Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Möglichkeit vor Augen geführt, daß wir miteinander 
gemeinsam gegen einige widerspenstige Unterhäupt- 
linge vorzugehen genöthigt sein könnten. Ich kann 
mich der Nichtigkeit dieser Annahme nicht verschließen, 
hoffe aber, solche Möglichkeit noch recht weit hinaus- 
schieben zu können. Durch Zuwarten können nur 
wir gewinnen, die Macht der Hereros bleibt stabil, 
die unsere dagegen befestigt sich mit jedem Tage 
mehr. 
Hum Schlusse möchte ich nicht unerwähnt lassen, 
daß wir am 27. August den Tag der Erstürmung 
der Naulluft mit Kirche, Parade und Abendfestspielen 
geseiert haben. Die Eingeborenen wohnten Allem 
mit sichtlichem Interesse bei, namentlich dem der 
Parade folgenden Geiechtsbild, welches der Haupt- 
mann v. Estorff, der Führer der bei mir befind- 
lichen kombinirten Feldkompagnie, sehr hübsch arran- 
girt hatte. Vor Allem imponirte den Zuschauern 
eine Kavallerieattacke mit Lanzenreitern, die in An- 
betracht unseres mangelhaften Pferdematerials in der 
That recht glänzend ausgefallen ist. Derartige 
Schaustellungen haben bei den hiesigen Verhältnissen 
ihren besonderen Werth, da sie den Eingeborenen 
unsere Malht vor Augen führen und sie so mit von 
unüberlegten Schritten abhalten. 
Ueber die Tsoakhaubmündung 
entnehmen wir dem eben erschienenen Buche des 
Premierlicutenants a. D. v. Bülow') folgende 
Aeußerung: „Diese Stelle ist in Bezug auf die Ver- 
bindung mit dem Hinterland die beste der ganzen 
Küsle, denn die vom Oranjefluß bis an den Kuisib 
sich als unübersteiglich und von dort bis an den 
Tsoakhaub als schwer passirbar erstreckende Flugsand- 
region hört auf dem rechten Ufer des Tsoathaub 
auf, wodurch es Wagen und Viehtransporten mög- 
lich ist, ohne Mühe und Gesahr des Verdurstens 
die Küste zu erreichen. Weiter nördlich des Tsoak- 
haub ist die Küste noch nicht genau ersorscht, doch 
kann es wohl keinem Zweisel unterliegen, daß größere 
Buchten nicht vorhanden sind. Auch wäre ein weiter 
nördlich gelegener Hasen schon deshalb unzweckmäßig, 
da das Land je weiter nördlich, desto breiter, also 
die Eutfjernung von der Küste nach dem anbau- 
fähigen Inlande eine immer größere wird. Zudem 
hat sich die Regierung in der Mute des Landes, in 
Windhoek, niedergelassen, und die kürzeste Verbindung 
dieses Ortes mit der Küste trifft auf die Mündung 
des Tsoathaub. So verlangen die natürlichen und 
politischen Verhältnisse gebieterisch die Anlage eines 
Hasens an der Mündung des Tsoakhaub." 
  
*) Drei Jahre im Lande Hendrik * Berlin. 
Mittler & Sohn. 1896. Ml. 6.—, geb. Mk. 
  
622 — 
Wegebauten. 
Nach einem Berichte aus Windhoek vom 28. Sep- 
tember d. Is. ist die Strecke des großen Bayweges 
von Groß-Barmen bis Sneyrevier beendet und die 
Wegstrecke Quaipütz — Sneyrevier bereits in Angriff 
genommen. Von Sneyrevier bis etwa 4 km dies- 
seits Barmen ist eine von Steinen gänzlich befreite 
Zm breite Straße hergestellt. Hierbei ist der Weg 
an vielen Stellen verlegt und die vielen Krümmungen 
abgeschnitten. In Quaipütz sowohl wie in Sney- 
revier sind Pumpen aufgestellt, die reichlich Wasser 
geben. Dasselbe wird den Frachtfahrern umsonst 
verabfolgt. 
Mit der Weiterführung des Wegebaues ist Herr 
Premierlicutenant Heldt, der die Herstellung der 
genannten Strecke mit Verständniß und großem Eifer 
geleitet hat, beaustragt. 
JInfolge des reichlichen Regens auf dem Baywege 
in der letzten Regenzeit ist Wasser und Weide auf 
dem Wege nach Tsoakhaubmund gut, so daß sich der 
Frachtverkehr trot der vorgerückten Jahreszeit sehr 
glatt vollzieht. In Windhoek trafen in der letzten 
Zeit an einem Tage einmal über 10, ein anderes 
Mal 23 Frachtwagen von der Küste ein. Wiewohl 
die Lungenseuche nach der Regenzeit an einzelnen 
Stellen wieder etwas hestiger ausgebrochen war, 
wird der Frachtverkehr in keiner Weise dadurch ge- 
stört. Bei dem guten Verdienst der Frachtfahrer 
wenden sich sehr viele Leute, besonders die kürzlich 
entlassenen Schutztruppler, dem Frachtfahrergewerbe zu. 
In der Nähe der „Banken“ vor Otjimbinguc ist 
es dem Regierungsassessor v. Lindequist gelungen, 
mit Hülfe emes Bastards noch eine Wasserstelle aus- 
findig zu machen, die sich durch Sprengen voraus- 
sichtlich so vergrößern läßt, daß auch von Quaipütz 
bis Uitrey kein Wassermangel mehr bestehen wird. 
Eme Pumpe wird ferner noch zwischen Salem und 
Tsaobis, eine weitere in Usap eingesebt werden. 
Marlhall-Insrln. 
Rundreise des Landeshauptmanns. 
Der Kaiserliche Landeshauptmann Dr. Irmer 
in Jaluik, hat im Juli und August d. Is. an Bord 
S. M. S. „Möwe“ eine Rundreise im Schutzgebiet 
der Marshall-Inseln ausgeführt. Dem darüber er- 
stalteten Berichte entnehmen wir Folgendes: 
Am Nachmittag des 21. Juli verließ ich in Be- 
gleitung eines eingeborenen Dolmetschers und des 
Häuptlings Lamm an Bord S. M. S. „Möwe“ 
Jabwor. Für die Rundreise durch die Inselgruppen 
Aur—Maloelab, Arno, Madjurn und Mille war ein 
Zeitraum von acht Tagen bestimmt. 
In Aur—Maloelab schwebte seit längerer Zeit 
ein Streit zwischen den Häuptlingen Murgil und 
Launo, infolgedessen Leßterer sich gezwungen sah, 
nach Jabwor zu Kabua zu flüchten. Murgil selbst 
 
	        
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