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Die Bevölkerung von Uniamwesi ist sehr krie-
gerisch und in dieser Beziehung mit den meisten
anderen Völkerschaften Ostafrikas kaum zu vergleichen.
Der Ausdruck dieser Eigenschaft ist die fast militärisch
zu nennende Einrichtung der Ruga-Rugas, eine Art
von Landwehr. Fast jeder erwachsene, felddienst-
fähige Mann eines Ländchens ist Krieger; seine Be-
waffnung ist Gewehr und Kampfspeer, seine Be-
kleidung ein buntfarbiger Mantel und Kopfputz.
Die Ruga-Rugas tragen häufig im Kriege gewisser-
maßen Uniformen; dic einen weiße Mäntel und
rothe Turbane, die anderen rothe Mäntel und bunte
Kopftücher, die dritten sämmtlich Federbüsche u. s. w.
Sie führen Wimpel und andere Feldzeichen und
gehen im Kampfe recht brav auf den Gegner los.
Vor Allem sind sie bei der Vertheidigung eines
festen Platzes sehr zähe; sie lassen den Feind bis
auf wenige Schritte herankommen und weichen nur
im äußersten Nothfalle der Gewalt.
Bei der großen Masse der Ruga-Rugas ist dies
Institut für das Kaiserliche Gouvernement nicht ohne
Bedenken. Urambo allein verfügt über 800 bis
900 Ruga-Rugas. Ein Glück ist jedoch, daß die
einzelnen Ländchen meist miteinander auf Leben und
Tod entzweit sind. So ist Ungurn mit Ugunda,
Unyanyembe mit Urambo, Uyui mit Mdala, Usagali
mit Unyambewa u. s. w. tödlich verfeindet. Die
Leute können nur schwer ihre Kriegslust bezähmen.
Bei jeder Expedition der Kaiserlichen Station bieten
sich Hunderte von Ruga-Rugas zur Heeresfolge an,
und häufig wird von einem Sultan die Erlaubniß
nachgesucht, mit einem Nachbar Kricg führen zu
dürfen. Die Sultanate im Westen und Süden von
Tabora haben von der Bedeutung des Serikals,
d. h. der deutschen Regierung, noch keinen rechten
Begriff. Sie sehen in der hiesigen Station nur
einen Machtfaktor, mit dem zu rechnen ist. Bei
kriegerischen Verwickelungen kommen gewöhnlich beide
Parteien mit Elfenbeingeschenken nach Tabora, um
sich der Freundschaft, bezw. der Hülfe der Station
zu versichern, wobei alsdann der Stationschef meist
Gelegenheit findet, eine friedliche Lösung der Frage
herbeizuführen.
An Missionen arbeiten im Bezirk Tabora: Die
englische Mission zu Kilimani Urambo und die
katholische Mission der „Weißen Bäter“ zu Uschi-
rombo, Msalala, Karema und St. Johann (Fipa)
Die Missionsstation Kipalapala bei Tabora ist nicht
besetzt. Die durchaus verkommene Tembe daselbst
ist von einigen Schwarzen bewohnt.
An mineralischen Landesprodukten des Bezirks
Tabora sind mir nur bekannt: Eisen und Salz.
Salz wird in Ubagwe und Uwinsa (am Lussugi)
gewonnen. Das Uwinsasalz ist sehr gut und gilt als
gangbarer Handelsartikel. Die den Lussugi-Strom
umwohnenden Häuptlinge erheben schon eine Art von
Salzsteuer in Gestalt eines Zehnten.
An gutem Bauholz fehlt es im Bezirk Tabora
nicht. Hervorzuheben sind in den Hochwäldern
Unyamwesis die Mninga= und Kurungubäume, die
vorzügliche Bretter und Balken ergeben. Der Kern
der Bäume ist braun, bezw. roth. Wie die botani-
schen Namen derselben sind, weiß ich nicht.
Der Wildstand Unyamwesis ist am Malagarasi,
am Gombe, am Wala und in sonstigen Flußgebieten
sehr stark. Es kommen noch viele Elefanten im
Bezirk vor, die leider allzu eifrig gejagt werden.
Die Gegend von Tabora wird sehr von Leoparden
und Hyänen belästigt. Auch der an sich sehr harm-
lose Schakal findet sich häufig vor.
Alles in Allem genommen, ist der Bezirk Tabora
ein sehr reiches, bevölkertes Land, das ohne Frage
einer guten Zukunft entgegengeht.
Ueber die vorkommnisse im Bezirke Uuanza im
Kovember v. Js.
liegt folgender Bericht vor:
Nachdem am 4. November v. Is. Kompagnie=
führer Langheld die Geschäfte der Station an den
Lieutenant v. Kalben abgegeben hatte und zur Küste
abmarschirt war, lieferte am 9. desselben Monats
der Sultan Mazuka von Muanza 12 Warurisklaven
ein, die der farbige Vertreter der Mission Neuwied
auf Ukerewe dem Sultan Lukonge abgenommen hatte
und unter Umgehung der Station nach Bukumbi
schaffen wollte. Die Sklaven weigerten sich, dorthin
zu gehen, indem sie sagten, daß es dort viel Arbeit,
aber wenig Essen gäbe. Auf die Bitte des Pdre
supérieur Brard schickte Lieutenant v. Kalben
jene Sklaven, die er in ihre ferne Heimath nicht
zurücksenden konnte, wieder nach Neuwied zurück; er
sandte zur Begleitung zwei Askaris mit, die den
Sultan Lukonge zu einem Schauri in dieser An-
gelegenheit nach Muanza auffordern sollten. Das
Boot kam am 14. November zurück und berichtete,
daß Neuwied vom ganzen Lukongevolk am 12. des-
selben Monats überfallen und in zweitägigem Kampf
vollständig zerstört sei; 51 Missionsangehörige waren
getödtet, aller Besitz der Mission, darunter 200 Gora
Stoffe und andere werthvolle Tauschartikel, auch
aller; hier lagernde Besitz des Gouvernements
Uganda, darunter 100 Lasten Stoffe, waren geraubt.
In dem letzten Haus vertheidigten sich zur Zeit noch
sieben Verwundete, die durch einen muthigen Aus-
fall der Bootsbesatzung, wobei drei Lukongekrieger
fielen, gerettet wurden. Die einzigen drei Gewehre
der Mission wurden gerettet. Ein Europäer war
zur Zeit nicht auf der Mission.
Lieutenant v. Kalben vereinbarte mit Bischof
Hirth, der mit acht Missionaren am 13. d. Mts.
in Bukumbi eintraf, das Vorgehen gegen Lukonge.
Am 23. November, nachdem genügend Boote
versammelt waren, brach Lieutenant v. Kalben gegen
Lukonge auf in 2 Segelbooten, 4 Waganda-, 2 Wa-
siba= und 3 Missionskanus mit 16 alten Askaris,
17 jungen Rekruten, 15 bewaffneten Bacharias,