Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

wurde, und nun ein zusammenschließendes und zur 
Erllärung der Geländebildungen jener Gegenden 
taugliches Bild der dortigen Formationen giebt. 
In einer kleinen geologischen Uebersichtskarte (Maß= 
siab 1:3 000 000) ist dies Bild skizzirt. 
Danach besteht Adamaua nördlich vom süd- 
afrikanischen Plateau hauptsächlich aus Guneis, Lager- 
granit und Amphibolit, worüber längs des Benus- 
flusses Sandstein gelagert ist, sowie älteres Alluvium 
am oberen Lauf dieses Flusses. Die Gebirge be- 
stehen aus Massivgranit, eruptivem Granik und 
jüngeren Eruptivgesteinen, wozu noch Krystallin- 
schiefer und Gänge von Quarzporphyr, Porphyrrot 
und Diabas treten. 
An die geologische Beschreibung schließt sich eine 
eingehende Schilderung der Verwitterung unter den 
starken tropischen Einflüssen, mit besonders aus- 
führlicher Berücksichtigung des Laterits. Für die 
Erklärung dieses merkwürdigen Gesteins bringt Dr. 
Passarge ganz neue Gesichtspunkte bei, welche hier 
zu erwähnen zu weit führen würde. Nur auf die 
interessante Beziehung zwischen dem Nichtauftreten 
des Laterits an Stellen, wo man ihn erwarten 
sollte, und den Regenwürmern sei hingewiesen. 
Dr. Passarge weist nach, daß letztere den Laterit 
reduziren. Uebrigens hat der Verfasser in einem 
Vortrag auf dem internationalen Geographen-Kongreß 
zu London seine weiteren Forschungen über den Laterit 
kurz zusammengefaßt und ein besonderes Werk über 
diesen Gegenstand in Aussicht gestellt. 
Die Bildung der Ackerkruste durch die Ver- 
witterung führte zur Pflanzenwelt hinüber, der ein 
lurzes Kapitel gewidmet ist. Ueber die botanische 
Ausbente sagt Dr. E. Gilg, von dem eine lUeber- 
sicht über die von der Expedition gesammelten und 
beobachteten Pflanzen dem Werk beigegeben ist: 
„Eine Sammlung, welche zwar nur verhältniß- 
mäßig wenig Arten enthält, die aber doch sehr 
werthvolle Beiträge zur Kenntniß der pflanzen- 
geographischen Verhältnisse am oberen Benus er- 
bracht hat. Denn einmal war in jenen Gebicten 
überhaupt noch nie gesammelt worden, und dann 
richtete Dr. Passarge seine Aufmerksamkeit darauf, nur 
solche Arten aufzunehmen, welche als Charakter= 
gewächse gelten lonnten oder die in irgend einer 
Hinsicht unter der gewöhnlichen, allgemein verbreiteten 
Flora hervortreten. Endlich hat sich r. Passarge 
dadurch ein ganz besonderes Verdienst erworben, 
daß er an den meisten der gesammelten Pflanzen 
genaue Angabe über Standort und Standortsver- 
hältnisse, Habitus der Pflanze, Art des Vorkommens, 
eventuellen Nutzen, einheimischen Namen u. s. w. 
gegeben hat. 
Die Flora des Benusthales lernen wir als eine 
solche kennen, die fast nur allgemein verbreitete Typen 
aufweist. Theils liegen aus diesem Gebiete Pflanzen 
vor, welche in dem gesammten Tropengebiete ver- 
breitet sind, theils solche, die bekannt sind aus den 
Küstengebieten des ganzen tropischen Westafrika. 
  
586 — 
Dagegen sind die Floren von Adamaua und besonders 
diejenige des Hochlandes von Ngaumdere als sehr 
interessante zu bezeichnen, und zweifellos werden uns 
die Sammlungen der Folgezeit noch mit zahlreichen 
wichtigen Typen bekannt machen. Adamaua kann 
als ein typisches Steppengebiet bezeichnet werden, 
dessen Buschbäume größtentheils aus eigenartigen 
Formen der Combretaceen bestehen. Sehr interessant 
ist in diesem Gebiete ferner die Flora der Galerie- 
wälder, welche, trotzdem sie als Alluvialwälder zu 
bezeichnen sind, enge Beziehungen zu der Urwald- 
flora Kameruns erkennen lassen. 
Sehr zu bedauern ist es, daß Dr. Passarge 
nicht Gelegenheit gegeben war, längere Zeit auf den 
Hochsteppen von Ngaumdere zu sammeln. Dem die 
Flora dieses Gebietes hat sich als ganz besonders 
reich an neuen und interessanten Formen erwiesen, 
die theilweise deutliche Beziehungen zu den Floren- 
elementen der ostafrikanischen Hochländer und Ge- 
birgssysteme erkennen lassen. 
Besäße ein großer Theil der Afrika durch- 
kreuzenden Reisenden dasselbe Interesse, so würden 
wir über die pflanzengcographischen Verhältnisse 
dieses Erdtheiles schon bei Weitem besser orientirt 
sein.“ 
Sein Hauptinteresse hat der Verfasser der Be- 
völkerung zugewendet, wie dies in Afrika eben jedem 
Forschungsreisenden zu gehen pflegt. Linguistisches, 
Anthropologisches, Kleidung und Bewaffnung, Woh- 
nungen und Hausgeräthe, Landbau und Viehzucht, 
Industrie, Handelsverhältnisse, soziale und politische 
Verhältnisse, Religion, Sitten und Gebräuche, Cha- 
rakteranlagen, Geschichte der verschicdenen Stämme 
sind eingehend behandelt. Der Verfasser ist der An- 
sicht, daß vom Nordrande des Sudan, dem Südrande 
der Sahara, aus seit vielen Jahrhunderten und noch 
jetzt unnnterbrochen die Einwanderung kräftiger, durch 
den Kampf ums Dasein in den harten Bedingungen 
des Wüstenlebens gezüchteter Stämme nach dem eigent- 
lichen Sudan vor sich gegangen ist. 
„Durch die beständige Zuwanderung der Wüsten- 
stämme in den Sudan sind eine Reihe gut ver- 
anlagter Mischvölker hervorgegangen, welche dank 
der günstigen geographischen Lage, welche ihnen den 
Verkehr mit den Mittelmeerländern gestattetc, und 
dank dem wohlthätigen Einflusse seitens des Islams 
große Staaten und eine verhältnißmäßig hohe Kultur 
geschaffen haben, wie die Mandingo, Bambarra und 
Torode im Westsudan, die Gobir und Kanuri im 
Central-, die Bagirmi-, Wadai= und Darfurleute im 
Ostsudan. 
Allmählich ist dann aber eine Decadence der 
ursprünglich kräftigen Völker eingetreten und zwar 
ist die Ursache hierfür die beständige Neuaufnahme 
von Negerblut und die damit verbundene körperliche 
und geistige Vernegerung. Während die ursprüng- 
lichen Mischvölker nicht selten starl genug waren, 
die unruhigen Stämme der Wüste im Zaume zu 
halten, ja zu unterwersen — ich erinnere an die
	        
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