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einmal auf der Station Gochas, doch konnte in
diesem Falle die durch thörichtes Betragen des heid-
nischen Häuptlings ganz plötzlich hervorgerufene Ge-
fahr eines blutigen Zusammenstoßes durch den
Missionar noch glücklich beseitigt werden. So ist
denn für die Namamission eine Zeit ruhiger Arbeit
angebrochen, und es gilt für uns um so mehr, die
so lange durch die kriegerischen Verwickelungen ge-
storte Missionsarbeit mit frischen Kräften aufzu-
nehmen. Zu dem Zwecke haben wir im letzten
Jahre außer dem auch erst eben in die Arbeit ein-
getretenen Missionar Albath noch zwei weitere
Missionare, Schröder und Kronsbein, hinaus-
gesandt. Schröder ist für Gibeon bestimmt. Diese
unsere ehemalige Station, die jahrelang ganz ohne
Leute gewesen war, ist nun von Hendrik Witbooi
und seinem Stamme wieder besetzt, und das bis
vor Kurzem völlig menschenleere Land hat nun sogar
wieder eine sehr starke Bevölkerung erhalten. Zudem
ist Hendrik Witbooi offenbar der angesehenste und
einflußreichste Häuptling des Landes; so war es uns
natürlich sehr willkommen, daß nicht nur der Herr
Landeshauptmann im Interesse der Erhaltung des
Friedens eine baldige Besetzung dieser Station
wünschte, sondern daß auch Hendrik selbst den
gleichen Wunsch gegen uns äußerte. Wir hatten
ursprünglich den Missionar Stahlhut dafür be-
stimmt, um den der Landeshauptmann ausdrücklich
gebeten hatte. Aber wegen der mangelhaften Post-
verbindung erreichte diese unsere Anordnung den
Missionar erst auf Otjimbingue, und hielt dieser,
nachdem er dort den schwerkranken Orambo-Missionar
Meisenholl getroffen hatte, es doch für seine Pflicht,
seiner ursprünglichen Weisung treu zu bleiben und
nach dem Ovambolande durchzureisen, wo nur noch
ein einziger Missionar auf dem so sehr weit vor-
geschobenen Posten übrig geblieben war. Somit
mußten wir einen anderen für Gibeon bestimmen,
eben den Bruder Schröder, der aber erst gegen
Ende des Jahres im Lande angekommen ist. Der
zweite junge Bruder, Kronsbein, ist für die schon
seit Jahren geplante zweite Station unter den
Bondeszwarts, im Süden des Landes bestimmt.
Er hatte indessen den Auftrag, zuerst nach Rietfontein
zu gehen, um dort für den Missionar Pabst ein-
zutreten, wenn derselbe seine Erholungsreise antreten
würde. Dieser letztere hat sich nun aber wegen der
kritischen Lage auf seiner Station veranlaßt gefühlt,
lieber seine Frau allein reisen zu lassen und dort
zu bleiben. Somit wird Missionar Kronsbein
seine neue Station desto schneller anlegen können.
Die Landbesitzverhältnisse fahren fort, sich in der
Weise zu verschieben, daß immer mehr brauchbares
Land in weiße Hände kommt. Auch in diesem Jahre
haben wieder solche Landverkäufe stattgefunden, deren
einer auf Bethanien für unsere Mission insofern von
besonderer Bedeutung war, als der dortige Häupt-
ling die Hälfte des Kaufpreises für die neu zu er-
bauende Kirche bestimmte. Am meisten Grundbesitz
haben die Farbigen in diesem Jahre auf Rietfontein
verloren und zwar hier besonders auf dem englischen
Theile des Stationsbezirkes. Dort mußten nämlich
alle einzelnen Besiczungen der Leute vermessen werden.
Da aber diese Vermessungskosten ziemlich hoch waren
und die armen Bastards nicht die geforderten Summen
bezahlen konnten, so ließen sie lieber ihren ganzen
Besitz fahren; auf diese Weise hat die dortige Ge-
meinde einen bedeutenden Theil ihrer Glieder ver-
loren, da die Leute verzogen sind, und zwar meist
nach Gibeon. Unter diesen Umständen bleibt es
unsere Aufgabe, Alles zu versuchen, für unsere
Stationen bezw. die Gemeinden moglichst viel Grund=
besitz zu sichern. Auch in diesem Jahre konnte in
Rietfontein und anderwärts Einiges in dieser Be-
ziehung gethan werden. Daneben aber gilt es, die
Leute mehr an den Kornbau zu gewöhnen, weil sie
nur auf diesem Wege bei dem verringerten Land-
besitz sich werden nähren können. Darum ist es
recht erfreulich, daß z. B. auf Bethanien im letzten
Jahre mehr Korn geerntet worden ist als je zuvor.
Was die eigentliche Missionsarbeit anbelangt, so
konnte dieselbe fast überall ihren erfreulichen Fort-
gang nehmen. Andererseits konnte gerade dort die
schöne neue Kirche eingeweiht werden. In Berseba-
starb der erst im Jahre vorher gewählte Häuptling,
ein treues Glied der Gemeinde, und an seine
Stelle wurde der seitherige Schulmeister zum Häupt-
ling erwählt, der nun hoffentlich in seiner neuen
Stellung sich ebenso gut bewähren wird wie in der
seitherigen. Die so entstandene Lücke wurde durch
den jungen Schullehrer von Keetmanshoop besetzt.
Der Evangelist Paulus, der unter dem Stamme
der Veldschoendragers östlich von Keetmanshoop thätig
ist, mußte seinc Thätigkeit nach Khoes verlegen, das
jetzt der Mittelpunkt dieses Stammes geworden ist.
Es wäre sehr zu wünschen, wenn dieser Stamm
auch noch einen europäischen Missionar bekommen
könnte. Noch ist zu erwähnen, daß wenigstens in
einer Gemeinde, der von Warmbad, ein Aufang ge-
macht werden konnte mit Einführung einer Gemeinde-
steuer, wie solche in den kapischen Gemeinden überall
schon längst besteht.
Auf Hoachanas haben sich noch immer erst wenig
Leute von dem rothen Volke wieder eingefunden.
Rehoboth ist durch einen neuen Vertrag in noch
engere Beziehungen zu der deutschen Regierung ge-
treten, und ist namentlich die Wehrpflicht der dortigen
Bastards in neuer Weise geregelt. Aus dem ge-
planten Kirchbau ist noch nichts geworden. Die
Baupläne sind zu hoch für die Leistungsfähigkeit der
Gemeinde.
Auch im Hererolande hat sich der Friede er-
halten lassen, obwohl die Grenzregulirungen, durch
welche den Hereros das Weideland beschränkt worden
ist, einige Male ziemliche Erbitterung hervorrief, und
manche Ueberschreitungen der den Hereros gesetzten
Grenzen vorkamen. Was den äußeren Bestand der
Stationen anlangt, so ist es sehr erfreulich, daß