Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

zwar im Jahre 1895 eine geringe Abnahme ein- 
getreten; ob dieselbe aber von Dauer ist, läßt sich 
nicht behaupten, so sehr wie dieses auch im Interesse 
der Eingeborenen zu wünschen wäre. Eine Erhöhung 
der Einfuhrzölle, vorgesehen durch die Brüsseler Akte, 
würde dieses bewirken, bedingt aber ein vorläufiges 
Uebereinkommen mit unseren Nachbarn, dessen Ab- 
schluß sich die Regierung angelegen sein läßt. Der 
obere Kongo ist gegen den Mißbrauch dieses Handels 
durch die Allerhöchste Verordnung vom 16. Juli 1890, 
welche jetzt auch auf das Gebiet jenseits des Keribu- 
flusses ausgedehnt worden ist, geschütßt. 
Was schließlich die Einkünfte des Staates an- 
betrifft, so haben sich dieselben ebenfalls in erfreu- 
lichster Weise gehoben. Dieselben betrugen für 1895, 
abzüglich des Königlichen Zuschusses, des Vorschusses 
von Belgien und aller anderen außerordentlichen 
Einnahmequellen 3 600 000 Frcs., also etwa 42 pCt. 
mehr als im vorhergehenden Jahre. Dieselben sind 
in den letzten zehn Jahren stets gewachsen, wie 
nachstehende Zahlen zeigen: 
Hierdurch wurden 
Jahr: Betrag der Einkünfte: von den Aus- 
gaben gedeckt: 
1886 74261 Frecs. 4,87 pCt. 
1887 200 755 „ 10.61 
1888 268 306 = 9,21 
1889 515 094 „ 16,06 = 
1890 462 602 14,69 = 
1891 1 319 545 28,07 
1892 1 502 515 31,75 -5 
1893 1 817 475 33,40 = 
1894 2 454 778 = 33,25 
1895 3 600 000 47,700 
Französische Rolonialschule. 
In Nr. 24 des VI. Jahrgangs des Deutschen 
Kolonialblattes vom 15. Dezember 1895 ist das 
von Joseph Chailley-Bert verfaßte Werk über 
die Vorbildung der Kolonialbeamten der verschiedenen 
Nationen — Le Recrutement des Fonctionnaires 
des Colonies. Rapport général soumis à 
I’#Institut Colonial International par Joseph 
Chailley-Bert, Paris 1895 — einer eingehenden 
Betrachtung unterzogen worden. Der Verfasser des 
genannten Werkes hatte sich bezüglich Frankreichs 
eine allgemeine Erörterung vorbehalten, weil dort 
eine Neuregelung der Rekrutirung der Kolonial= 
beamten — mittelst öffentlichen Wetibewerbs — 
concours public — verbunden mit einer Reform 
der Kolonialschule, bevorstand. Diese Neuregelung 
ist inzwischen durch ein Dekret des Präsidenten der 
Französischen Republik vom 2. d. Mts. erfolgt. 
Hiernach soll in Zukunft als Grundlage für die 
Rekrutirung der Kolonialbeamten die Kolonialschule 
dienen, ohne jedoch für dieselbe in dieser Hinsicht 
ein Monopol zu schaffen und das Recht der Re- 
gierung in Bezug auf die freie Auswahl der Beamten 
259 
  
zu beschränken. Um den Besuch der Schule einer 
größeren Anzahl Schüler möglich zu machen, soll die 
Dauer des Besuches derselben auf zwei Jahr be- 
schränkt und das Lehrprogramm diesem Zweck ent- 
sprechend abgeändert werden. Die Zulassung zum 
Wettbewerb des Eintritts ist nicht nur an den 
Besitz des Diploms als „Bachelier“ gelnüpft, sondern 
kann auch für alle diejenigen erfolgen, die das 
Diplom bezw. Abgangszeugniß der höheren Handels- 
schulen, des Handelsinstituts in Paris oder der 
durch den Staat anerkannten höheren Handelsschulen 
besitzen. 
Im Einzelnen bestimmt das Delret über die 
Einrichtung der Kolonialschule Folgendes: 
Trt. 1. Die Kolonialschule umfaßt vier Ver- 
waltungsabtheilungen, eine Handelsabtheilung, eine 
Vorbereitungsschule und eine Abtheilung für Ein- 
geborene. 
Art. 2. 
solgende: 
Kolonial-Kommissariat, 
Abtheilung für den Dienst in den hinterindischen 
Besitzungen, 
Abtheilung für den Dienst in Afrika, 
Abtheilung für das Deportationswesen. 
Die Verwaltungsabtheilungen sind 
Kap. I. Verwaltungsabtheilungen. 
Art. 3. Die für jede einzelne Verwaltungs-= 
abtheilung zulässige Schülerzahl wird am 1. Februar 
jedes Jahres durch den Minister bestimmt. Dieselbe 
beträgt etwa ein Drittel mehr als die zu erwartenden 
Valanzen. 
Art. 4. Die Zulassung zum „concours“ ist 
au folgende Bedingungen geknüpft: 
. Französische Staatsangchörigkeit, 
Hein Alter von mindestens 18 bis hHöchstens 
23 Jahren. 
Beibringung des Diploms als „Bachelier“, eines 
Diploms bezw. Abgangszeugnisses der höheren 
Handelsschulen, des Handelsinstitutes in Paris 
oder der durch den Staat anerkannten höheren 
Handelsschulen, der landwirthschaftlichen Schule 
oder eines durch den Marineminister ausge- 
stellten Zulassungszengnisses zur Marineschule, 
Beibringung eines Attestes über körperliche 
Gesundheit nach einem durch den Minister vor- 
geschriebenen Formular. 
Gesuche um Zulassung sind vor dem 1. April= 
an den Kolonialminister zu richten. 
Dieselben werden von Letzterem einer Kommission 
zur Prüfung vorgelegt, welche sich aus folgenden 
Mitgliedern zusammensetzt: 
Ein Staatsrath als Präsident, 
ein Direktor der Zentral-Kolonial-Verwallung, 
ein aktiver oder ein in den Ruhestand versetzter 
Gouverneur, 
ein aktiver oder ein in den Ruhestand versetzter 
„ ésident: supeérieur“ oder ein „licu- 
tenant gouverneur“ von Indo-China, 
10 — 
□ 
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