Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

geborenenvolk des Trosses, das bei dem Kugelregen 
die Besinnung zu verlieren drohte, in Ordnung zu 
halten. 
Ich befahl nun dem Lieutenant Eggers, einen 
Theil der Mannschaften aus der Schützenlinie zu 
ziehen und mit ihm zu Pferde dem seindlichen rechten 
Flügel in die Flanke zu gehen; auch ließ ich das 
Geschütz dicht vor den Wagen dagegen auffahren. 
Der Flügel der eigenen Schützenlinie unter Lieute- 
nant Lampe hielt von der Spitzkuppe her den um- 
gVehenden feindlichen linken Flügel in Schach. 
Der Geschützführer, Neiter Troitzheim, ließ zwei 
Schrapnelschüsse über Visir und Korn (Aufschläger) 
abgeben. Der 2. Schuß schlug in die feindliche 
Schützenlinic ein, aber am Weiterfeuern hinderten die 
jetzt bereits zum Fußgesecht vorgehenden Reiter des 
Lieutenants Eggers. 
Das plötzliche Auftreten und scharfe Vorgehen 
dieser kleinen Abtheilung (10 Reiter) zwang im 
Verein mit der Artilleriewirkung den seindlichen 
rechten Flügel zum Rückzuge und schließlich zur 
eiligen Flucht, welcher sich auch die Front des 
Gegners anschloß, als ich die Schützen von der 
Spitzkuppe her mit aufgepflanztem Seitengewehr und 
„Hurrah“ gegen ihn vorbrechen ließ. Auch der linke 
feindliche Flügel zog sich zurück. Die Gesammtzahl 
der angreifenden Hottentotten wurde überein- 
stimmend, aber niedrig gerechnet, auf 150 Mann 
angenommen. Der Lieutenant Eggers war bereits 
beim Vorgehen zum Fußgefecht durch einen Schuß 
in das linke Bein verwundet worden, leitete jedoch 
den Angriff seiner Abtheilung, bis der Gegner floh, 
und ließ sich erst dann verbinden, als ich ihm 
später besahl, sich zu den Wagen zu begeben. 
Ich ließ nun die Pferde heranholen und führte 
die Kompagnie in breiter Front nach der Stelle 
vor, an welcher ich beabsichtigte, das Lager zu be- 
ziehen, das Geschütz und die Wagen sollten am 
Hange des Höhenrückens hinter dem rechten Flügel 
unter Bedeckung folgen. Vor der Front wurden 
zwei todte Hottentotten gefunden, einer davon war 
der Khauas-Kapitän Eduard Lambert, vor der Ab- 
theilung des Lientenants Eggers lagen zehn Tote. 
Es war etwa 9½ Uhr geworden und ich hatte fast 
das Nordende des Rückens erreicht, als sich plötzlich 
auf der Fläche nördlich eine große Menge Trupps 
von Reitern und Fußvolk zeigten und nach der Höhe 
heranzogen. Ich ließ die Kompagnie dagegen ein- 
schwenken und schickte dem Geschütz Befehl, heranzu- 
kommen. Dieser Befehl erreichte es jedoch nicht, 
erst ein zweiter führte es heran. Hierdurch ging 
eine kostbare Viertelstunde verloren, namentlich da 
die Wagenkolonne nicht der Aufgabe gemäß am 
Hange hinter dem rechten Flügel gefahren war, 
sondern auf einem Wegc, der etwas von dem Rücken 
entfernt, diesem gleichlaufend, nach Gobabis führt. 
Das Frontfeuer der Schützen auf die kleinen Ab- 
theilungen und weiten Schützenlinien des Gegners. 
konnte wenig Ersolg haben und wurde daher ein- 
  
geschränkt. Als sic sich aber mehr dem Fuß der 
Höhe näherten, entzogen sie sich in dem dichten 
Busche der Sicht und erlitten wenig Verluste. Den- 
noch kam vor dem rechten Flügel der Schützenlinie, 
welchen der Zug des Sergeanten Froede bildete, 
der Angriff auf etwa 400 m zum Stehen, nament- 
lich, da hier später auch und zwar noch weiter rechts 
eine kleine Abtheilung eingriff. Es war dies die 
Bedeckung, welche die Wagen bis nach dem Platze 
Gobabis hereingeleitete und dann unter dem Wacht- 
meister Urban sofort dem Gesechtsfelde zueilte. 
Anders war es vor dem linken Flügel, welchen der 
Zug des Lieutenants Lampe bildete. Als dieser 
nämlich gerade in Stellung gegangen war, hörte ich 
heftiges Schießen im Rücken. Die Wagenkolonne 
wurde angegrissen und ich war genöthigt, jenen 
Zug zur Vertreibung des dortigen Gegners vorzu- 
führen. Als diese Aufgabe ersüllt war, konnte er 
die alte Stelle wieder einnehmen, aber inzwischen 
hatte der Feind den deckenden Busch und den 
Höhenzug erreicht, große Massen zogen sich unge- 
sehen gegen den linken Flügel; einige Minuten 
später tauchten schwarze Gestalten, nur auf Angen- 
blicke, aber bereits auf sehr nahe Entfernung in der 
linken Flanke auf; es mußte binnen kürzester Frist 
zum Nahkampfe kommen. Da befahl ich dem 
Lieutenant Lampe, aussitzen zu lassen und nach der 
linken Flanke zu attackiren. Der Befehl wurde so- 
sort ausgeführt. In dem Angenblick, als der Zug 
(er war noch etwa 12 Mann stark) sich zum An- 
reiten auschickte, kam weiter rückwärts das Geschütz 
auf der Höhe an, ich wies ihm seine Stellung an, 
ließ auch den Zug des Sergeanten Froede mit Aus- 
nahme einiger Schützen, die den Gegner in der Front 
festhalten mußten, aufsitzen und führte ihn (10 Mann 
stark), etwa 50 m weiter links von dem des Lieute- 
nants Lampe und etwa drei Minuten später, ebenfalls 
zur Attacke vor. Dieser Reiterangriff konnte wie 
der von Licutenant Lampe wegen des dichten 
Busches nicht geschlossen geritten werden, aber er 
wurde mit großer Heftigkeit und mit weitschallendem 
„Hurrah“ ausgeführt. . 
Während ich beim Vorbeireiten an hesftigem 
Schießen und Kampfgeschrei bemerkte, daß der 
Angriff des Lientenants Lampe zum Handgemenge 
geführt hatte und das Geschütz vier Schrapnels, 
allerdings ohne Ziel finden zu können, in die 
Angriffsrichtung warf, jagte die eigene Attacke die 
vor mir befindlichen Hereros in die Flucht. Sie 
spritzten nach allen Seiten auseinander, die berittenen 
gingen in voller Flucht davon. Als sie fürchteten, 
eingeholt zu werden, warfen sie sich vom Pferde 
und flüchteten zu Fuß, über den steinigen Abfall 
kletternd, der Fläche zu. Einige wurden noch von 
den verfolgenden Reitern, die nun ebenfalls vom 
Pferde sprangen, niedergeschossen. 
Die Attacke des Zuges des Sergeanten Froede 
hatte etva 800 m weit geführt. Ich befahl diesem 
nun, den Höhenrücken bis zur Spitzkuppe vom
	        
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