Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

kehrte, nachdem er die Bestrafung ausgeführt hatte, 
bereits am 25. mit vielem Beutevieh zur Station 
zurück. 
Da die Verhältnisse der Yaundestation sich so- 
nach in geordneter Weise entwickelten, ist es mir 
möglich gewesen, den mir aufgegebenen Nekognos- 
zirungsmarsch in das Sannagagebiet auszuführen. 
Am 23. August d. Is. trat ich mit Sergeant 
Müschen, 40 Mann der Kaiserlichen Schutztruppe 
und dem Maximgeschütz der Station den Marsch 
zum Sannaga an. 
Meine Absicht ging dahin, zunächst den Wute- 
häuptling Nna in Dinati aufzusuchen, bei diesem 
den Rest der Kriegskontribution, die seinem Bruder, 
dem Mangohäuptling Dandugu, vom Kommandeur 
v. Steiten auferlegt war, in Empfang zu nehmen, 
sodann mit Leßterem Frieden zu schließen und weiter 
über den Sannaga zu dem Wutehäuptling Watarc 
zu marschiren, um Vieh zu kaufen und Nachrichten 
über Tibati einzuziehen. 
In zwei Tagen war ich am Sannaga, erfuhr 
aber bereits bei meinem Eintritt in das Batschinga- 
gebiet, daß das Gerücht, der Wutehäuptling Ngilla 
sei auf das diesseitige Flußuser übergetreten, keines- 
weges, wie Kommandeur v. Stetten und ich an- 
genommen hatten, auf Erfindung beruhte. In der 
That war Ngilla sofort nach unserem Abrücken aus 
Dandugus Gebiet vor Mango erschienen und hatte, 
sich unseren Sieg zu Nute machend, Dandugus ver- 
sprengte Leute allerorten fangen lassen. Dabei hatten 
seine Schaaren den Sannaga überschritten. 
Bei meinem Eintreffen am Sannaga weilte noch 
Ngillas Feldherr Gimenk, ein mir persönlich be- 
kannter und befreundcter Mann, mit seinen Leuten 
im Mangogebiet, während der König selbst bereits 
wieder heimgekehrt war. Gleich nach meiner Au- 
kunft bei dem Batschingahäuptling Kule erschienen 
acht Wutekrieger, um mich in GimenEs Namen zu 
begrüßen und mich der umwandelbaren Freundschaft 
seines Herrn Ngilla zu versichern. Die Häuptlinge 
Nna und Kule hatten natürlich gewaltige Angst vor 
Ngilla, trotzdem sie dieser als Freunde der Sta- 
tion in keiner Weise behelligt hatte. 
Dandugnu hatte an Zahlung unter diesen Um- 
ständen natürlich nicht denken können, und war ein 
Aufenthalt in Dinati nun ohne jeden Nutzen. Ver- 
sprachen nun auch die Wutes in Gimencs Namen 
auf meinen Wunsch die sofortige Einstellung aller 
Feindseligkeiten gegen Dandugu, so behaupteten sie 
doch, ohne vorherigen Befehl Ngillas nicht abmarschiren 
zu dürfen. 
Das Verbleiben von Noillas Schaaren auf 
dem diesseitigen User des Flusses durfte ich un- 
möglich dulden; der Sannaga als natürliche Grenze 
mußte unter allen Umständen gewahrt bleiben. 
Sollte ich die Wutes mit den Waffen in der Hand 
vertreiben, die eben noch aus freien Stücken die 
Freundschaft der Kaiserlichen Negierung gesucht hatlen, 
und dadurch einen dauernden Bruch mit einem 
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mächtigen Stamme herbeiführen, der uns vielleicht 
noch einmal von größtem Nutzen sein kann? Auf 
friedlichem Wege war voraussichtlich mehr zu er- 
reichen, als man durch kriegerisches Vorgehen unter 
vielen Opfern erkaufen konnte. 
Ich marschirte zu Watarc ab, um von hier aus 
mit Ngilla in Verbindung zu treten. In zwei Tagen 
durchquerte ich das Batlland, das völlig unter der 
Herrschaft der Wute steht und alle Eigenarten der 
Herren im Lande sich hat aneignen müssen. Daß 
die Regierung Ngillas Freundschaft nicht etwa 
durch reiche Geschenke suchte, mußte Allen klar werden, 
die die Expedition mit ihren geringen (sechs) Lasten 
Tauschwaaren, dagegen wohl ausgerüstet mit 
einem Geschütz und mit 15 Patronenkisten Munition 
versehen zu Gesicht bekamen. Angesichts dieser 
kriegsbereiten Verfassung meiner Truppe zogen 
außer den Yaüundes auch Batschingas und selbst 
Batis mit mir zu Watarc. Vor einem Jahr noch 
hätte ich wohl kaum einen der Letzteren hierzu 
bewegen können, der Mangosieg aber hat das Ver- 
trauen in die Kraft der Regierung gewaltig gestärkt. 
Ueberall wurde uns freudiger Empfang, überall in 
dem reichen, gut bebauten Lande waren Lebensmittel 
zu unglaublich niedrigen Preisen in Hülle und Fülle 
zu haben. 
In Watarc hatte man bei der Schnelligkeit 
meines Marsches — ich schlug bereits am vierten 
Tage seit dem Abmarsch von Yaunde in dieser Stadt 
mein Lager auf — keine Ahnung von unserem 
Kommen. Wir hatten zwar die Grenzwarte der 
Wutes auf dieser Seite, eine unweit des Mbam 
auf hohem Berge liegende stark befestigte Stadt, bei 
unserem Anmarsch passiren müssen, kamen aber fast 
gleichzeitig mit den von hier gesandten Boten 
in Watar selbst an. Watarc ist weit gebaut, 
malerisch am Fuß eines stark bewaldeten Berges 
gelegen und macht einen sehr sauberen Eindruck. 
Schon dicht vor der Stadt kamen uns mehrere 
Haussa sprechende Große mit Durrhabier zur Be- 
grüßung entgegen; in der Stadt selbst empfing uns 
des Häuptlings erstes Weib und die mir von meinem 
vorjährigen Besuch her gut bekannte Schwester 
Ngillas, Mku. Ouarliere waren schnell angewiesen, 
Essen kam in Mengen und die Besuche von Großen, 
die uns willkommen hießen, hörten nicht auf. An 
Watar, der in Ngaindjc bei Ngilla weilte, waren 
unverzüglich Boten ausgegangen, um ihm unsere 
Ankunst zu melden. In Betreff des Namens Ngaindjc 
will ich bemerken, daß darunter die gegenwärtig von 
Ngilla bewohnte Stadt zu verstehen ist. „Ngilla“ 
ist der Königslitel der Wutes. Die Leßteren haben sich, 
wie schon Morgen berichtet, in Lintes und Dumbes 
gespalten. Ueber die Lintes herrscht Ngutte und 
führt den Herrschernamen „Ngutte men Linte“. 
Ueber die Dumbes herrscht Lion, der den alten 
Königstitel der Wutes beibehalten hat und nun den 
Herrschernamen „Ngilla men Dumbe führt; seine 
Leute heißen Ngilla men Dumbes. Lion bewohnte
	        
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