Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

fast durchweg im Besitz von Arabern, die in sehr primitiver Weise gelblichen Rohzucker und Melasse 
daraus herstellen; es existiren daselbst 105 Pflanzungen mit 34 Walzenpressen, davon drei mit Dampf- 
betrieb, jedoch wird von dem zu diesem Zwecke ins Leben gerufenen Deutsch-Ostafrikanischen Zuckersyndikat 
die Errichtung einer großen modern eingerichteten Fabrik geplant. Der in offenen Pfannen zu Syrup 
eingedickte Zuckersast wird nach anderen Plätzen Ostafrikas, nach der Somaliküste und sogar nach Arabien 
exportirt; übrigens wird auch ein ziemlich fester Rohzucker in kleineren QOuantitäten an Ort und Stelle 
hergestellt. Ein Export nach Deutschland wäre troßz unseres billigen Rübenzuckers nicht undenkbar, da 
für manche Zwecke, Herstellung feiner Fruchtkonserven 2c., noch immer Nohrzucker vorgezogen wird. 
Im Hinblick darauf, daß der Zucker unserer Kolonien bisher noch keine Bedentung für die 
heimische Industrie hat, wurde darauf verzichtet, Fabrikate aus dem Zucker auszustellen, nur der drüben 
hergestellte Rohzucker, Melasse und Syrup gelangte zur Ausstellung, und außerdem veranschaulicht das 
Deutsch-Ostafrikanische Zuckersyndikat die Produktion des NRohrzuckers am Pangani durch Karten und 
Photographien. 
  
Genußmittel, Gewürze und Narkotika. 
Kaffee. Da Afrika die Heimath der beiden bisher allein wichtigen Coffeaarten ist, nämlich 
des arabischen und liberischen Kaffees, und ferner noch zahlreiche andere Arten derselben Gattung dort 
wild vorkommen, so war von vornherein anzunehmen, daß sich der Kaffeebau für unsere tropisch- 
afrikanischen Kolonien eignen würde. 4 *m 4 
Proben des wild oder halbwild gewachsenen Kaffees unserer Kolonien kamen schon vor 
drei Jahren zur Beurtheilung nach Deutschland, wurden aber naturgemäß nur gering bewerthet, z. B. 
der Kaffee von Yaunde in Kamerun auf 50 bis 55 Pf. per Pfund unverzollt, der sogenannte Ibo-Kaffee 
aus dem südlichen Küstenland des ostafrikanischen Schutzgebietes sogar nur auf 40 bis 45 Pf.; beide 
Sorten stammen von Kaffecarten her, die von dem liberischen und arabischen Kaffee verschieden sind, ebenso 
auch die wilden Kaffeesorten des Kamerungebirges. Gleichfalls minderwerthig und kaum zum Export 
tauglich ist der von einer Varietät des arabischen Kaffeebaumes herstammende halbwilde Kaffee vom 
Viktoria-Nyanza; eine bessere Sorte davon ergab 1893 einen Taxwerth von 68 bis 7 1 Pf. und ungefähr 
ebenso viel eine 1895 von Tabora eingesandte Probe; es sind dies Preise, die denen der billigen 
Angola-Kaffeesorten (Enconge und Cazengo) gleichkommen. » « 
Viel besser sind die auf europäischen Stationen kultivirten Kaffecsorten. Das Preisnivean 
des gewöhnlichen Santoskaffees (good average) besaß einc 1894 eingegangene Probe aus dem jetzt freilich 
englischen Witu (78 Pf.), während der auf der Missionsstation Mrogoro gezogene Kassee und der davon 
abstammende Kaffec aus Kilossa in Usagara je nach den einzelnen Proben schon einen zwischen 78 und 
105 Pf. schwankenden Taxwerth besaß; gehören die eben genannten Proben zum arabischen Kaffee, so 
erzielte andererseits auch der liberische Plantagenkaffee Togos immerhin 80 bis 96 Pf., und der arabische 
Kassee des Regierungsgartens Viktoria in Kamerun sogar 1 Mark per Pfund unverzollt. 
Der einzige bisher für den Export wichtige Kaffee unserer Kolonien, der Usambara-Kaffee 
Deutsch-Ostafrikas, fand gleichfalls eine sehr günstige Beurtheilung, alle Makler taxirten ihn auf über 
90 Pf. das Pfund unverzollt, bis 93, 95 oder 98 Pf. hinaufgehend, er wird als „Qualitätssorte“ 
geschildert, welche „den Ansprüchen vollkommen entspricht, die man an einen guten blauen Kaffee stellen 
kann; die Bohne ist voll und edel und erinnert an den sehr geschätzten Soemanik-Kaffee“ von Padang 
in Sumatra, woher auch der Saatkaffee bezogen wurde. * . ½*-5 
Es unterliegt keinem Zweifel, daß die klimatischen Verhältnisse von Ost= und Westafrika dem 
Kaffee ganz außerordentlich zusagen, ein Beweis dafür ist einerseits das Urtheil der holländischen und 
englischen die südasiatischen Verhältnisse kennenden Pflanzer, andererseits die von Dr. Preuß, dem 
Direktor der Regierungsstation in Viktoria, eingesandten Photographien ein= und zweijähriger Bäume. 
Die Kaffeekultur in Deutsch-Ostafrika hat schon jetzt eine große Bedeutung erlangt. Vor wenigen 
Jahren noch kam für den Handel ausschließlich der Seenkaffec vom Viktoria-Nyanza und der Ibo-Kaffee 
aus dem südlichen Theile des Schutzgebietes in Betracht, Beides halbwilde schlechte Produkte, die nur 
dem Lokalkonsum dienten, der Seenkaffec, in unreifem Zustande gesammelt, abgebrüht und getrocknet, ein 
lokaler Handelsartikel, der von den Eingeborenen nicht getrunken, sondern gekaut wird, der Ibo-Kaffee 
zwar als reife Bohnen gesammelt und zu Trinkzwecken präparirt, aber in so unvollkommener Weise und 
an sich dank der Kleinheit und schlechten Auslese ein so inferiores Produkt, daß er sich für den Export 
laum oder gar nicht eigncte. Außerdem besaßen noch einzelne Stationen der Araber und Missionare kleine 
Anpflanzungen von Kaffeebäumen für den eigenen Konsum. 
Jetzt hingegen sind allein im vorderen Usambara (Handei) schon etwa 800 000 Kaffeebäume 
ausgepflanzt; allein die Pflanzungen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft (Derema, Nguelo, Herue) 
besitzen schon 700 000 Bäume (gegen 500 000 im Vorjahre), ferner die Usambara-Kaffee-Gesellschaft in
	        
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