Contents: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

Hände halbwilder Schwarzer scheinen mir den Werth 
dieser nicht nur im „friedlichen Manöver“ gemachten 
Erfahrungen zu erhöhen. 
1. Das kurze Seitengewehr. 
Obwohl ich nicht von vornherein die feste Ab- 
sicht hatte, die Grenze der deutsch ostafrikanischen 
Interessensphäre zu überschreiten und so den großen 
centralafrikanischen Urwald im Kongostaat zu be- 
treten, so war diese Möglichkeit doch ins Auge gefaßt 
Es war deshalb erforderlich, besonderen 
worden. 
Werth auf Beschaffung eines brauchbaren Instruments 
zum Durchhauen von Holzbeständen zu legen. Der 
Afrikareisende Dr. F. Stuhlmann, der letzte euro- 
päische Begleiter Emin Paschas, hatte mir die Mit- 
nahme möglichst kurzer Seitengewehre empfohlen. 
In seinem großen Reisewerk schreibt er überdies: 
,Unsere kurzen Militär= Seitengewehrc erwiesen sich 
als vorzüglich geeignet; sie sind darum den Leuten 
fast unersetzlich, zumal sie an Dauerhaftigkeit alle 
Messer und Aexte übertreffen; die langen Seiten- 
gewehre werden sehr ungern getragen.“ Infolgedessen 
hatten meine Askaris (Soldaten) kurze Seiten- 
gewehre von 37 cm Gesammtlänge erhalten, die ich 
mir durch Vermittelung des Königlichen Kriegs- 
ministeriums aus den in Spandau lagernden Bestän- 
den beschafft hatte; es war somit die gleiche Wasffe, 
die vor einigen Jahren in der deutschen Armee ein- 
geführt war, nach kurzer Zeit aber wieder abgeschafft 
wurde. 
Nach einem Marsch von 9 Monaten, von denen 
2½ unnnterbrochen in geschlossenem Urwald zurück- 
gelegt wurden, fand sich Dr. Stuhlmanns Ansicht 
vollauf bestätigt. Die Seitengewehre waren bis auf 
eines, das durch Schlagen auf Fels zersprang, völlig 
intakt und wiesen keinerlei Scharten auf. Ich habe 
mehrere Dutzeend Brücken lediglich mit Hülfe dieser 
kurzen Messer herstellen lassen und gefunden, daß die 
Leute Bäume von 40 bis 50 cm Durchmesser rascher 
durchschlugen als mit Beilen. Mit den drei bei der 
Karawane mitgeführten längeren Seitengewehren 
vermochten die Leute (Schwarze) gar nicht zu arbeiten. 
Die Härte der bearbeiteten Holzarten war verschieden- 
artig. Daß die Seitengewehre beim Schlachten, 
Graben von Kochlöchern u. s. w. gute Dienste leisteten, 
bedarf kaum der Erwähnung. 
2. Beilpicken und Spaten. 
Das Modell war das gleiche wie das in der 
Armee eingeführte. Während die Stiele der Beil- 
picken im der Mehrzahl abbrachen und deren Schneiden 
bei der oft großen und in Europa ungekannten Härte 
des Holzes starke Scharten aufwiesen, bewährten sich 
die Spaten in jeder Hinsicht auf das Beste. 
3. Braune Manunschaftszelte. 
Dieselben waren mir auf Befehl des Königlichen 
Kriegsministeriums überwiesen worden. Sie fanden 
bei etva 300 Biwaks innerhalb eines Jahres Ver- 
  
74 — 
wendung. Nach zwei Drittel dieser Zeit waren sie 
noch- völlig intakt, wiesen jedoch nach Schluß der 
ganzen Reise vielfache Schäden, meist Brandstellen, 
auf. Die Haltbarkeit des Stoffes konnte als eine 
ganz vorzügliche bezeichnet werden, wenn man 
berücksichtigt, 
a) daß zwei Regenzeiten und so schlechte Witte- 
rungsverhältnisse durchzumachen waren, wie sie 
unsere gemäßigten Klimate nicht kennen, 
ß) daß auf ein sorgsames Zusammenfalten oder Rollen 
der Zelttücher sowie auf ein Reinigen derselben 
von Sand und Schmut niemals Werth gelegt 
wurde, 
JP0) daß die Weiber der Soldaten vielfach auf dem 
Marsch Lebensmittel und Kochgeräthe mit scharfen 
Kanten in den Zelttüchern zu transportiren 
pflegten. 
Erfahrungen mit den Zeltstöcken und Pflöcken sind 
nicht zu verzeichnen, da diese Gegenstände in den 
ersten Marschtagen verschwanden und täglich durch 
Holzstücke aus dem Busch ersetzt werden konnten. 
4. Karabiner J1/88 mit Militärpatrone 
(Ganzmantelgeschoß). 
Die Expedition führte nur vier Karabiner mit. 
Im Gesecht sind dieselben niemals zur Verwendung 
gekommen. Auf einen Gebrauch derselben zur Jagd 
verzichtete ich nach dem folgenden Erlebniß: 
Ich feuerte zweimal auf eine ganz junge Gazelle 
auf nur 20 bis 30 Schritt anscheinend ohne jeden 
Erfolg. Das Thierchen blieb ruhig stehen und äugte 
mich au. Erst als ein Schwarzer sich ihm näherte, 
um es mit den Händen zu greifen, machte es einen 
Sprung und stürzte zusammen. Es wurde festgestellt, 
daß ein Schuß die Lunge getroffen hatte, der andere 
dicht unter der Wirbelsäule hindurchgegangen war. 
Die Schlachtochsen wurden vielfach von uns durch 
Gehiruschuß getödtet. Es fand sich, daß bei Blatt- 
schuß auf 20 Schritt das Rind noch oft 5 bis 
10 Minuten ruhig weiter graste. 
5. Gewehr M/71. 
Die Erfahrungen mit dieser Waffe können nur 
historisches Interesse beanspruchen. Fast alle „Afri- 
kaner“ werden mit mir darin übereinstimmen, daß 
es keine besserc Waffe in den Händen von schwarzen 
Truppen giebt. Auf die Gründe gehe ich hier nicht 
ein und beschränke mich auf Erwähnung der That- 
sache, daß die Gewehre meiner Soldaten nach Been- 
digung der Reise in einem so guten Zustande waren, 
daß mir von Seiten kongostaatlicher Beamten der 
dreifache Preis geboten wurde, als ich seinerzeit für 
dieselben entrichtet hatte. 
6. Faltboot. 
Die Expedition führte ein kleines, zwei Personen 
fassendes Faltboot mit, das von der Firma Baswißtz, 
Berlin, Holzmarktstr. 2, geliefert war. Dasselbe konnte 
auf dem Kopfe eines einzigen Mannes bis fast in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.