe gewinnen.
	        
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