Eroberung Fessans durch das Reich Kanem, an die
Eroberung Tuats durch das von Sonrhay —, sind
sie, wenn zu stark mit Negerblut durchsetzt, nicht
mehr im Stande, ihre Erbfeinde zurückzuhalten, und
diese drängen in den Sudan hinein.
Im Sudan, in Ostafrika, immer dasselbe Bild.
Fremde Völker bringen Kultur und Leben in die
träge Masse der Schwarzen, aber bald hemmt die
Stabilität derselben allen Fortschritt, alle Ent-
wickelung. Dieser seit Jahrhunderten sich vollziehende
Prozeß bildet den wesentlichsten Inhalt der Geschichte
des tropischen Afrika.
Gerade im centralen Sudau vollziehen sich
heutzutage mehrere dieser Prozesse. Einmal die
Vernegerung der hamitischen Fulbe, serner die der
ursprünglich sublybischen Gobir oder Haussa. Die
Haussasprache breitet sich mehr und mehr aus, die
zahlreichen kleinen Heidenstämme des centralen Sudan,
ferner sogar die Nupe, Igbirra, Igara, Djikum und
andere Stämme am unteren Benus, zahllose im-
portirte Sklaven werden von ihnen aufgesogen, werden
selbst zu „Hanssac. Bautschi, Muri, das Königreich,
Kororofa, Keffi, die Nupe= und Igbirraländer, Alles
Gegenden, in denen noch vor 50 Jahren kaum Haussa
zu sinden waren, sind heutzutage bereits der Haupt-
masse nach mit Haussa“ besiedelt, überall wird
Haussa verstanden und gesprochen, und zwar in stark
reduzirter Form, ähnlich der malalischen Verkehrs-
sprache in Asien. Auch in dem sonst durchaus von
Fulbe beherrschten, den Haussa gänzlich fremden
Adamana wächst die Zahl und ihr Einfluß jährlich.
Wie Viele sind aber wirkliche Haussa, d. h. Nach-
kommen der kriegerischen und energischen Gobir?
Voraussichtlich wird allmählich den ganzen centralen
Sudan das große Mischvolk der Haussa einnehmen
und sich zu einer einheitlichen Rasse entwickeln.
Meiner Ansicht nach haben alle Sudanneger
eine ähnliche Entwickelung wie die Haussa durch-
gemacht. Die Grenzländer gegen die Wüste sind
die Heimath aller dieser Stämme gewesen; dort sind
sie entstanden, entstehen noch heute, werden dann
aber durch neuen Nachschub von der Wüste her ab-
gestoßen und nach Süden gedrängt, wie die Eisberge
des kalbenden Gletschers.
Eine neue, energische Bewegung der Wüsten-
stämme scheint übrigens bevorzustehen, welche z. Th.
mit dem Vordringen des Europäers in dem Niger-
Benuc-Gebiet in Zusammenhang zu bringen ist.
Die Tuareg sind zum großen Theil ihrer
Existenzmittel, welche ihnen der Wüstenhandel ein-
brachte, beraubt worden. Das Erheben von Tributen
und Vermiethen von Kameelen hat aufgehört, sie
sind auf Naubzüge angewiesen. Dazu kommt, daß
der europäische Salzhandel am Niger-Benns den
Salzhandel aus Asben nach den Haussaländern, aus
welchen die Asbenana das Geld zum Einkauf von
Getreide bezogen, schädigen muß. Dem Andrängen
der Tuareg konnten die Kanembu bereits zu Nachtigals
Zeit kaum widerstehen, jetzt ist jenen auch die Oase
Kauar und damit der Karawanenweg von Kuka nach
Tripolis in die Hände gefallen.
Die Araberhorden Rabbehs haben 1893 Kuka
erobert und sollen neuesten Nachrichten zufolge
(April 1895) auf dem Marsch nach Sokoto sein.
Die Straße von Tripolis nach Kuka ist bereits
verödet, dagegen blüht noch der Handel zwischen
Wadai und Aegypten über Djerabut, den Sitz des
Ssuussioberhauptes.“
Leider hat sich der Verfasser nicht auf die rein
wissenschaftliche Darstellung beschränkt, sondern in
einem Schlußkapitel „Kamerun als deutsche Kolonie“
auch die Fragen der praktischen Kolonialpolitik und
besonders der Mission behandelt. Die Urtheile, die
er darin fällt, beweisen, daß er die Verhältnisse in
dem bisher wirllich besiedelten Theile Kameruns
nicht genügend kennt und die Schwierigkeiten, mit
denen dort auf Schritt und Tritt zu rechnen ist,
unterschätzt. Das sonst so ausgezeichnete und der
deutschen Wissenschaft ebenso wie dem deutschen Buch-
handel zur Ehre gereichende Werk würde gewinnen,
wenn dieser Absatz bei einer neuen Auflage gestrichen
würde.
Segel-Handbuch für die Küste von Deutsch-
Ostafrika und die Insel Zanzibar. Mit
26 Holzschnitten. Herausgegeben vom Reichs-
Marinc-Amt. Berlin 1895. Kommissionsverlag
von Dietrich Reimer.
Zum ersten Male werden durch diese dankens-
werthe Veröffentlichung die deutschen Schiffe, welche
Ostafrika besuchen, unabhängig von den englischer-
seits herausgegebenen Werken. Das Erscheinen
deutscher Admiralitätskarten, welche nicht minder er-
wünscht sind, für alle Theile der Küste des deutschen
Schutzgebicts steht bevor. Vor der Hand sind leider
erst für die Gewässer von Tanga und Nachbarschaft
solche vorhanden. Es sleht zu hoffen, daß die deutsche
Marine in absehbarer Zeit ähnliche Hülfsmiktel für
die Schifffahrt in den Gewässern aller deutschen
Schutzgebiete fertigstellt. Die hier vorliegende Arbeit
bietet mancherlei Interessantes auch für die allgemeine
Kenntniß Deutsch-Ostafrikas.
Paul Reichard: Zur Frage der Austrocknung
Afrikas.
Der bekannte Reisende widerspricht in dem hier
genannten, in der Leipziger geographischen Zeitschrift
kürzlich erschienenen Anssatz auf Grund seiner persön-
lichen Beobachtungen der Behauptung einzelner
Forscher, daß das Klima Innerasrikas von Jahr zu
Jahr trockner werde und die Binnenseen in abseh-
barer Zeit versiegen müßten. Er weist darauf hin.
daß einzelne der Seen allerdings zurückgehen, andere
aber wachsen, und nimmt daher periodische
Schwankungen der Feuchtigkeit des afrikanischen
Klimas an.