Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

die Aufgabe doch nicht werden, und habe ich daher 
den Preis auf Kahimemas Kopf von 1000 auf 
3000 M. erhöht. 
Ueber die serneren Absichten unseres zweiten 
Gegners, Nikodemus, habe ich bis jetzt noch nichts 
in Erfahrung bringen können. Er scheint sich in 
der Nähe von Tjietjo zu befinden. Die an ihn mit 
der Aufforderung, sich zu unterwerfen, dorthin ge- 
sandten Boten sind zurückgekehrt und haben von ihm 
Unschuldsbetheuerungen mitgebracht. Eine Kahimema 
nachgesandte stärkere Patronille unter Hauptmann 
v. Estorff kehrt soeben zurück und hat dessen 
Entweichen in der Richtung auf Rietfontein festge- 
stellt. Die betreffende Meldung lege ich abschriftlich 
in Anlage (3) bei. 
Da Kahimema sonach ohne Werft ist und mit 
nur wenigen Begleitern geflohen scheint, ist er selbst 
zunächst zu einem unfaßbaren Gegner geworden. 
Ich habe daher beschlossen, mich gegen dessen zahl- 
reiche Vichposten und dann gegen Nikodemus zu 
wenden, dessen Loyalitätsbetheuerungen ich vorläufig 
keinen Glauben schenke. Der Major Mueller 
wird mit den Ersatzmannschaften in etwa 14 Tagen 
in Otjihanena-Seeis eingetroffen sein und werde ich 
denselben dann nach Umständen verwenden. Die 
Reste der Khauas-Hottentotten hoffe ich mit Hülfe 
Witboois zur friedlichen Unterwerfung zu bringen 
und sie für immer aus dieser Gegend zu ver- 
bflanzen. 
Im Ganzen ist der bisherige Verlauf dieses 
von feindlicher Seite heraufbeschworenen „Zwischen- 
falls“ als ein für uns durchaus günstiger zu be- 
trachten. Die gemeinsame Feuertaufe, welche unsere, 
Samuels und Witboois Leute erhalten haben, wird 
die besten Folgen zeitigen. Auf der anderen Seite 
aber ist es ganz gut, daß ein Theil der hoch- 
müthigen Hereros eine gründliche Abfertigung er- 
halten hat. Indessen auch unsere Verluste sind 
nicht gering. 
Anlage 1. 
Gobabis, den 29. April 1896. 
Operationsbefehl. 
1 Der Feind hat sich anscheinend getrennt. Kahi- 
mema soll sich bei Owinki, Nikodemus nord- 
westlich davon in der Nähe von Tietjo befinden, 
bei Ersterem auch die Khanas-Hottentotten. 
2. Ich werde mich zunächst gegen Kahimema wenden. 
3. Truppeneintheilung. 
1. Avantgarde. 
Premierlieutenant v. Perbandt, 
3. Kompagnie, 
eine Abtheilung Hereros. 
  
2. Gros. 
Rest der Abtheilung v. Estorff, 
einc Abtheilung Hereros, 
Artillerie-Abtheilung. 
3. Train. 
Erste Staffel: 2 Karren, 1 Munitionswagen, 
Zweite Staffel: Vizefeldwebel Vahlkampf, 
6 Wagen. 
4. Den Abmarsch der Avantgarde werde ich noch 
bestimmen. 
Das Gros folgt auf etwa 1 km. 
Die beiden Trainstaffeln schließen so nahe 
wie möglich auf. 
5. 3 Proviantwagen bleiben verpackt und jeder Zeit 
zum Abmarsch bercit in Gobabis. 
6. Ich werde zunächst an der Spitze des Gros, 
später bei der Avantgarde reiten. 
Notiz. Der Weg führt in 1½ Ochsentreck 
über Otjimokanti, von da in drei Trecks nach Owinki. 
Ein weiteres Ausweichen des Gegners soll nur nach 
Epikuro (nördlich) möglich sein, sofern derselbe es 
nicht vorzieht, sich östlich unter die übrigen Hereros 
zu mischen. 
gez. Leutwein. 
—. 
Bericht 
über die Theilnahme der 3. Kompagnie an dem 
Gefecht bei Otjunda am 6. Mai 1896. 
Nach vollendetem Aufmarsch erhielt die Kom- 
pagnie den Auftrag, die auf dem feindlichen rechten 
Flügel gelegene Werft zu nehmen. Die Hercros 
sollten in der linken Flanke der Kompagnie vor- 
gehen. 
Die Kompagnie ritt mit Tagesgrauen durch 
ziemlich dichten Busch auf die Werft zu und befand 
sich plötzlich auf etwa 15 Schritt vor einem dichten 
und hohen Dornenkraal, der einc ungefähre Aus- 
dehnung von 400 m hatte und ellipsenartig um die 
ganze Werft gezogen war. In dem Kraale, einem 
sogenannten Vertheidigungskraale, befanden sich eine 
Anzahl Pontoks, vier Ochsenwagen und eine be- 
trächtliche Menge Groß= und Kleinvieh. Ein Rciter 
machte mich zugleich auf einige schwarze Gestalten 
aufmerksam, die sich zwischen dem Vieh bei den 
Wagen und Pontoks zeigten. Auf diese gab ich 
zwei Revolverschüsse ab, ließ die Kompagnie absiten 
und die Pferde zurück in den Busch führen. Die 
formirte Schützenlinie ging darauf sofort bis an die 
Dornenhecken vor und seuerte auf die feindlichen 
Herero, welche aus ihren Verstecken das Feuer heftig 
erwiderten. Der Kampf, der von beiden Seiten 
sehr lebhaft geführt wurde, spielte sich während der 
ganzen Zeit auf der nächsten Entfernung ab, der am 
weitesten entfernte Wagen, aus welchem, wie auch
	        
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