Metadata: Kriegsschäden und Kriegsschadenersatz.

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3. Die Rechtsverfolgung im Auslande. 
Das beste Gesetz verfehlt seinen Zweck, wenn ihm nicht ein Zwang für 
seine Durchführung zur Seite steht, und wenn dieses Zwangsverfahren nicht 
zweckmäßig geordnet ist. Wir müssen nun einmal damit rechnen, daß das 
bloße Bestehen einer Rechtsvorschrift nicht immer ausreicht, um ihr auch 
Geltung zu verschaffen, und daß der Berechtigte häufig gezwungen ist, 
gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um zu seinem Recht zu gelangen. 
Dies gilt für den Rechtsverkehr zwischen den Völkern ebenso wie für den 
Verkehr innerhalb eines Volkes. Man wird daher in dem Friedensvertrage 
nicht mur darauf zu achten haben, daß inhaltlichrichtige und vorteilhafte 
Vorschriften für die Ansprüche der Deutschen vereinbart werden, man wird 
sein Augenmerk auch auf die Frage ihrer Verwirklichung richten müssen. 
Da ergibt sich denn, wie schon wiederholt betont, daß der deutsche 
Gläubiger eines ausländischen Schuldners nach geltendem Recht sehr viel 
schlechter dasteht, als der ausländische Gläubiger eines deutschen Schuldners. 
Das Gerichtsverfahren in Deutschland führt schneller, sicherer und billiger 
zum Ziel als in einem unserer feindlichen Staaten. 
Betrachten wir kurz die Verhältnisse bei den drei wichtigsten der feind- 
lichen Völker: Rußland, Frankreich und England. « 
Die Verfolgung deutscher Ansprüche in Rußland leidet zunächst 
unter den Schwierigkeiten der Sprache. Allerdings vermag ein Teil der 
russischen Advokaten mit seinen Auftraggebern in deutscher oder französischer 
Sprache den Schriftwechsel zu führen. Die Notwendigkeit der A#bersetzung 
aller Urkunden und amtlichen Schriftstücke bringt aber doch immer Er- 
schwerungen und Verzögerungen mit sich, und es bedeutet an sich schon eine 
Erschwerung, wenn man weder die Sprache des Gerichts noch des Gegners 
versteht und nur auf den begrenzten Kreis sprachkundiger Advokaten ange- 
wiesen ist. 
Die Unsicherheit der Rechtspflege, mit der man in Rußland mehr als 
bei einem anderen unserer Gegner zu rechnen hat, liegt keineswegs in der 
Person der Richter, die nicht etwa, wie man es im allgemeinen von der 
russischen Beamtenschaft sich in Deutschland vorstellt, als bestechlich gelten 
müssen. Im Gegenteil, die russischen Richter, insbesondere an den höheren 
Gerichtshöfen, verdienen gleiches Ansehen wie die deutschen. Vielmehr liegt 
die Arsache der Rechtsunsicherheit an dem Stand der russischen Gesetzgebung 
und den vielfachen Ausnahmevorschriften. Zufolge der großen Raumver-- 
hältnisse läßt sich die Durchführung eines erstrittenen Arteils von dem 
Schuldner natürlich viel leichter vereiteln als bei unseren Entfernungen und 
Verkehrsverhältnissen. Dieser Amstand bewirkt zugleich, daß ein Rechts-
	        
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