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Major Leutwein bemerkt zu diesem Berichte
das Folgende:
Das Gefecht bei Gobabis ist als eine hervor-
ragend tapfere That zu bezeichnen, welcher das
Schutzgebiet geradezu seine augenblickliche Rettung
verdankt. Wäre es verloren gegangen, würde
ich für die Treuc der übrigen Hereros, mit Aus-
schluß des Oberhäuptlings, nicht mehr haben ein-
stehen können. Nunmehr aber darf ich bestimmt
hoffen, den mir aufgezwungenen Krieg lokalisiren zu
können. Ich glaube daher für den siegreichen Aus-
gang des Gefechts dem Hauptmann v. Estorff,
seinen Offizieren und Mannschaften nicht Dank genug
zollen zu können. Dieselben haben sich um das
Schutzgebiet ein großes Verdienst erworben. Auch
den Assessor v. Lindequist, welcher, einsehend, daß
mit diplomatischen Verhandlungen nichts mehr zu
machen sei, kurz entschlossen die Feder mit dem
Schwerte vertauschte, muß ich lobend hervorheben.
Derselbe thut jetzt noch in seiner Eigenschaft als
Premierlientenant der Reserve Dienst bei der Truppe.
Es sei mir nunmehr gestattct, zur chronologischen
Schilderung der Ereignisse seit dem 1. April d. Is.
überzugehen.
Sobald das Detachement v. Estorff in Kowas
angclangt und damit in den-Stand gesetzt war, den
Gang der Ereignisse genauer zu übersehen, wurden
die Meldungen, daß in der That ein offenes Bündniß
zwischen Nikodemus und den anscheinend wieder zahl-
reich zusammengeströmten Khauas-Hottentotten bestehe,
immer dringlicher. Ich verlegte daher meinen Ab-
marsch bereits auf den 3. April und dehnte meine
Verordnung, wonach kein Reservist zur Entlassung
kommen solle, auch auf dic nach Deutschland zurück-
kehrenden Mannschaften aus. Den in Swakopmund
befindlichen Major Mucller habe ich angewiesen,
diese Mannschaften nach Gr. Barmen zurückzuführen,
als Drohung gegen Okahandja, nicht gegen den
Oberhäuptling, sondern vielmehr gerade zur Stärkung
von dessen Stellung gegen seine Unterthauen. Auch
stellte ich dem Major Mueller anheim, das Haupt
der Gegenpartei und Stiefvater des aufrührerischen
Nikodemus, den alten Riarna, durch Verhaftung un-
schädlich zu machen. Den Oberhäuptling ersuchte ich,
für Ruhe in Okahandja, Waterberg und Otyimbingwe
zu sorgen, mir aber zu meinem Zuge gegen Niko-
demus einige seiner Leute als Merkzeichen für das
Hereroland zur Verfügung zu stellen. Ferner habe
ich Maßnahmen zur Einberufung der Bastards ge-
troffen und den Kapitän Witbooi an die Erfüllung
seiner Bündnißpflicht erinnert.
Der Premierlieutenant v. Perbandt ist vor-
läufig in Windhoek zurückgeblieben, um alle Kräfte
zu sammeln und dieselben mit sämmtlichen noch ver-
fügbaren Mannschaften sowie sich etwa meldenden
Kriegsfreiwilligen der Truppe nachzuführen. Bis
zum Eintreffen des Ersatzes wird dann vorläufig in
Windhoek kein Offizier mehr sein und das Platz-
kommando an Feldwebel Heller übergehen. Die
Vertheidigung des Ortes liegt ohnehin fast ganz in
den Händen der wehrfähigen Bewohner, welche auf
meine Veranlassung eine Art Bürgerwehr, unter
selbstgewählten Führern, gebildet haben.
Den Major Mueller habe ich angewiesen, aus
den Ersatzmannschaften sowie den in Gr. Barmen
stehenden Reservisten eine 3. und 4. Feldkompagnie
zu bilden und über deren Verwendung in Windhoek
weitere Befehle abzuwarten. Durch alle diese Maß-=
nahmen hoffe ich, einem allgemeinen Hererokriege vor-
zubeugen, oder denselben, sofern er doch nicht zu
vermeiden sein sollte, vorläufig begegnen zu können.
Der Oberhäuptling Samuel hat in der That
zwei seiner Leute nachgeschickt, welche ich zur
Aufklärung ihrer Stammesgenossen in
Innere des Hererolandes gesandt habe; unter
Mitgabe einer Proklamation, in der ich erklärt
habe, daß ich nur gegen diejenigen Bewohner
des Landes Krieg zu führen beabsichtige, die der
deutschen Herrschaft feindlich gegenüberständen. Auf
das Einbringen der aufständigen Häuptlinge Niko-
demus und Kahimema habe ich Preise gesetzt. Dem-
nächst trat ich am 3. d. Mts. abends meinen Vor-
marsch an und rückte über Wiese-Farm, Hatzamas,
Kowas, wo ich Etappenstationen einrichtete, so rasch,
als der Zustand der Ochsen es gestattete, nach
Gobabis und zwar von Kowas aus auf einem Wege,
den der Hauptmann v. Estorff durch einen Marsch
querfeldein neu angelegt und dadurch eine uns schon
längst fehlende direkte Verbindungzwischen Windhoekund
Gobabis geschaffen hat. Diese Marschrichtung hat
im Uebrigen augenscheinlich den Feind getäuscht, der
sich andernfalls dem Detachement v. Estorff besser
unterwegs vorgelegt haben würde. In Kowas er-
hielt ich die Meldung vom Gefecht bei Gobabis.
Von Kaukurus aus hatte der Hauptmann
v. Estorff durch einen raschen Ritt, lediglich mit
den Reitern allein, die gleichfalls vom Feinde be-
lästigte Station Aais entsetzt. Ich selbst langte
am 11. abends in Gobabis an und fand vom Feinde
weit und breit keine Spur mehr, unsere Verwundcten
dagegen sämmtlich auf dem Wege der Besserung.
Die vom Hauptmann v. Estorff bereits angeordncte
vorläufige Einziehung der Station Aais genehmigte
ich, ebenso dicjenige von Olifantskloof. Die leßtere
mußte indessen bei deren abgelegenen Lage durch
Vermittelung einer stärkeren Abtheilung erfolgen,
welche am 13. April früh dorthin abmarschirt ist.
Nach deren Rückkehr sowie nach dem Eintreffen des
Premierlicutenants v. Perbandt aus Windhoek
werde ich gegen den Häuptling Nikodemus vorgehen,
über dessen augenblicklichen Ausenthalt noch nichts
bekannt ist. Ich werde versuchen, ihn durch
Spione erkunden zu lassen. Auch ist noch nicht
bekannt, ob die Khauas mit den Hereros vereinigt
geblieben sind. Da wir das nächste Mal selbst die
Angreifer sein müssen, kann ich mir nicht verhehlen,
daß unsere Aufgabe, dem zahlreichen und anscheinend